»Einer für alle«, erklärt Professor Wolfgang Echelmeyer das simple Prinzip von »deliveRT«. Durch eine intelligente und gebündelte Steuerung bei der Paketzustellung soll Verkehr reduziert werden. Im Sinne der Kundschaft, und um damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Gebündelte Zustellung
»Wir machen einen Paketschrank für alle Lieferdienste«, erklärt Echelmeyer, ein Fachmann für Distributionslogistik an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen, das Prinzip auf der so genannten letzten Meile zwischen Absender und Empfänger. Die gelben oder braunen Kastenwagen müssten ihre Sendungen also nicht mehr selbst ausliefern, sondern das würde »deliveRT« übernehmen. Der Kunde hat dabei die Wahl.
Er kann sich alle seine Pakete gebündelt entweder einmal am Tag nach Hause liefern lassen, oder in einen der Paketschränke, von denen es bereits mehrere Exemplare im Stadtgebiet gibt: auf dem Campus der Hochschule, im Gewerbepark Reutlingen, im Klinikum auf dem Steinenberg sowie auch bei Bosch.
Der Paketschrank beim Reutlinger Rathaus wird am Donnerstag um 11 Uhr offiziell eröffnet, wozu sich neben OB Thomas Keck auch ein Vertreter aus dem Innenministerium angesagt hat. Denn noch ist »deliveRT« ein mit Landesmitteln gefördertes Projekt. Erforscht und aktuell ausprobiert wird: Wie muss der Materialfluss logistisch organisiert werden, wie die digitale Plattform für die Steuerung aussehen, damit der betriebliche und finanzielle Aufwand der Bündelung und Zustellung wirtschaftlich wird?
Mehrere Partner im Paket
Partner des Projektes ist die Stadt Reutlingen, konzeptioniert wurde die Lösung von der Hochschule und der Böblinger Pakadoo GmbH, die eine bestehende digitale Plattform, die Logistik-Software und die Paketschränke mit eingebracht hat. Kunden melden sich bei Pakadoo an, erhalten eine persönliche ID und können über die digitale Plattform flexibel ihre Zustelloption auswählen: nach Hause, zum öffentlichen Paketschrank, beim Arbeitgeber oder an einen anderen Ort. Der Probebetrieb von »deliveRT« läuft mit klaren Zielen. Zunächst mal geht es darum, Kunden und Händler, sprich Versender und Empfänger, für das Projekt zu gewinnen. »Wir gehen jetzt in die Praxisphase, beginnen mit dem Standard: Wir wollen, dass der Empfänger einmal am Tag alle Sendungen bekommt. Abgeliefert am Paketschrank. Der nächste Schritt wäre dann die Hauszustellung«, beschreibt Oliver Lumpp vom Amt für Wirtschaftsförderung den Projektstatus.
Aus dem Versuchsballon soll dann noch im kommenden Jahr ein Unternehmen mit eigener Betreibergesellschaft werden. Ab hier wird es noch spannender. Denn die Frage, wer in dieser Firma das Sagen hat, ist hochpolitisch.
Lieferverkehr kontrollierbar
»Letztlich schafft deliveRT eine Infrastruktur, die es Städten erlaubt, ihre Innenstadt für Lieferverkehre zu sperren«, erklärt Professor Echelmeyer. Das könnte so aussehen, das die von der Kommune organisierte Citylogistik unter Beachtung des Wettbewerbsrechts exklusive Zugänge hat, damit zum Gatekeeper würde. Wer jetzt an Planwirtschaft denkt, ist nicht ganz auf dem richtigen Weg. Die sogenannte letzte Meile zum Kunden ist für die gelben, braunen oder weißen Paketdienste nämlich laut Echelmeyer wirtschaftlich unattraktiv.
»Paketdienstleister arbeiten immer nur für den Versender. Sie müssen auf der letzten Meile effizient sein. DeliveRT denkt vom Kunden her, arbeitet für den Empfänger«, ergänzt Markus Ziegler, Gründer und Geschäftsführer der Pakadoo GmbH. Der Logistikprofessor der Hochschule Reutlingen würde sich eine Betreibergesellschaft »unter Beteiligung von Stadt Reutlingen, S-Mail/GEA Post-Service und Pakadoo« wünschen.
Ob und wie sich die Stadt Reutlingen an einer zu gründenden Betreibergesellschaft beteilige, ist für Wirtschaftsförderer Lumpp noch »Kaffeesatzleserei«. Der Gedanke, »ein Zusteller, der alles macht«, sprich der lokale Gatekeeper, liege wissenschaftlich auf der Hand. Lumpp formuliert es lieber diplomatisch so: »Wenn alle kooperieren, brauchen wir nicht zu reglementieren.« (GEA)