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Was Reutlinger zur Inflation sagen

Das Thema Inflation ist derzeit in aller Munde. Für viele bedeutet das, sich weniger leisten zu können. Der GEA hat auf der Reutlinger Wilhelmstraße nachgefragt, worauf Passanten aktuell verzichten oder was sie sich verkneifen werden.

Die Inflation macht sich im Geldbeutel deutlich bemerkbar.
Die Inflation macht sich im Geldbeutel deutlich bemerkbar. Foto: STEFFEN SCHANZ
Die Inflation macht sich im Geldbeutel deutlich bemerkbar.
Foto: STEFFEN SCHANZ

REUTLINGEN. Das Thema Inflation ist derzeit in aller Munde. Für viele bedeutet das, sich weniger leisten zu können. Von Äpfeln im Supermarkt bis hin zu Theatertickets: Die Preise haben kräftig angezogen. Miete, Lebensmittel, Energie und Ausgaben für die Freizeitgestaltung - zumindest gefühlt ist fast alles teurer geworden. 2024 stiegen die Verbraucherpreise tatsächlich um 2,2 Prozent gegenüber 2023 an. Damit fiel die Inflationsrate aber deutlich geringer aus als in den vergangenen Jahren. Gleichzeitig erhöhen sich die Gehälter in vielen Branchen jedoch kaum. Im Rahmen des BaWü-Checks hat der GEA bei Passanten auf der Wilhelmstraße nachgefragt, ob und wie stark sie die Teuerungen spüren.

Verzichten? »Nö, eigentlich nicht«, sagt Stefan Seeger, der diese Woche seinen ersten Rententag genießt. »Wir verzichten bei unserem Lebensstandard auf nichts«, ergänzt seine Frau Andrea. Die Eheleute würden so weiterleben wie bisher auch.

Tatjana Pientka mit ihrem Sohn: Sie müssen auf das eine oder andere verzichten.
Tatjana Pientka mit ihrem Sohn: Sie müssen auf das eine oder andere verzichten. Foto: STEFFEN SCHANZ
Tatjana Pientka mit ihrem Sohn: Sie müssen auf das eine oder andere verzichten.
Foto: STEFFEN SCHANZ

Ganz anders sieht es bei Tatjana Pientka aus. Sie ist aktuell in Elternzeit und muss bei allem sparen, seien es Lebensmittel, Kleidung oder Spielzeug für die Kinder. »Früher habe ich Schuhe für 200 Euro gekauft, das geht heute nicht mehr«, meint Pientka. Die Preissteigerungen merke sie besonders, wenn es um Sachen für ihre Kinder geht. Insbesondere für trendige Extras wie Bubble Tea sei am Ende des Monats nur wenig Geld übrig.

Während Gisela, die ihren Nachnamen für sich behalten möchte, »nicht so arg sparen muss«. Nach kurzem Überlegen meint sie aber, dass sie sich doch etwas einschränkt. »Ich gehe nicht mehr so oft ins Café wie früher.« Außerdem schaue sie beim Einkaufen jetzt doch etwas mehr auf die Preise - vor allem bei Lebensmitteln. Dabei möchte Gisela trotzdem nicht auf Qualität verzichten, »lieber weniger oder nicht so oft«, meint sie.

Prioritäten setzen

»Verzichten würd’ ich jetzt nicht sagen«, so Antje Schmitz. Gleichwohl schaue sie jetzt aber genauer hin, wenn es um Preise geht. Sie empfinde die Inflation zwar als »nicht so schlimm«. Die Teuerungen würden aber dennoch verschiedene Bereiche ihres Lebens tangieren. Beispielsweise die Kulinarik: Bei Restaurantbesuchen oder Lieferdiensten achtet sie mittlerweile eher auf die Preise. Bei den Mieten merke man die Inflation ebenfalls, »da find ich’s eigentlich am extremsten«, so Schmitz, die deshalb mit wenig Zuversicht in die finanzielle Zukunft blickt.

