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Aktuell Stadtansichten

Vom Grün dominiert

REUTLINGEN. Glanzstücke seines umfangreichen Sammlungsbestandes an Reutlinger Stadtansichten sind derzeit im Heimatmuseum zu sehen. Die ausgewählten Grafiken und Gemälde präsentieren vielfältige Aspekte und wichtige Veränderungen im Stadtbild. In loser Folge stellt der GEA einige der Exponate vor. Heute: Alice Haarburgers »Ansicht von Reutlingen«.

Mit der Achalm im Hintergrund: Alice Haarburgers »Ansicht von Reutlingen«.  QUELLE: HEIMATMUSEUM
Mit der Achalm im Hintergrund: Alice Haarburgers »Ansicht von Reutlingen«. QUELLE: HEIMATMUSEUM
Mit der Achalm im Hintergrund: Alice Haarburgers »Ansicht von Reutlingen«. QUELLE: HEIMATMUSEUM
Die landschaftlich reizvolle Lage zwischen den Albvorbergen, Achalm und Georgenberg, Reutlingens Eingebettetsein in die Natur, war zu allen Zeiten ein beliebtes Motiv der Künstler. Die 1891 in der Stadt an der Echaz geborene Künstlerin Alice Haarburger wählte für ihr kleinformatiges Ölgemälde ebenfalls diesen naturbetonten Blick auf die Stadt.

Im Hintergrund des Bildes erhebt sich die Achalm mit Scheibengipfel, in der Mitte ragt der Turm der Marienkirche aus den Altstadthäusern empor. Im Vordergrund dominiert wieder das Grün von fast südländisch wirkenden Bäumen. Die roten Ziegeldächer der Häuser, die sich in der Altstadt dicht aneinanderdrängen, schieben sich wie ein Keil in die Grüntöne des Gemäldes.

Die Malerin stammte aus einer wohlhabenden Reutlinger Fabrikantenfamilie, die in der Bismarckstraße ansässig war. 1903 zog die Familie nach Stuttgart, um den Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Alice Haarburger war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt. Die jüdische Malerin zeigte schon früh ihre künstlerische Begabung und wurde mit 19 Jahren Mitglied des »Württembergischen Malerinnen-Vereins«.

Von den Nazis verfolgt

Nach ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und an der Münchner Debschitz-Schule etablierte sich Alice Haarburger Ende der 1920er-Jahre in der Stuttgarter Kunstszene. Bevorzugt malte sie Stillleben, Stadt- und Landschaftsansichten im Stil des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Zu der Zeit muss auch die Ansicht ihrer Heimatstadt entstanden sein.

Ihr Erfolg währte jedoch nicht lange. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es für Alice Haarburger zu Einschränkungen in ihrem künstlerischen Wirken. Sie wurde aus der Künstlervereinigung ausgeschlossen, bekam ein Ausstellungsverbot auferlegt und ihr Wohnhaus mit Atelier wurde enteignet.

Im KZ erschossen

Die Pflege ihrer kranken Mutter, ihre Vaterlandsliebe und der Glaube, dass die antisemitischen Übergriffe an ihr vorübergehen würden, hielten sie von einer Emigration ab. Ein von ihr 1940 beantragtes und genehmigtes Visum in die Schweiz blieb ungenutzt.

1941 wurde sie von der Realität des nationalsozialistischen Terrorregimes eingeholt und in ein Konzentrationslager nach Riga deportiert, wo sie ein Jahr später erschossen wurde.

Heute erinnern die Alice-Haarburger-Staffel in Stuttgart und zahlreiche Werke in verschiedenen Museen und Archiven an diese bedeutende schwäbische Künstlerin. (GEA)

Öffnungszeiten

Die Ausstellung »Reutlingen - gemalt und gezeichnet. Ausgewählte Ansichten« ist bis 14. August im Reutlinger Heimatmuseum, Oberamteistraße 22, zu sehen. Und zwar zu folgenden Öffnungszeiten:

Dienstag bis Samstag 11 bis 17 Uhr

Donnerstag 11 bis 19 Uhr

Sonn- und Feiertag 11 bis 18 Uhr.