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TV-Promi macht Reutlingen unsicher

In Reutlingen hat er vor 18 Jahren mit Parkour angefangen: Mittlerweile ist der erfolgreiche Sportprofi Benni Grams durch Höchstleistungen und zahlreiche TV-Auftritte deutschlandweit bekannt. Jetzt besuchte der Reutlinger seine Heimatstadt.

Benni Grams springt über eine Schranke in der Reutlinger Bahnhofstraße.
Benni Grams springt über eine Schranke in der Reutlinger Bahnhofstraße. Foto: Steffen Schanz
Benni Grams springt über eine Schranke in der Reutlinger Bahnhofstraße.
Foto: Steffen Schanz

REUTLINGEN. Drei Männer, die wie Superhelden von einer Mauer zu anderen springen und mit Leichtigkeit Rückwärtssaltos machen: Das sieht man nicht alle Tage in einer Reutlinger Tiefgarageneinfahrt. »Was ist denn da los?«, fragte sich so mancher Autofahrer, der zur gleichen Zeit in das Parkhaus Kronprinzenbau einfahren wollte. Passanten blieben vor der Einfahrt stehen und schauten neugierig zu.

Einer der springenden Sportler war der Reutlinger Benni Grams. Der 32-Jährige ist kein Unbekannter. Mit seinen sportlichen Höchstleistungen fiel er in TV-Sendungen wie »Ninja-Warrior Germany«, »RTL-Turmspringen« und »Catch! Die Deutsche Meisterschaft im Fangen« auf und sorgte mehrmals für Aufsehen. Seit der ersten Staffel von »Ninja-Warrior« im Jahr 2016 ist er regelmäßig dabei. Bei seinen sieben Teilnahmen schaffte es der professionelle Parkour-Athlet, bis auf eine Ausnahme, immer ins Finale. 2018 belegte er sogar den dritten Platz. Vergangenes Jahr wurde er in die Nationalmannschaft der Ninja berufen. Dieses Jahr wird er wieder bei »Ninja Warrior« am Start sein. »Allerdings weiß ich nicht, wie gut ich dieses Mal performen werde, weil ich eine Verletzung am Arm hatte«, sagte er.

Für den Profisportler fühlt sich Parkour wie fliegen an.
Für den Profisportler fühlt sich Parkour wie fliegen an. Foto: Steffen Schanz
Für den Profisportler fühlt sich Parkour wie fliegen an.
Foto: Steffen Schanz

An der Reutlinger Parkhauseinfahrt, war ihm seine Verletzung nicht anzumerken. Das nächste Parkour-Spektakel ließ nicht lange auf sich warten. Als weit und breit kein Auto mehr zu sehen war, nahm Grams Anlauf und machte einen Salto über eine Schranke. »Der Salto hier war etwas schwieriger, da die Parkschranke höher als die Wand davor ist«, sagte er.

Was ist Parkour?

Parkour ist eine Trendsportart, bei der Traceure – so nennen sich die Parkourbegeisterten – Hindernisse wie beispielsweise Treppen, Mauern, Felsen, Abhänge, Geländer, sogar Dächer überwinden, um von A nach B zu kommen. Dabei rennen, klettern, schwingen, springen oder rollen sie. Auch akrobatische Bewegungen wie Saltos gehören dazu. Kreativität ist gefragt, denn es gibt keinen vorgegebenen Weg, sondern nur viele verschiedene Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen. Das macht den Sport so beliebt, da jeder Traceur sich individuell entwickeln und ausleben kann. Viele Sportbegeisterte nutze die Stadt für Parkour, obwohl diese Sportart überall getrieben werden kann. Ausgedacht und entwickelt wurde die Sportart vom Franzosen Raymond Belle in den 80er-Jahren. (ifi)

Doch was hat den berühmten Sportler diese Woche nach Reutlingen verschlagen? Ganz sicher nicht der Zufall. Die Stadt ist seine Heimat. Er wurde zwar in Bad Urach geboren, ist aber in Sondelfingen aufgewachsen. »Es ist ein schönes Gefühl, wieder zurückzukommen. Ein bisschen Nostalgie ist schon dabei.« In Reutlingen traf er seinen Kumpel Niklas Nowak. Schon als Teenager waren die beiden von Parkour begeistert. Sie trainierten gemeinsam und tauschten sich aus.

