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Ware im Wert von 1.600 Euro geklaut: Reutlinger Parfum-Diebe verurteilt

Paar hat dreist auf einen Schlag Duftwasser im Wert von über 1.600 Euro in einem Reutlinger Einkaufszentrum geklaut.

Noble Parfums hat ein diebisches Paar in einem Reutlinger Einkaufszentrum gestohlen. Dafür wurde es verurteilt.
Noble Parfums hat ein diebisches Paar in einem Reutlinger Einkaufszentrum gestohlen. Dafür wurde es verurteilt. Foto: Christin Klose
Noble Parfums hat ein diebisches Paar in einem Reutlinger Einkaufszentrum gestohlen. Dafür wurde es verurteilt.
Foto: Christin Klose

REUTLINGEN. Drei Jahre lang sollte ein Parfum-Diebespaar jeden Hauch krimineller Aktivitäten vermeiden, sonst wandert es für ein Jahr ins Gefängnis. Mit diesem Urteil hat das Schöffengericht am Amtsgericht Reutlingen die beiden für besonders schweren Diebstahl bestraft. In einem Reutlinger Einkaufszentrum war es dem Duo gelungen, dreist auf einen Schlag luxuriöse Duftwässerchen im Wert von über 1.600 Euro zu klauen. Ein weiterer wesentlicher Tatvorwurf löste sich im Laufe der Verhandlung in Luft auf.

Mit dem Ziel, Einkaufen zu gehen, ohne dafür bezahlen zu wollen, sind die 40 Jahre alte Frau und ihr 45 Jahre alter Kumpane laut Staatsanwalt Patrick Pomreinke kurz vor Weihnachten 2023 aus Slowenien nach Reutlingen gefahren. Nicht irgendwie, sondern mit einer sportlichen bayerischen Luxuslimouse, die im Laufe der Anklageverlesung noch eine Rolle spielen wird.

»Sie verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit Diebstählen«

»Sie verdienen ihren Lebensunterhalt mit Diebstählen im ganzen Bundesgebiet« wirft Pomreinke den beiden Angeklagten vor, die aus der Untersuchungshaft in Handschellen vorgeführt werden. In Reutlingen hätten die Slowenen zielgerichtet die Parfums von Nobelmarken wie Prada oder Chanel aus den Regalen genommen, um sie dann unter dem Pullover des Mannes versteckt an der Kasse vorbei ins Freie zu bringen.

Allerdings wurde das Paar bei seinem Diebeszug mittels Videokameras vom Ladendetektiv beobachtet, der die beiden anschließend bis vor das Gebäude verfolgte. Dort sei, trägt der Staatsanwalt vor, die Limousine der Kriminellen gestanden. Die Frau stieg ein, der Mann setzte sich hinters Lenkrad – und der Ladendetektiv habe sich vor den Wagen gestellt. Rücksichtslos habe der Fahrer den Motor gestartet, sei auf den Mann zugefahren, der sich »durch einen Sprung zur Seite« in Sicherheit gebracht habe. Beides zusammen ergibt laut Anklageschrift den Tatbestand eines besonders schweren Falles von räuberischem Diebstahl sowie eines gefährlichen Eingriffes in den Straßenverkehr.

Nach der Anklage melden sich die Verteidiger zu Wort, von denen es gleich drei gibt. Neben den beiden Pflichtverteidigern – pro Angeklagten einen – leistet sich die Frau noch einen Wahlverteidiger. Sein Name ist Dr. Johannes Makepeace, der umgehend erklärt, seine Mandantin sei lediglich als Beifahrerin zu betrachten.

Im Gerichtssaal

Richter: Eberhard Hausch. Schöffen: Professor Dr. Harald Melcher, Matthias Dietscher. Staatsanwalt: Patrick Pomreinke. Rechtsanwälte: Torstein Grunert, Maximilian Kaiser, Dr. Johannes Makepeace.

Pflichtverteidiger Torstein Grunert beginnt für seinen Mandanten eine grundsätzliche juristische Diskussion darüber, wann der Ladendiebstahl als beendet anzusehen sei. Denn wenn man diese Tat nach Verlassen des Einkaufszentrums als beendet ansehe, dann könnte der Beginn der Flucht auf vier Rädern nicht als Teil angesehen werden – mithin fehlte die Gewalttat, die aus einem simplen Diebstahl einen räuberischen Diebstahl mit erheblich höherer Strafe machen würde. Mit der Beweisaufnahme nimmt das Verfahren eine wesentliche Wendung.

Im Zeugenstand tritt der Ladendetektiv auf. »Ich habe die zwei gesehen, aber die wirkten am Anfang anständig aus«, beginnt er seine Aussage. Dann aber konnte er durch die Überwachungskameras genau beobachten, wie »die mehrere Flaschen Parfum im Pulli versteckt haben«. Daraufhin nahm er die Verfolgung der beiden auf, und stellte sie schließlich vor dem Geschäft zur Rede. Was allerdings etwas schwierig war, denn die beiden Slowenen sprechen kein Wort Deutsch. Deswegen rief der Mitarbeiter des Einkaufszentrums »Stop, Detektiv«. Er stellte sich im Abstand von einigen Metern vor den Fluchtwagen des Duos, aber die seien »einfach losgefahren. Ich bin dann weggegangen«.

Mit dieser Zeugenaussage widerlegt der Mann die Anklage, laut der er sich nur mit einem Sprung zur Seite habe retten können. Das gefällt den Verteidigern sehr, die nun für ihre Mandanten den Diebstahl als solchen einräumen. Wohlgemerkt nur als einfache Tat, nicht als besonders schwerer Fall.

Die Rechtsanwälte fordern in ihren Plädoyers wenige Monate Freiheitsstrafe ganz klar zur Bewährung. Staatsanwalt Pomreinke hält ein Jahr Freiheitsentzug zur Bewährung angemessen. Das Schöffengericht schließt sich in seinem Urteil dieser Bewertung an, ergänzt aber noch ein nicht unwichtiges Detail: Sollten die beiden nochmals aus Slowenien nach Deutschland einreisen wollen, müssten sie vorher das Amtsgericht Reutlingen schriftlich informieren. Natürlich tragen sie auch die Kosten des Verfahrens. »Große Reue haben wir nicht gesehen«, meint Richter Eberhard Hausch in seiner Urteilsbegründung. Womit er allem Anschein nach richtig liegt, denn der verurteilte Mann lächelt unterdessen. Schließlich wird auch der Haftbefehl gegen das Duo aufgehoben. Dem Vernehmen nach warten Verwandte bereits darauf, die beiden mit nach Hause zu nehmen. (GEA)