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Verstößt der Ex-AfDler Reetzke gegen die Reutlinger Gemeindeordnung?

Ex-AfD-Kommunalpolitiker Ingo Reetzke vertritt eine Frau, die gegen die Stadt Reutlingen klagt. Das darf er als Gemeinderat aber nicht, sagt die Stadt. Was dahinter steckt

Gemeinderat Ingo Reetzke darf als Anwalt keine Klage gegen die Stadt führen.  FOTO: PIETH
Gemeinderat Ingo Reetzke darf als Anwalt keine Klage gegen die Stadt führen. FOTO: PIETH
Gemeinderat Ingo Reetzke darf als Anwalt keine Klage gegen die Stadt führen. FOTO: PIETH

REUTLINGEN. »Eigentlich war ich die ganze Woche mit dem Parteiaustritt beschäftigt«, sagt Ingo Reetzke. Am vergangenen Freitag hatte er verkündet, dass er die Alternative für Deutschland (AfD) verlässt. Zusätzlich hat der Stadt- und Kreisrat jetzt gleich die nächste (kommunal-)politische Baustelle zu bearbeiten.

Reetzke, von Beruf Rechtsanwalt, vertritt nämlich eine Frau vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen in einem Verfahren gegen die Stadt Reutlingen. Das darf er als Stadtrat laut Gemeindeordnung aber nicht. Es besteht ein Interessenskonflikt, da die Klage gegen die Stadt läuft, deren Bürger er als gewählter Stadtrat vertritt. »Bei diesem Vertretungsverbot geht es um Sicherstellung der objektiven Ausführung der Amtsgeschäfte als Gemeinderat«, erklärt Steffen Blinzinger, Leiter der Geschäftsstelle Gemeinderat.

Reetzke betont auf GEA-Anfrage, dass er die Vertretung der Mandantin wohl wissend ums Vertretungsverbot angenommen habe. Da es ursprünglich um den Widerspruch gegen einen Bußgeldbescheid vor dem Reutlinger Amtsgericht ging, sei das seiner Auffassung nach auch durchaus rechtens gewesen.

Seine Mandantin sei am 18. Dezember 2021 abends in Reutlingen in einen Polizeikessel geraten. Beamte waren damals strikt gegen eine verbotene Demo von Corona-Maßnahmen-Kritikern vorgegangen und hatten Hunderte Leute festgesetzt. »Sie musste vier Stunden mit ihren 70 Jahren im Kessel stehen«, sagt Reetzke.

Die Tatsache, dass die Stadt die Demo damals per Allgemeinverfügung verboten hatte, habe seine Mandantin so erbost, dass sie vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen dagegen vorgehen wollte. Sie reichte eine Klage ein, Reetzke begründete die Klage. »Ich hab’ mir nichts Böses dabei gedacht«, sagt er. »Schließlich gibt es ja einen Zusammenhang mit dem Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht.«

Reetzke will einlenken

Die Stadt Reutlingen sieht das anders. Für sie greift nun das Vertretungsverbot. Der Gemeinderat votierte am Donnerstag einstimmig dafür, dass Reetzke seine Mandantin nicht weiter vertreten darf. Sollte er es weiter tun, kann der Gemeinderat ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro gegen ihn verhängen.

So weit will es der nun fraktionslose Kommunalpolitiker aber nicht kommen lassen, sagt er. Er werde noch mal das Gespräch mit der Verwaltung suchen und sonst das Mandat niederlegen. Was für ihn allerdings großen Arbeitsaufwand bedeute: Es muss ein Anwalt gefunden werden, der es übernimmt. »Das ist bei einem laufenden Verfahren gar nicht einfach«, so Reetzke. Er habe schon Kollegen gefragt, diese hätten abgelehnt. (GEA)