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Wird an Reutlinger Schulen jetzt gegendert?

Das Kultusministerium will es den Schulen überlassen, ob sie Genderzeichen in Aufsätzen und Prüfungen zulassen. Wie Schulen aus Reutlingen damit künftig umgehen wollen.

Auf einem Bildschirm ist das Wort »Schüler*innen« zu sehen. Die Schreibweise mit »Genderstern« soll Menschen einschließen, die s
Auf einem Bildschirm ist das Wort »Schüler*innen« zu sehen. Die Schreibweise mit »Genderstern« soll Menschen einschließen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Foto: Gregor Bauernfeind/dpa
Auf einem Bildschirm ist das Wort »Schüler*innen« zu sehen. Die Schreibweise mit »Genderstern« soll Menschen einschließen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
Foto: Gregor Bauernfeind/dpa

REUTLINGEN. Wie sollen Schulen mit Genderzeichen wie dem Sternchen umgehen? Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) ist dafür, den Schulen die Wahl zu lassen, ob sie Gendersternchen oder Binnen-I in Aufsätzen und Prüfungen zulassen. »Es ist gut, wenn Schülerinnen und Schüler in der Schule für geschlechtergerechte Sprache sensibilisiert werden, und das Thema Geschlechtergerechtigkeit ist ja auch im Bildungsplan verankert«, sagte Schopper  den Stuttgarter Nachrichten. Was wollen Schulen in Reutlingen künftig mit Genderstern und Co. machen?

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»Uns beschäftigt aktuell etwas ganz anderes«, sagt Günter Ernst, Schulleiter des Reutlinger Albert-Einstein-Gymnasiums (AEG). Bei steigenden Corona-Inzidenzzahlen ist die Pandemie nach wie vor das alles beherrschende Thema. Diskutiert wird über Luftfilter und die Frage, in welcher Form der Unterricht nach den Ferien stattfinden kann. Als designierter Nachfolger von Brigitte Kern-Veits als geschäftsführender Schulleiter der Reutlinger Gymnasien hat Ernst nach der GEA-Anfrage trotzdem eine »Blitzumfrage« bei seinen Kollegen gemacht. Demnach gebe es an keinem der fünf allgemeinbildenden Gymnasien der Stadt eine Regelung zum Gendern. Das scheint allerdings auch kein Problem zu sein. »Es spielt in der Bewertung der Rechtschreibung keine Rolle«, erklärt Ernst, der selbst Deutschlehrer ist. »Es wird niemand schlechter bewertet, wenn er gendert.« Im Gegenteil. »Wir halten Schüler an, variantenreich zu schreiben«, sagt Ernst. Gendergerechte Sprache könne dabei eine Möglichkeit sein.

Der AEG-Schulleiter weist daraufhin, dass Geschlechtergerechtigkeit schon seit mehr als zehn Jahren im Bildungsplan verankert ist. »Auf inhaltlicher Ebene macht das Sinn«, sagt Ernst. Das habe man auch im Deutsch-Abitur gemerkt. Als Thema stand zur Wahl, einen Kommentar zum Thema gendergerechte Sprache zu verfassen. »Die Meinungen waren sehr polarisierend«, hat Ernst festgestellt. Einen Anlass dafür, dass Schulen sich nun mit der Einführung von Genderzeichen beschäftigen sollte, sieht er nicht: »Ich wüsste nicht, welche Schule jetzt die Zeit für dieses Thema hätte.«

Schulen in Reutlingen haben andere Probleme

Christiane Stieler, Schulleiterin der Jos-Weiß-Schule Reutlingen hat sie definitiv nicht. »Wir haben ganz andere Sorgen«, sagt Stieler, die auch geschäftsführende Schulleiterin der Reutlinger Grund-, Werkreal-, Gemeinschafts-, Realschulen und der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ist. Neben Corona-Themen beschäftigt Stieler auch der Mangel an Lehrkräften. »Wenn ich keine Lehrer habe, kann ich auch keine Gendersterne durchsetzen.« Wenn jemand gendern möchte, kann er es laut der Schulleiterin der Jos-Weiß-Schule gerne machen. »Ich kann es ja keinem verbieten.« Stieler hält gendergerechte Sprache aber für kein Thema für Grund-, Haupt- und Realschulen. »Ich wäre schon froh, wenn Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik einigermaßen sitzen würden.«

Jochen Wandel, Schulleiter Wilhelm-Hauff-Realschule Pfullingen, hält derzeit auch andere Themen für wichtiger. »Wir haben über das Gendern noch nicht diskutiert.« Aber der Deutschlehrer sagt auch: »Das Thema gehört in die Pipeline.« Eventuell geschieht das im nächstes Schuljahr. Wandel schwebt vor, dass »Schüler und Lehrer in einen Dialog treten«. Der Schulleiter findet diesen Austausch wichtig. »Denn es geht auch darum, welches Statement wir als Schule setzen wollen.« (GEA)