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Aktuell Verkehr

Verkehrschaos auf den Straßen im Reutlinger Storlach

Zu viele Autos, aber zu wenig Parkplätze, Radfahrer auf dem Gehweg, Auswärtige, die im Anwohnerbereich unterwegs sind: Die Bewohner des Storlach klagen über die Verkehrssituation.

Storlach von oben: Im Vordergrund die Hochhäuser in der Tannenberger Straße. Foto: Frank Pieth
Storlach von oben: Im Vordergrund die Hochhäuser in der Tannenberger Straße.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Eigentlich ist der Storlach ein Wohnquartier, das alles zu bieten hat und in dem es sich gut aushalten lässt. Die meisten Bewohner leben gerne dort. Dies wurde der GEA-Redaktion beim Vor-Ort-Termin im Sommer so auch bestätigt. Allerdings gibt es auch ein paar Dinge, die nicht optimal laufen. Immer wieder mahnen dies die Bürger an, es ändert sich jedoch nichts, wie sie sagen. Meist geht es dabei um Verkehrsthemen.

So muss Albrecht Neubrander immer wieder beobachten, dass Rad-und E-Scooter-Fahrer auf dem Gehweg unterwegs sind. »Erst neulich ist es mir wieder passiert, dass ein E-Scooter mit Karacho an mir vorbeigefahren ist«, erzählt Neubrander dem GEA. Oft entstünden dadurch gefährliche Situationen, denn die Gehwege in der Storlachstraße seien sehr schmal. »Pedelecs darauf sind ein No-Go«, sagt Neubrander. Doch immer wieder weichen Zweiräder auf den Gehweg aus - das könne er oft von seinem Küchenfenster aus beobachten, berichtet er.

Radler weichen auf den Gehweg aus

»Die Ursache dafür liegt im Straßenraum«, ist er überzeugt. Durch das versetzte Parken fühlten sich Radfahrer von hinter sich fahrenden Autos schon mal bedrängt und werden dann unsicher. Um die Autos besser passieren zu lassen, weichen die Radler aus. »Das muss gar nicht böse gemeint sein«, so schätzt es Neubrander ein, sonder es geschehe aus Angst. Aber es wird eben schnell mal gefährlich.

Ein besseres Sicherheitskonzept sei sein Anliegen gewesen, erzählt der Bewohner der Storlachstraße, und damit habe er sich an die Stadt gewandt. Er habe mehrere Mails geschrieben, zunächst ließ die Amtwort auf sich warten. Nach mehreren Nachfragen erklärte ihm die Stadtverwaltung, er müsse sich an die dafür zuständige Polizei wenden, da es sich um fließenden Verkehr handle. Das kann Ordnungsamtsleiter Albert Keppler bestätigen: Die Stadt dürfe nur den ruhenden Verkehr kontrollieren. Für Autos und Radfahrer sei die Polizei zuständig. Wobei die Vermutung des Anwohners, dass Rad- und Rollerfahrer wegen des versetzten Parkens auf die Fußgängerwege ausweichen, zutreffen könnten, sagt Keppler. Zum einen könne es sein, dass man wegen entgegenkommender Fahrzeuge anhalten muss. »Das stört den Fahrfluss«, weiß Keppler - lieber weichen die Radler dann auf den Gehweg aus. Und auch das Gefühl der Bedrängnis durch hinter einem fahrende Autos sei möglich.

Keine Kontrolle von »Anlieger frei«

Allerdings verweist Keppler auf die eindeutige Straßenverkehrsordnung: »Die Radfahrer müssen auf der Straße bleiben.« Ausnahmen gelten nur für Kinder bis zwölf Jahre und deren Begleitpersonen. Wobei auch die vorsichtig fahren und auf Fußgänger achten müssen. »Auf dem Gehweg ist der Radfahrer der stärkere Verkehrsteilnehmer und er muss auf die Fußgänger achten.«

