REUTLINGEN. Sie heißen »Einschaliger Restling« oder »Kalter Dunstling«, die achtlos in die Landschaft geworfenen Bananenschalen und Zigarettenkippen. Eva Selg von der Organisation »Leaf Beehind« und ihr Team machten darauf aufmerksam, dass eine Stadt es nicht auffangen kann, wenn Müll und vor allem die hochgiftigen Kippen von vielen achtlos »wild« entsorgt werden. »Leaf Beehind« war am Samstag eine von 32 Gruppen, Vereinen und Institutionen, die an der Leonhardskirche am sehr gut besuchten zweiten Klimaaktions- und Mobilitätstag teilnahmen. Sinnvollerweise war der Event gekoppelt mit dem traditionellen ILOS-Flohmarkt. Zeitgleich veranstaltete der Jugendgemeinderat einen Queue-Flohmarkt, der auf den nachhaltigen Konsum von Kleidung abzielte. Unter anderem der Foodtruck »Die Gute Laune« sorgte für die Verpflegung und stand mit seinem Namen stellvertretend für gutes Wetter und eine entspannt-konstruktive Atmosphäre.
Wer über das Forum ging, merkte schnell, dass sich in Reutlingen viele und sehr engagiert mit den Themen Klima und Mobilität auseinandersetzen und über detaillierte Kenntnisse sowie viele kreative Ideen zur Vermittlung verfügen. Um 10.30 Uhr boten Bärbel und Richard Haug eine Themenführung an. Sie besuchten die Luftmessstation, den Albtorplatz oder den Lindachknoten, thematisierten Feinstaub, ÖPNV oder den Radverkehr und tauschten sich mit der Gruppe über Verbesserungsmöglichkeiten aus. Zum Aktionstag gehörte auch eine Führung im Naturkundemuseum über den Menschen als bestimmenden Faktor der Erdgeschichte sowie das interaktive Theaterstück »Mein Park! Meine Bank! Mein Recht!« der Forumtheater-Gruppe des Theaters Pädagogik Zentrums: Zusammen mit dem Publikum wurden Lösungswege in sozialen Konfliktfällen erarbeitet. Die Klimaschutzagentur veranstaltete eine Klimaschnitzeljagd durch die Stadt.
Veranstalter des Events im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche, der »KLIMA.LÄND.TAGE« in Baden-Württemberg und der Woche der Klimaanpassung war das Netzwerk Klimaschutz, dem die Stadt angehört. Aufgenommen wurde, wie Baubürgermeisterin Angela Weiskopf in ihrer Eröffnungsrede sagte, auch das Motto der Mobilitätswoche »Shared Public Space« (»Straßenraum gemeinsam nutzen«). Denn die ILOS präsentierte ihr neues Nutzungskonzept des Leonhardsplatzes mit Möglichkeiten für Sport, Spiel und Entspannung, das man, so Weiskopf, zusammen mit der Bevölkerung erproben wolle. Hierfür gab es großen Beifall. Weiskopf machte auf den 24. Reutlinger Spendenmarathon »Laufend Gutes tun« aufmerksam, der am Aktionstag ebenfalls stattfand und dessen Erlös für soziale Projekte bestimmt war. Sie dankte allen Beteiligten.
Musik für alle gab es beim Listhof. Allerdings nur, wenn jemand kräftig in die Pedale trat und für Strom sorgte. Auf Teststrecken konnte man E-Fahrzeuge ausprobieren oder sich über die Möglichkeiten des Lastenfahrradkuriers »Blue Velo« informieren. Auf großes Interesse stieß auch die Regionalstadtbahn, in deren TramTrains man bereits virtuell einsteigen konnte. Wie schwer es Menschen mit Mobilitätseinschränkung haben, erlebte man beim Inklusions-Team durch das Anprobieren eines Simulationsanzuges, der Gleichgewicht, Tastsinn und Augenumfeld einschränkte.
Heike Siemons informierte über bislang 19 ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren, die als Vermittler der Bürgerschaft für Klimaschutzmaßnahmen ausgebildet werden. Die Evangelische und Katholische Bildung, VHS und EPIZ machten in einem Weltspiel auf die CO2-, Ressourcen und Reichtumsverteilung aufmerksam. Beim BUND hatten viel Spaß beim Tier- und Pflanzenquiz, der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club bot eine Radcodierung an.
»KlimaAktiv Reutlingen« machte auf den hohen Wasserverbrauch und hohen Chemikalieneinsatz bei der Papierherstellung aufmerksam und stellte mit den Gästen Schreibblöcke aus einseitig bedrucktem Papier her, das häufig weggeworfen wird. Viel wurde auch für Kinder geboten, die spielerisch mit Solarmodulen und Linoldruck experimentierten oder sich im Spielmobil der Verkehrswacht vergnügten. (GEA)