Logo
Aktuell Zertifikat

Zehn Reutlinger Gemeinden dürfen sich »gesund« nennen

Einige Orte im Landkreis werben mit dem Begriff »Gesunde Gemeinde.« Das Kreisgesundheitsamt erklärt, was es damit auf sich hat.

Eine Jury rund um Landrat Fiedler (links) vergibt seit 2015 das Zertifikat »Gesunde Gemeinde.« Zwiefalten ist einer von zehn Ort
Eine Jury rund um Landrat Fiedler (links) vergibt seit 2015 das Zertifikat »Gesunde Gemeinde.« Zwiefalten ist einer von zehn Orten mit der Auszeichnung. Foto: Landratsamt Reutlingen
Eine Jury rund um Landrat Fiedler (links) vergibt seit 2015 das Zertifikat »Gesunde Gemeinde.« Zwiefalten ist einer von zehn Orten mit der Auszeichnung.
Foto: Landratsamt Reutlingen

KREIS REUTLINGEN. In Dettingen, Münsingen oder Walddorfhäslach ziert die Aufschrift »Gesunde Gemeinde im Landkreis Reutlingen« die Ortsschilder. Doch wofür steht »Gesunde Gemeinde«? Was macht diese Orte gesund? Sophia Keßler und Frank Havlicek vom Kreisgesundheitsamt Reutlingen sind Teil des sogenannten Zertifizierungsprozesses »Gesunde Gemeinde - Gesunde Stadt« und erklären: »Es geht darum, Strukturen für gesundes Leben in den Kommunen zu schaffen oder aufzudecken.« Hierbei spielt nicht nur die Anzahl an Ärzten in den Orten eine Rolle, sondern auch Angebote für Bewegung oder soziale Projekte. Es entstehen neue Wanderwege, Sportgruppen oder ein Wochenmarkt wie in Zwiefalten. »Gesundheit umfasst mehr als nur das Körperliche«, erklärt Sophia Keßler, »da gehört auch eine psychische und soziale Dimension dazu.«

Hayingen bald die elfte Gemeinde

Hierfür besucht das Amt die Gemeinderäte im Kreis Reutlingen und bildet – nach einem Gemeinderatsbeschluss – Arbeitskreise, die die örtlichen Bürgermeister leiten. »Uns ist es wichtig, dass die Bürger sich hier beteiligen«, erzählt Keßler weiter. Mit dabei sind Vertreter von Vereinen und Organisationen, aber auch alle anderen interessierten Bewohner. »Wir haben mal Mini-Arbeitskreise von ein paar Menschen, aber auch schon Gruppen von 20 Leuten gehabt«, sagt Frank Havlicek. Derzeit besitzen zehn Gemeinden das Zertifikat, wobei Hayingen noch in der Zertifizierungsphase ist und voraussichtlich bald die elfte »Gesunde Gemeinde« im Landkreis ist. Hier sammeln die ehrenamtlichen Teilnehmer der Arbeitsgruppen Ideen und bilden ein Gemeindeprofil, das die Ziele und Pläne der Ortschaft zusammenfasst. Nach etwa zwei bis drei Jahren erfolgreicher Arbeit entscheidet eine Jury aus Landrat Ulrich Fiedler und Mitgliedern der kommunalen Gesundheitskonferenz, ob die Ortschaften sich von nun an »gesund« nennen dürfen.

Drei Gemeinden mit Plus-Zertifikat

Bisher erhielten alle entstandenen Arbeitsgruppen das Zertifikat samt neuem Ortsschild und Urkunde. »Das ist aber kein Durchwinken«, versichert Havlicek, »die Jury schaut da kritisch drauf und gibt auch Verbesserungsvorschläge.« Ohnehin wären die Gemeinden häufig schon vor dem Projekt »gesund«, »doch das schlummert meist im Verborgenen«. Nach drei Jahren ist eine Rezertifizierung, die das Gesundheitsamt vergibt, erforderlich. »Das sollen nämlich keine abgeschlossenen Projekte sein«, so Keßler. Wer nach der Rezertifizierung weitere drei Jahre als »gesund« gilt, den belohnen die Verantwortlichen mit dem »Plus-Zertifikat«, das derzeit nur die drei Vorreiter-Gemeinden Eningen, Hohenstein und Hülben besitzen.

»In diesen Orten hat sich der Prozess so etabliert, dass alles von selbst weiterlaufen kann«, erzählt Havlicek. Er und sein Team unterstützen hier nur noch in Einzelfällen, wenn die Arbeitskreise es wünschen. Das Projekt, das 2015 mit den drei Plus-Gemeinden startete, feiert in diesem Jahr sein zehn-jähriges Bestehen. Obwohl die Zahl an teilnehmenden Gemeinden stetig stieg, gab es auch Zeiten, in denen das Projekt ins Stocken geriet. Keßler und Havlicek erinnern sich an die Corona-Pandemie, »als sich die Arbeitsgruppen nicht mehr treffen konnten und die Arbeit eingefroren ist. Da mussten wir erst einmal zwei Schritte zurück machen, bevor wir einen nach vorne gehen konnten.«

»Gesunde Quartiere« sollen folgen

Inzwischen ist das Projekt wieder voll im Gange, eine weitere Gemeinde soll in naher Zukunft den Zertifizierungsprozess beginnen. Um welchen Ort es sich handelt, können Keßler und Havlicek noch nicht verraten. Auch die Stadt Reutlingen soll eines Tages Teil der Initiative werden: »Das müssen wir aber anders denken«, meint Frank Havlicek. Die Stadt sei zu groß, um einen kleinen Arbeitskreis zu bilden, der sich darum kümmert. Daher soll das Zertifikat »Gesundes Quartier« entstehen, in dem einzelne Reutlinger Stadtteile mit dem Gesundheitsamt zusammenarbeiten.

Bei der Finanzierung der Konzepte sind Stadt und Gemeinden gefragt, »was wir den Menschen bieten können, ist Know-how und personelle Ressourcen«, erklärt Havlicek. Neben der verbesserten Lebensqualität in den Orten habe das Projekt auch wirtschaftliche Vorteile: »Sich gesunde Gemeinde nennen zu können, hilft bei dem ein oder anderen Förderantrag«, so Havlicek. Das Ziel sei aber nicht, schnellstmöglich den ganzen Landkreis zu zertifizieren, »das würde unsere Kapazitäten sprengen«, sagt Sabine Keßler. Außerdem haben die Verantwortlichen keinerlei Zeitdruck. Die Aktion soll weiterer entwickelt werden und kam im Land Baden-Württemberg gleich so gut an, dass fünf weitere Landkreise zeitnah ihren eigenen Zertifizierungsprozess beginnen. (GEA)

Die zehn »gesunden Gemeinden«

Im Kreis Reutlingen haben folgende Gemeinden den Titel »gesunde Gemeinde«: Dettingen, Eningen, Grabenstetten, Grafenberg, Hohenstein, Hülben, Münsingen, Walddorfhäslach, Wannweil, Zwiefalten. (ec)