Logo
Aktuell Soziales

Theaterprojekt für Kinder in Reutlingen: Leiterinnen sagen adé

Theaterpädagogisches Zentrum und der Verein Dialog gestalten erneut das gemeinsame Projekt »Spielend sprechen«. Die Leiterinnen beider Institutionen hören nach vielen Jahren auf.

Die Begeisterung war auch im 13. Jahr groß beim integrativen Kinder-Theaterprojekt »Spielend sprechen« im Ringelbach - die Auffü
Die Begeisterung war auch im 13. Jahr groß beim integrativen Kinder-Theaterprojekt »Spielend sprechen« im Ringelbach - die Aufführungen sind am Samstag im TPZ in Betzingen. Foto: Norbert Leister
Die Begeisterung war auch im 13. Jahr groß beim integrativen Kinder-Theaterprojekt »Spielend sprechen« im Ringelbach - die Aufführungen sind am Samstag im TPZ in Betzingen.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. 2012 hat Monika Hunze eine Idee von LTT-Kollege Volker Schubert aus Tübingen aufgegriffen. Als Kooperationspartner für das Projekt »Spielend sprechen« fand sie als Geschäftsführerin des TPZ (Theaterpädagogisches Zentrum) den Reutlinger Verein »Dialog«. Den hatte Galina Lerner 2003 gegründet und zieht seitdem dort – rein ehrenamtlich – die Fäden. Die heute 58-Jährige wurde in St. Petersburg geboren, kam mit 24 Jahren mit ihrem Mann und ihren Eltern als jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland.

In Reutlingen wurde die Akademikerin (sie hatte »Angewandte Computerlinguistik« studiert) mehrfach ausgezeichnet, mit der Bürgermedaille der Stadt etwa. Und mit dem Irmgard-Zecher-Preis der Grünen. Diese Ehrungen erhielt sie, weil sie sich an der Achalm enorm für die Integration von Menschen eingesetzt hat: Sie gründete nicht nur den Verein Dialog, sondern auch das »Bildungszentrum in Migrant/innenhand BIM« und war bis vor kurzem auch Vorsitzende im »Haus der Kulturen«.

Im Oktober zieht sie endgültig nach Kassel um, eine ihrer beiden Töchter lebt dort mit ihrer Familie. Die Tochter »wünschte sich, dass wir mit ihr zusammen ein Mehrgenerationenhaus gründen«, sagt Lerner schmunzelnd. Und in Kassel gebe es auch eine große jüdische Gemeinde. Kontakte seien bereits über ihre Tochter vorhanden.

Monika Hunze (links) und Galina Lerner präsentieren zum letzten Mal als Verantwortliche das Projekt »Spielend sprechen«, hier hi
Monika Hunze (links) und Galina Lerner präsentieren zum letzten Mal als Verantwortliche das Projekt »Spielend sprechen«, hier hinter einer Scherenschnittfassade, die in der Mittagspause zusammen mit den Kindern entstanden ist. Foto: Norbert Leister
Monika Hunze (links) und Galina Lerner präsentieren zum letzten Mal als Verantwortliche das Projekt »Spielend sprechen«, hier hinter einer Scherenschnittfassade, die in der Mittagspause zusammen mit den Kindern entstanden ist.
Foto: Norbert Leister

Doch so ganz geht Galina Lerner denn doch noch nicht: »Ich mach’ weiter die Buchhaltung für Dialog und unterstütze die beiden neuen Vorsitzenden.« Außerdem kann sich Galina Lerner gut vorstellen, dass sie im kommenden Jahr wieder bei »Spielend sprechen« dabei sein wird.

Dieses Projekt liegt ihr – wie all die anderen Dinge auch – sehr am Herzen. Zumal seit dem ersten Mal vor 13 Jahren eine Freundschaft zwischen Lerner und Monika Hunze entstanden ist. Kinder zwischen acht und zwölf Jahren sind jedes Jahr bei dem integrativen Theaterprojekt in den Pfingstferien dabei. Anfangs waren es 50 Kids, »jetzt noch gut 30«. Nach Corona sei die Teilnehmerzahl zurückgegangen. »Mit zwei Gruppen, den Jüngeren und den Älteren, werden zwei unterschiedliche Stücke produziert«, sagt Hunze. Vorlage ist in diesem Jahr das Buch »Das Traumfresserchen«.

In zehn Tagen entsteht ein Stück

»Auf Träume gucken die Jüngeren anders als die Älteren.« Andere Themen waren in den vorherigen Jahren Freundschaft oder auch Ausgrenzung. »Zunächst führen Theaterpädagoginnen die Kinder spielerisch an das Thema heran, es werden gemeinsam Szenen und Figuren entwickelt, eine Handlung entsteht«, so Hunze. Und das innerhalb von nur zehn Tagen. Neben den Theaterprofis sammeln zudem zwei Azubis Erfahrungen, die beim TPZ eine Ausbildung zur Theaterpädagogin machen.

»Und wir haben dieses Jahr auch fünf Jugendliche aus der Ukraine dabei, die jeden Tag für ein Programm in der Mittagspause zuständig sind – die verdienen dabei ihr erstes eigenes Geld«, erklärt Monika Hunze. Am Samstag, 21. Juni, werden die Jüngeren (um 10 Uhr) und Älteren (um 14 Uhr) ihr Theaterstück im TPZ in der Betzinger Heppstraße aufführen. »Besucher sind natürlich herzlich willkommen«, sagt Monika Hunze. Das Projekt geht auch 2026 ohne sie weiter: »Das ist zu wertvoll, um es unter den Tisch fallen zu lassen«, findet Hunze.

Seit 2009 Geschäftsführerin des TZP

Die Geschäftsführerin hört zum August hin beim TPZ auf. Geboren wurde sie 1960 in der Nähe von Hannover in einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie studierte »Kulturpädagogik«, kam mit dem Theater Sirius nach Reutlingen, war bei der Tonne beschäftigt, dann von 1995 bis 2009 beim Kinder- und Jugendtheater des LTT in Tübingen vor allem als Dramaturgin, arbeitete auch mit dem verstorbenen, legendären Heiner Kondschak zusammen.

Seit 2009 war sie dann Geschäftsführerin beim TPZ. Ihre Tätigkeit umfasste dabei weit mehr als das Finanzielle: Kurse und Projekte (wie »Spielend sprechen«) initiierte sie, sie war zuständig für Kooperationen (etwa mit dem Jobcenter), für Festivals, Fachtage, Gastspiele, für Kinder-, Jugend- und Erwachsenenspielgruppen und noch viel, viel mehr.

Ob das ihr Traumjob war? »Ich bin mit meiner beruflichen Laufbahn immer sehr zufrieden gewesen, ich arbeite leidenschaftlich gern in kleinen Teams, liebe den guten Austausch und wenig Hierarchie.« Weitermachen will sie auch nach dem Ende beim TPZ – als freiberufliche Dozentin bei der Logopäden-Ausbildung etwa. Beim Projekt »Spielend sprechen« packte sie überall an, schleppte Sprudelflaschen und half bei der Ausgabe des Mittagessens. »Galina machte alles mit Excel-Tabellen«, sagt Monika Hunze. Beide Frauen sehen sich an und lachen. (GEA)