»Süße Wässerle kriegt man schließlich überall«Das Obstgut wurde alsbald aufgegeben, aber der Weinberg blieb erhalten und mit ihm Richard Rauscher. Er sei von Anfang an mit Leib und Seele dabei gewesen, bescheinigte ihm Bosch. Auch nachdem Rauschers Rente 1996 nahte, wollte man bei der Stadt nicht auf den engagierten Stadtwinzer verzichten. »Das machst du, solange du kannst«, sagte der damalige Oberbürgermeister Stefan Schultes zu ihm, somit war’s beschlossen. Unter Rauschers Aufsicht gedieh der städtische Weinanbau auf einer Fläche von 58 Ar. Der Ertrag reicht jährlich für etwa 5 000 Flaschen der Sorten Portugieser und Müller-Thurgau. Dieses Jahr hat jedoch der Hagelsturm zu einem Komplettausfall der Ernte geführt. Sehr zum Bedauern Rauschers, der natürlich gerne in seinem letzten Jahr noch einen guten Wein präsentiert hätte. Aber wie er sagt: »Alle Jahre gibt’s nicht Wein.«
Darum wurde nun anlässlich seines Abschiedes der Sekt des Jahrgangs 2012 präsentiert. Den trockenen Rivaner beschreibt Rauscher fachkundig als »Sekt mit einer angenehmen Säure, bekömmlich anhaltend, weinig mit einer zarten Muskatellernote«. Er sei nicht zu lieblich, sonst wäre es auch kein richtiger »Reutlinger«, fügt er augenzwinkernd hinzu. »Süße Wässerle kriegt man schließlich überall.«
Rückblickend erklärt Richard Rauscher: »Wenn ich noch mal jung wär, tät ich den Beruf noch mal machen.« Leider fehle es ihm so langsam an der nötigen Beweglichkeit für den körperlich anstrengenden Beruf. Besonderen Dank richtet er an die Mitarbeiter des Forstamtes, die ihm in den letzten Jahren eine große Hilfe waren. Für die Zukunft wünsche er sich, dass »das bissle Weinbau erhalten bleibt«. OB Bosch verspricht ihm, auch in Zukunft für den Erhalt des städtischen Weinbaus zu kämpfen, selbst wenn er weit davon entfernt sei, rentabel zu sein.
Sie erinnere sich gerne an die zehnjährige Zusammenarbeit mit Rauscher, bei der sie alljährlich bei der Weinlese die neuen Jahrgänge probieren durfte. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, das nächstes Jahr ohne Sie zu machen.« Aber diese Angst ist unbegründet. Natürlich werde er nächstes Jahr zur Weinlese kommen und »auch gern a paar Träuble raschneide«, schmunzelt der Ruheständler. (GEA)

