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Aktuell Landtagswahl

Toleranz beim Viertele

REUTLINGEN. Für den vom Pilstrinker zum »Weinzahn« mutierten Hobby-Agronomen Hagen Kluck ist dieser Wahlkampfauftritt »a g'mähds Wiesle«.

Ein Hoch auf den Reutlinger Wein: Hagen Kluck (zweiter von rechts) im harten Wahlkampfeinsatz im Rappenkeller mit Zweitkandidati
Ein Hoch auf den Reutlinger Wein: Hagen Kluck (zweiter von rechts) im harten Wahlkampfeinsatz im Rappenkeller mit Zweitkandidatin Wibke Steinhilber (rechts), Horst Dreisbach vom Weindorf-Duo (links) und Wengerter Gerhard Henzler. Foto: Gerlinde Trinkhaus
Ein Hoch auf den Reutlinger Wein: Hagen Kluck (zweiter von rechts) im harten Wahlkampfeinsatz im Rappenkeller mit Zweitkandidatin Wibke Steinhilber (rechts), Horst Dreisbach vom Weindorf-Duo (links) und Wengerter Gerhard Henzler.
Foto: Gerlinde Trinkhaus
Der »Reutlinger Besen« im Rappenkeller in der Oberamteistraße bietet für den FDP-Kandidaten im Wahlkreis 60 (Reutlingen) ein wunderbares Forum, um die Brücke zwischen großen liberalen Werten wie Toleranz und Freiheitsliebe und den segensreichen Wirkungen des Weins zu schlagen. Das hat Tradition bei den Freidemokraten im Land: Dafür stehen der ehemalige Bundespräsident Theodor Heuss und der frühere Ministerpräsident Reinhold Maier.

»Ich war ein nach Freiheit dürstender Mensch«, erzählt der 67-Jährige, der in Bad Bramstedt in der Holsteinschen Schweiz aufgewachsen ist. Dieser Freiheitsdrang ließ Hagen Kluck bereits mit 17 Jahren das Elternhaus verlassen, um die journalistische Laufbahn einzuschlagen - erst als Volontär auf der Ostseeinsel Fehmarn, dann als Redakteur beim Ostholsteiner Anzeiger in Eutin.

Im Jahr 1966 kam der große Schnitt. In der Verlegerzeitschrift las Hagen Kluck eine Anzeige, dass der Reutlinger General-Anzeiger einen Redakteur sucht. Er bewarb sich und der legendäre GEA-Verleger Eugen Lachenmann stellte ihn prompt ein. Kluck verließ 1966 seine Heimat, um sich im Süden der Republik, in Reutlingen, niederzulassen.

Lernort: »Stern«

Seine anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Schwäbischen persifliert er heute noch gerne. Doch wichtiger war eine weitere Begegnung: Generationen von GEA-Redakteuren haben im unweit des Verlagshauses am Burgplatz gelegenen Gasthof Stern ihr Feierabendbier genossen. So auch Hagen Kluck. Der griff wie gewohnt erst einmal zum Pils. Doch über das heimische Schorle geriet er an den Wein. »Da bin ich auf den Geschmack gekommen«, verrät er. Und die Liebe zum Württemberger Wein, speziell zum Lemberger, hat er sich von den ersten GEA-Jahren an über seine diversen Redakteursstationen bis heute bewahrt.

»Gib mir erst einmal einen Schwarzriesling«, tönt er allerdings beim Entree im Rappen, »da kann ich auf einen Schlag die Roten und die Schwarzen vertilgen«. Hagen Kluck ist für starke Sprüche bekannt - nicht nur im Gemeinderat. Manchmal überzieht er dabei, manchmal aber auch bringt er es genau auf den richtigen Punkt. Das ist seine Stärke, komplizierte Sachverhalte knapp, aber prägnant zusammenzufassen und zu kommentieren. Für Politik und Parlament sicher nicht das Schlechteste.

Einzug in den Landtag

Doch es hat seine Zeit gebraucht, bis er in der großen Politik angekommen ist. Schon 1961 trat er in die FDP ein, war in hiesigen Breiten allerdings erst einmal ein braver Parteisoldat, bevor er in die Vorstände der diversen Parteigliederungen aufstieg. Seit 1989 im Reutlinger Gemeinderat, gelang ihm einige Jahre später der große Wurf. Einige Male hatte er sich vergeblich um die Kandidatur im Wahlkreis Reutlingen beworben. Als der »60er« dann neu zugeschnitten wurde, schaffte Kluck mit dem »Anschluss der Härten« im Jahr 1996 die Bewerberkür und auch prompt den Einzug in den Stuttgarter Landtag.

Seine politischen Vorbilder sind Theodor Heuss und Reinhold Maier, beide - wie schon vermerkt - große Weinzähne. Politische Auseinandersetzungen seien früher nicht so »verbissen und verbiestert« wie heute geführt worden, erzählt Kluck im Rappen. Über alle Parteigrenzen habe man sich zum Früh- oder Dämmerschoppen getroffen. »Die mir als Liberalen selbstverständliche Toleranz fehlt heutzutage manchem unserer politischen Mitbewerber«, klagt Kluck. Als Liberaler gestehe er selbstverständlich auch den Konkurrenten zu, dass sie das Beste für das Land wollen.

Und Kluck, ganz authentisch: »Das unterscheidet uns von denen, die nie auf die Idee kommen würden, mit Andersdenkenden bei einem Glas Wein über Gott und die Welt zu reden. Solche Gespräche sind aber das Lebenselixier unserer Demokratie. Deshalb hat Wein viel mit Politik zu tun«.

Nun, an diesem Abend muss sich der FDP-Kandidat beim Wein nicht mit Andersdenkenden auseinandersetzen. Er darf die originale »Reutlinger Sommerhalde« von Gerhard Henzler anpreisen und diesen ganz liberal korrekt dafür loben, dass es wieder Reutlinger Wein »aus privater Produktion zu kaufen gibt«. Wohl bekomm's. (GEA)