Danach gefragt, auf was sie als erstes verzichten würde, weiß Elke Krapp prompt eine Antwort: »Gastronomiebesuche!« Sie gehe weniger im Restaurant essen. Vor allem habe sich verändert, was sie bestellt. Und: wie viel. Wobei Krapp insbesondere an den Getränken spart. Ein Glas müsse reichen. Überhaupt neigt sie dazu, neuerdings stärker Prioritäten zu setzen. Beim Urlaub schränke sie sich nicht ein, bei Kulturveranstaltungen hingegen schon: »Teure Konzertkarten kauf’ ich keine mehr.« Vor diesem Hintergrund sieht sie für die Zukunft der Kulturbranche schwarz. Sie kann sich vorstellen, dass ein paar Theater schließen müssen – vor allem, wenn die staatliche Förderung eingeschränkt werde.

Dokan Sahin fallen die  Preissteigerungen in allen Lebensbereichen deutlich auf.
Dokan Sahin fallen die Preissteigerungen in allen Lebensbereichen deutlich auf. Foto: STEFFEN SCHANZ
Dokan Sahin fallen die Preissteigerungen in allen Lebensbereichen deutlich auf.
Foto: STEFFEN SCHANZ

Dokan Sahin ist der Überzeugung, dass »die Welt früher bezahlbarer« gewesen sei. Er selbst beobachtet die Teuerung bei vielen Lebensmitteln: etwa bei »Obst, Gemüse, Tiefkühlware und Blumen«. Auch die Preise von Kleidung und Babyartikeln hätten spürbar angezogen, so Sahin. Erschwerend komme hinzu, dass sich Lohn und Lebenshaltungskosten nicht mehr die Waage hielten. Nicht zu vergessen: die Mieten, die zusehends unerschwinglicher würden.

Für eine vierköpfige Familie, weiß Dokan Sahin, sei ein Urlaub schwer zu stemmen, vor allem was die Wünsche der Kinder anbelangt. Dasselbe gilt für Restaurantbesuche und Freizeiteinrichtungen. Inflation habe die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergetrieben: »Es betrifft alle, nur viele zeigen’s und viele zeigen’s auch nicht«. Auch er glaubt es »wird auf gar keinen Fall besser«.

Einen Gang zurückschalten

Die Inflation macht sich »vor allem bei Lebensmitteln und Wohnungspreisen bemerkbar«, sagen Maximilian und Celina Braun. Vor einigen Jahren seien auch Reisen und Bekleidung noch deutlich günstiger gewesen. Beide sehen, »dass die Inflation gesunken ist, die Frage ist, wie sich die Verbraucherpreise entwickeln.« Denn die bewegen sich ihrer Beobachtung nach weiterhin auf erhöhtem Niveau.

Johanna Olsson beklagt die gestiegenen Kosten für Lebensmittel und die hohen Spritpreise. Bei Biokost und Autofahrten muss sie jetzt Abstriche machen. »Urlaub ist sowieso zurückgestellt.« Sie bemängelt vor allem, »dass man nicht wirklich spürt, dass die Inflation zurückgegangen ist, weil die Konzerne die Konsumpreise oben halten«. Olsson hofft aber auch eine baldige Verbesserung ihrer Lebensumstände.

»Tatsächlich gehen wir mehr zum Lidl als zum Edeka«, so Goran Divljak. Auf Bio-Lebensmittel wollen er und seine Familie zwar nicht verzichten, allerdings muss trotzdem das eine oder andere Obst und Gemüse in den Discounter-Regalen bleiben. Für den Familienvater aus Kusterdingen ist Kultur mit Blick auf die Bildung seiner Kinder nicht verhandelbar. Sie sollen möglichst breit aufgestellt sein, weshalb sie regelmäßig ins Theater, zu Konzerten oder zu Lesungen gehen. Dafür sparen die Divljaks an anderer Stelle. Um in den Sommerurlaub fahren zu können, verkneifen sie sich in diesem Jahr ihren Skiausflug. (GEA)