Auch bei einem anderen Ärgernis, das im Wohngebiet regelmäßig für Unmut sorgt, könne das Ordnungsamt nicht aktiv werden, sagt dessen Leiter Keppler auf Nachfrage. Nämlich wenn es um die Frage geht, ob es tatsächlich nur Anlieger sind, die in den dafür ausgeschriebenen Straßen fahren: »Es gibt hierfür nur ein sehr eingeschränktes Anhalterecht«, erklärt Keppler, und dieses obliege nur der Polizei. Städtische Vollzugsbeamte hätten keine Befugnis, Passanten anzuhalten und nach ihren Personalien zu fragen. Besonders in den Sommerferien war die Verkehrsbelastung enorm, als die Rommelsbacher Straße saniert wurde, berichtet Neubrander. So hätten viele Fahrzeuge nicht die ausgewiesene Umleitung genutzt, sondern den schnelleren Weg, der eigentlich nur für Anwohner ist. Ob die Polizei kontrolliert habe, wisse er nicht, der Verkehr habe sich auf jeden Fall während der Dauer der Baustelle nicht verringert.

Zu wenig Parkplätze

Ein weiterer Storlachbewohner, der die Parkplatznot in der Siedlung kritisiert, hat sich ebenfalls beim GEA gemeldet. »Die Parksituation ist im Storlach eine Katastrophe«, schreibt Michael Wikenhauser in einer Mail an die Redaktion. Es gebe viel zu wenig Anwohnerparkmöglichkeiten. Besonders Familien mit Kindern hätten oft keine Garage. »Die finden in bestimmten Stoßzeiten keinen Parkplatz«, so Wikenhauser, oft hätten sie einen Fußweg von 10 bis 15 Minuten vom Parkplatz irgendwo in der Siedlung bis nach Hause. Die Stadt unternehme nichts, um die Situation zu verbessern, klagt er.

Der Storlach, aber auch andere Wohngebiete wie Orschel-Hagen oder »Voller Brunnen«, seien für ihren Parkplatzmangel bekannt, stimmt Albert Keppler dieser Aussage zu. Das liege an der Zeit, in der diese Gebiete entstanden seien. »Damals spielte das Auto keine große Rolle bei den Planungen«, erklärt Keppler. Es waren die 1950-er und 60er- Jahre, in der die Bevölkerung stark gewachsen sei, die Stadt war dringend auf neuen Wohnraum angewiesen. »Damals hätte keiner Verständnis dafür gehabt, wenn man Parkplätze angelegt hätte«, so Keppler. Er räumt aber ein: »Heute erweist sich das als Problem.«

Es ist politischer Wille, Freiflächen zu erhalten

Beheben könne man dies übrigens kaum, sagt Keppler. Als Beispiel nennt er Orschel-Hagen: Um dort Parkplätze für alle Fahrzeuge bereit zu stellen, bräuchte man jedes Jahr sechs Ar an neuen Flächen. »Da wäre die Gartenstadt schnell eine Betonstadt«, verdeutlicht er. Es gebe außerdem keinen politischen Willen, den Charakter dieser Siedlung zu verändern oder Flächen zu versiegeln, um Stellflächen daraus zu machen.

Im Storlach übrigens habe die Stadt diese Möglichkeit nicht einmal in der Theorie, denn es fehlt an Flächen im öffentlichen Besitz, die sich dazu eignen, zu Parkflächen umgenutzt zu werden. Daher appelliert Keppler auch an jeden einzelnen Bewohner. »Jeder sollte bedenken, wo er wohnt und sich überlegen, ob er wirklich ein Zweit- oder Drittfahrzeug braucht.« So erhöhen Geschäftsautos, die auch privat genutzt und in der Nähe des Wohnortes abgestellt werden oder Wohnmobile den Druck auf die öffentlichen Parkflächen. Ebenso wie Garagen, die nicht als Park- sondern als Abstellraum genutzt werden. »Diese zusätzlichen Fahrzeuge führen zu Spannungen«, betont Keppler. Spannungen, die man vielleicht auch vermeiden könnte, wenn nicht so viele Autofahrer auf den öffentlichen Raum zugreifen würden. (GEA)