Benni Grams (rechts) und sein Freund Niklas Nowak (links) toben sich im Bürgerpark aus.
Benni Grams (rechts) und sein Freund Niklas Nowak (links) toben sich im Bürgerpark aus. Foto: Steffen Schanz
Benni Grams (rechts) und sein Freund Niklas Nowak (links) toben sich im Bürgerpark aus.
Foto: Steffen Schanz

»Als ich 13 Jahre alt war, habe ich exakt an derselben Stelle trainiert. Das war im Jahr 2006.« Es kamen Erinnerungen hoch. »Ich habe jetzt tausend Geschichten von damals im Kopf«, erzählte Grams, während er vor der Tiefgarage gegenüber vom Hauptbahnhof stand. Seinen ersten Sprung machte er allerdings bei der Unterführung neben der Volksbank. Auch dort hüpfte er seinerzeit von Wand zu Wand. Es gibt sogar ein Video auf YouTube, in dem er zeigt, wie es sich für ihn heute anfühlt, an einem alten Parkour-Spot zu trainieren. »Ich weiß noch genau, wie ich mich damals gefühlt habe. Als ob ich fliegen würde«, sagte er und seine Augen leuchteten. Ein anderer Spot, den er bevorzugte, war die Graffiti-Wand in der Pomologie. »Da sind wir draufgesprungen. Eigentlich waren wir überall dort unterwegs, wo es Mauern und Geländer gab.«

»Es ist ein schönes Gefühl, wieder zurück in die Heimat zu kommen.«

Aufmerksam auf die Sportart wurde der Profi durch einen Klassenkameraden. Der zeigte ihm Videos von der damals in Deutschland wenig bekannten Trainingsdisziplin. »Ich sah, wie die Franzosen über Häuser und Mauern gesprungen sind. Für sie gab es keine Grenzen und Hindernisse, die sie nicht überwinden konnten. Das hat sich so inspiriert, dass ich das auch machen wollte. Ich bin direkt hinausgegangen und habe angefangen über kleine Mauern zu springen, auf Geländern zu balancieren und zu klettern, so wie ich Bock hatte. Inzwischen mache ich das seit 19 Jahren und lebe davon.« 

Den Gefahren, die der Sport mit sich bringt, begegnet er mit Respekt. »Wenn man bedenkt, dass ich in all den Jahren nur zwei ernsthafte Verletzungen hatte, bin ich gut durchgekommen«, sagte er und grinste. »Einmal habe ich mir die Schulter ausgekugelt und vor kurzem hatte ich einen Muskelfaserriss im Oberarm.« Deshalb sei er jetzt in Behandlung.

»Es war, als ob ich fliegen würde.«

Die letzten fünf Jahre hat Grams in Berlin gelebt. Er verbrachte in der Metropole »eine krasse Zeit, weil es dort viel Menschen gibt, die sich mit Parkour befassen. In Berlin gibt es eine große Sport-Community und viele Möglichkeiten zu trainieren«. Das Tolle an der Sportart sei, dass man sie überall treiben könne. »Überall, wo es Kanten, Mauern und Geländer gibt, kann man sich kreativ ausleben. Selbst eine kleine Stadt wie Reutlingen bietet unheimlich viele Möglichkeiten, um sich auszutoben.«

Nach der Tiefgarageneinfahrt besuchte Grams mit seinem Kumpel die Parkour-Anlage im Bürgerpark. Das sein ein toller Platz, um aktiv zu werden. Er rät Anfängern, mutig zu sein und zunächst Tutorials mit Grundübungen anzuschauen: »Kommt hier her und probiert es aus.« Auch er zeigt Übungen auf seinem YouTube-Kanal und hat ein Buch dazu veröffentlicht. »Man kann mich für Trainings kontaktieren, ich werde im Laufe des Jahres Workshops anbieten.«

Die werden in der Region Stuttgart stattfinden. Im vergangenen Monat ist er in die Landeshauptstadt gezogen. Als Naturbursche wurde ihm das Leben in der Hauptstadt irgendwann zu viel. Er habe die Natur Baden-Württembergs vermisst. Wann er mal wieder in Reutlingen sein wird? »Stuttgart ist einen Katzensprung entfernt, von daher werde ich immer mal wieder hier herumhüpfen.« (GEA)