REUTLINGEN. Mehr günstiger Wohnraum wird auch in Reutlingen dringend benötigt. Die Ypern-Kaserne in der Ringelbachstraße sollte ihn zeitnah liefern. Doch nun wirft die Reutlinger Wohnungsgesellschaft GWG die Pläne um.
Ursprünglich war vorgesehen, nur drei große Bestandsgebäude der 1936 eingeweihten Infanteriekaserne stehen zu lassen und vier abzureißen. Der – im November 2023 von der Reutlinger Stadtverwaltung bei der Vorstellung mit Begeisterung aufgenommene – Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs der Architekturbüros Walk (Reutlingen) und Bogevisch (München) sah zudem den Neubau von sechs Häusern vor.
Rund 200 Wohnungen, Gewerbe, Kultur und soziale Einrichtungen, Begegnungsplatz und Café sollen das gut 2,5 Hektar große Plangebiet mit einem bunten Nutzungsmix beleben. »Effektiv, schnell und günstig« wolle man bauen, führte Architekt Axel Walk damals aus. Der Baustart fürs neue Quartier war auf Mitte 2026 angesetzt.
»Die Ypern-Kaserne befindet sich in einer entscheidenden Phase ihrer Weiterentwicklung«
Nun heißt es auf GEA-Nachfrage aus der Presseabteilung der GWG, dass sich bei den Sanierungsarbeiten zur vorübergehenden Nutzung eines der Kasernengebäude als Flüchtlingsunterkunft gezeigt habe, dass die bestehenden Immobilien eine »unerwartet hohe bauliche Qualität aufweisen und sich in einem guten Zustand befinden«. Die neue Geschäftsführung überprüfe daher gemeinsam mit der technischen Abteilung und allen relevanten Akteuren die bisherigen Planungen »kritisch«. Dabei wird nun auch die Frage abgewogen, ob ein Abriss »aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht vertretbar ist oder ob die bisherigen Planungen angepasst werden sollten, um die vorhandene Bausubstanz sinnvoll zu integrieren«.
Ziel sei es, die »Stärken des Wettbewerbskonzepts und die Anregungen aus den Bürgerdialogen mit einer nachhaltigen Nutzung der Bestandsgebäude in Einklang zu bringen«. Im Mittelpunkt stehe »der Erhalt bestehender Strukturen, die Schaffung attraktiver Freiräume und die Entwicklung eines lebendigen Quartiers mit zentralem Treffpunkt für den Oberen Ringelbach«. Dazu würden verschiedene Entwicklungsoptionen geprüft – die Ypern-Kaserne befinde sich somit »in einer entscheidenden Phase ihrer Weiterentwicklung«, heißt es resümierend in der schriftlichen Stellungnahme.
Was dies allerdings für den Siegerentwurf bedeutet, ist nach Angaben der Pressestelle offen. Auf GEA-Nachfrage möchte sich auch Architekt Axel Walk nicht zu seiner weiteren Rolle im Verfahren äußern.
»Der Zeitplan muss im weiteren Planungsverlauf erst noch definiert werden«
Die GWG macht auch keine Angaben zum weiteren Zeitplan. Er müsse im weiteren Planungsverlauf »erst noch definiert werden«. So künden also die sichtbaren Rodungen um die Gebäude nicht vom großen Aufbruch. Sie waren vielmehr nötig, um bei den Instandsetzungsarbeiten den Zugang zur Baustelle zu verbessern, schreibt die GWG. Es sei vorgesehen, die Fläche »nachzupflegen«.
Derweil sind die Sanierungsarbeiten am Gebäude 43 abgeschlossen. Voraussichtlich ab Mai werden dort nach Angaben des Reutlinger Sozialamts Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung einziehen. 120 Plätze stehen zur Verfügung. Im Gebäude 40 der Ringelbachstraße 195 leben laut Amt bereits 50 Flüchtlinge, weitere 21 Menschen haben im Gebäude 41 Unterkunft gefunden. (GEA)