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Aktuell Logistik

Wie der Reutlinger Güterbahnhof genutzt werden könnte

Modern und emissionsfrei soll er sein, der »Zero Emission Logistics Terminal« kurz ZELT. Im Oktober 2024 soll der Gemeinderat entscheiden, bereits jetzt wurden die Anwohner informiert, denn viele fürchten Lärm und mehr Verkehr. So ist der aktuelle Stand der Pläne und Gutachten.

Der ehamlige Güterbahnhof soll reaktiviert werden als sogenannter »Zero Emission Logistics Terminal«, kurz ZELT.
Der ehamlige Güterbahnhof soll reaktiviert werden als sogenannter »Zero Emission Logistics Terminal«, kurz ZELT. Foto: Frank Pieth
Der ehamlige Güterbahnhof soll reaktiviert werden als sogenannter »Zero Emission Logistics Terminal«, kurz ZELT.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Ein Logistikumschlagplatz, an dem Waren vom Lkw auf die Schiene verladen werden: Die Vorstellung eines solchen Geländes, das weiß Professor Wolfgang Echelmeyer von der Hochschule Reutlingen, habe immer den »Beigeschmack von Lärm, Schmutz und großen Fahrzeugen«. Ratternde Züge, quietschende Container, Stau verursachende Lastwagen – solch ein Bild hat man von einem Verladebahnhof im Hinterkopf. Und im Falle der Reaktivierung des Reutlinger Güterbahnhofs wäre dies nicht weit draußen, sondern mitten in der Stadt. Vor allem die direkten Nachbarn treibt die Sorge um, dass es mit der Realisierung eines solchen Projekts laut und voll in ihrem Wohngebiet wird. Außerdem fürchten viele noch mehr Verkehr in der Stadt. Es ist ein sensibles Thema, und darum hat das geplante Vorhaben eines »Zero Emission Logistics Terminal« (ZELT) nicht nur Anhänger, sondern ruft auch so manchen Skeptiker auf den Plan.

Um diese Sorgen zu zerstreuen, hat die Stadtverwaltung zu einer Veranstaltung mit Projektleiter Echelmeyer eingeladen, eine Ausstellung in der Innoporthalle informierte zusätzlich über den Projektstand und die wesentlichen Bausteine des Vorhabens – rund 40 Bürger sind der Einladung gefolgt.

Oberbürgermeister Thomas Keck betonte vorab in einem Pressegespräch, dass die Verkehrswende unerlässlich sei und die Stadt die ehrgeizigen Klimaziele einhalten wolle. »Wir sind fest entschlossen, unseren Beitrag zu leisten«, sagte Keck, »eine große Rolle spielt dabei dieses Projekt«. Bis 2030 soll jede dritte Tonne an Lieferverkehr klimanteutral befördert werden, der neue Güterbahnhof hilft, dies zu erreichen. Die Stadt wird vom Land bei den Planungen unterstützt, Verkehrsminister Winfried Hermann lobte »ZELT« bei der Übergabe des Förderbescheids 2021 als »zukunftsweisend und einmalig«. Ein weiterer Förderantrag soll nach dem definitiven Beschluss beim Eisenbahn-Bundesamt gestellt werden.

CO2-Bilanz und Lärm

Aber zurück zu den Ergebnissen der ersten fertigen Gutachten, die Echelmeyer vorstellte (an weiteren wird aktuell mit Hochdruck gearbeitet). Äußerst positiv ist die CO2-Bilanz: Mit dem »ZELT«-Projekt sollen auf lange Sicht 20.000 weite Lkw-Fahrten durch kurze, emissionsfreie Fahrten ersetzt werden. Dadurch werden mindestens 40.000 Liter Diesel eingespart, das entspricht 1.100 Tonnen CO2. Das Pilotprojekt soll der Einstieg in den emissionsfreien Güterverkehr, auch auf der Straße, sein. Das heißt, die Ware wird in E-Lkws angeliefert und dann auf die Schiene gebracht. Starten will man mit einem Containerzug pro Tag mit maximal 40 Containern. Das Ziel liegt dann bei höchstens drei Zügen pro Tag mit jeweils maximal 40 Containern.

Auch die Berechnungen des Lärmgutachtens liegen vor. »Wir machen viel für den Lärmschutz«, versichert Echelmeyer. Beispielsweise wird eine Lärmschutzwand gebaut, zudem gibt es eine Verladehalle, aus der kaum etwas nach außen dringt und die neue Technologie, die komplett elektrifiziert ist, sorge ebenfalls für geräuscharme Prozesse. Entsprechende Lärmschaubilder wurden erstellt, die auf der Homepage der Stadt Reutlingen einsehbar sind und die zum einen Geräusche vom Schienenverkehr, aber auch von der Anlieferung und dem Umladen abbilden.

Verkehrsentwicklung

»Die Mehrbelastungen im Vergleich zum bestehenden Verkehr sind kaum wahrnehmbar«, prognostiziert das Gutachten. Das liegt zum einen an einer Einbahnstraßenregelung bei der Anlieferung und der Abfahrt. Zudem handelt es sich um keinen riesigen Verladeterminal, sondern die Warenmengen sind überschaubar. Auch hofft man natürlich, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, was so zu einer Entlastung im Straßenverkehr führen würde. Im »worst case« seien es 40 Lkws mehr pro Tag, die durch Reutlingen rollen, schätzt Echelmeyer.

Allerdings gibt es weiterhin einige Fragezeichen: Zu den Kosten können die Planer keine konkreten Angaben machen und auch die Rechtsform wird erst geklärt, wenn der Gemeinderat das Projekt endgültig abgesegnet hat. Das soll im zweiten Halbjahr 2024, voraussichtlich im Oktober, der Fall sein. Entscheidet sich das Gremium für »ZELT«, treten Stadt und Planer mit der Deutschen Bahn in Verhandlungen wegen des Fahrplans und machen sich auf die Suche nach potenziellen Investoren und Betreibern.

So geht es weiter

Die Signale aus der Wirtschaft zu dem Vorhaben seien durchweg positiv, berichtete Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Roland Wintzen. Von »diesem modernsten Umschlagplatz überhaupt wird die ganze Region profitieren«, ist er überzeugt. Mit dieser Alternative, die es fast noch nirgends gebe, werde zum einen der Transportverkehr auf die Schiene verlagert und Emissionen werden gespart. Aber auch einen Ruf als »innovative Großstadt« werde Reutlingen so etablieren. Und wann sollen die Züge rollen? Ganz optimistisch geplant wäre 2026 möglich, sagt Echelmeyer vorsichtig, also zeitgleich mit Stuttgart 21, von dem das Projekt ebenfalls profitieren würde. Aber, wie es halt bei so Großvorhaben üblich ist: Festlegen wollen sich Planer und Bauherren lieber nicht. (GEA)

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