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Stopp in Reutlingen: Triberger pilgert für krebskranke Kinder

8.300 Kilometer zu Fuß vom Nordkap nach Spanien: Charity-Hiker Sven Hardt machte auf seinem Pilgerweg auch Station in Reutlingen.

Seit Juni vergangenen Jahres zu Fuß unterwegs: Charity-Hiker Sven Hardt wandert und sammelt Spenden für krebskranke Kinder.
Seit Juni vergangenen Jahres zu Fuß unterwegs: Charity-Hiker Sven Hardt wandert und sammelt Spenden für krebskranke Kinder. Foto: Carola Eissler
Seit Juni vergangenen Jahres zu Fuß unterwegs: Charity-Hiker Sven Hardt wandert und sammelt Spenden für krebskranke Kinder.
Foto: Carola Eissler

REUTLINGEN. Mit den Pilgern des Mittelalters kann es Sven Hardt durchaus aufnehmen. Seit vergangenen Sommer hat er rund 4.000 Kilometer per pedes zurückgelegt. Und er ist noch lange nicht am Ziel. Oder besser gesagt: Er hat erst die Hälfte geschafft. Denn der Triberger wandert auf seinem Charity-Hike für krebskranke Kinder vom Nordkap bis ans Kap Finisterre im Nordwesten Spanien, rund 8.300 Kilometer. Dafür hat er sein bürgerliches Leben aufgegeben und sich auf eine einjährige Wanderung gemacht. Die Spenden, für die er auf der Tour wirbt, gehen an die Rehaklinik Katharinenhöhe in Schönwald im Schwarzwald.

Am Montag machte Sven Hardt Station in Reutlingen beim »Tramperhaus«, das seine Aktion bereits von Anfang an unterstützt, bevor er auf dem deutschen Fernwanderweg Richtung Konstanz aufbricht und dann entlang des Jakobswegs Kurs auf die Schweiz, Frankreich und Spanien nimmt. Voraussichtlich im Juli, so seine vorsichtige Schätzung, wird er am Kap Finisterre an der Westküste Galiziens ankommen. Ganz am Anfang seiner Tour hatte er noch mit einer Ankunft im April gerechnet, aber nun wird es doch länger dauern. Ein Umstand, den einen echten Pilger nicht aus dem Konzept bringt, schließlich geht es um keinen Wettkampf.

»Mein Hab und Gut habe ich auf dem Rücken«

»Jeder einzelne Kilometer ist gelaufen«, sagt Sven Hardt, und belegt dies mittels seiner Tracking-Uhr, die seinen Charity-Hike »Vom Nordkap bis ans Ende der Welt für krebskranke Kinder« dokumentiert. Einst galt das Kap Finisterre als Ende der damals bekannten Welt. Danach kam nur noch der Atlantik. Dieser alte Blickwinkel auf die Welt setzte der Triberger dann auch als Motto über seine Tour.

Am 17. Juni 2024 startete der Schwarzwälder am Nordkap, wohin er vom Schwarzwald aus in neun Tagen getrampt war. Seither ist er zu Fuß unterwegs. In seinem Tempo, in seinem Rhythmus, meist allein mit seinen Gedanken und mit 35 Kilo Gepäck auf den Schultern. Die Jakobsmuschel außen am Rucksack weist ihn als Pilger aus, sie gehöre zu jedem Schritt, den er gehe. »Mein Wohnzimmer, meine Küche, mein Schlafzimmer, mein Bad, das alles steckt im Rucksack.« Mehr brauche er nicht, sagt der 54-Jährige. »Mein Hab und Gut habe ich auf dem Rücken.« Ansonsten hält er sich ganz an das Motto des Jakobswegs: »Der Weg gibt dir, was du brauchst, wann du es brauchst.« Für Hardt bedeutet das: »Ob ich fünf Kilometer gehe am Tag oder 30, ob ich zwei Stunden brauche für eine Strecke oder den ganzen Tag, das sagt mir mein Körper und danach richte ich mich.«

»Es ist unglaublich, welche Offenheit ich erlebe«

Sven Hardt sieht sich durchaus in der Tradition der mittelalterlichen Pilger. »Ich bin unterwegs auf Unterstützung angewiesen, auf Übernachtungen, auf Essenseinladungen, wenn ich nicht gerade selber koche.« Er richtet sich an einem minimalistischen Lebensstil aus, eine »Low Budget«-Tour, wie es auf Neudeutsch heißt. Auf seinem Weg sichert er sich weder durch Begleitfahrzeuge noch durch Teams ab. Er ist auf sich allein gestellt. Was er dabei seit acht Monaten erlebe, habe seinen Blick auf die Welt und die Menschen nochmals ganz verändert. »Es ist unglaublich, welche Offenheit ich erlebe. Wildfremde Menschen laden mich ein, lassen mich übernachten, spenden für das Projekt.« Gerade die nördlichen Länder habe er als sehr offen und freundlich erlebt, aber auch Deutschland, obwohl er anfangs skeptisch gewesen sei. »Ich habe bisher keine negativen Erfahrungen gemacht, ich bin sogar überwältigt von der Freundlichkeit und Gastfreundschaft, der ich überall begegne.«

Auf der Strecke werde er von Leuten angesprochen, die dann spontan helfen. Nicht nur, dass die Menschen begeistert seien von der Aktion und dem Charity-Hike. »Sie selber finden angesichts dieses Hilfsprojekts wieder Hoffnung in einer doch zerrissenen und instabilen Welt.« Gerade in einer Zeit, in der täglich viel Negatives auf die Menschen einwirke, brauche es positive Aktionen und menschliche Begegnungen. Für Sven Hardt ein geradezu unglaublicher Nebeneffekt seines Spenden-Hikes. »Die Rückmeldungen in den sozialen Medien sind berührend. So wird nicht nur den krebskranken Kindern geholfen, sondern auch allen, die in irgendeiner Weise beteiligt sind.«

»Ich habe schon wieder drei Touren im Kopf«

2019 brach Sven Hardt nach einer persönlich schwierigen Zeit zu seinem ersten Jakobsweg auf. Burnout, Ehekrise, die Frage nach dem Woher und Wohin brachten ihn zu der Erkenntnis, dass er, wie er sagt, Ruhe brauche, Stille und Abstand. Die wollte er beim Wandern auf dem Camino de Santiago finden. Der Weg wurde für den Schwarzwälder zu einer Wende. Denn Sven Hardt entschied sich, sein Leben nochmals umzukrempeln, machte eine Ausbildung als Heilpraktiker und psychologischer Berater und entwickelte die Idee von Charity-Touren, um krebskranke Kinder zu unterstützen und um Spenden zu sammeln. Hierfür wurde der Verein Charity-Hiker gegründet, für den Sven Hardt nun auf Tour ist.

Die Charity-Tour verfolgen

Wer die Pilgertour von Sven Hardt mitverfolgen will, kann dies auf Facebook und Instagram tun oder auf der folgenden Homepage. Dort gibt es auch alle Spendeninformationen.
https://www.charity-hiker.com/hiker-sven/index.html

Schwerkranken Kindern ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern, das motiviert Sven Hardt, die Strapazen der Tour auf sich zu nehmen. Die Rehaklinik Katharinenhöhe im Schwarzwald, die Hardt unterstützt, ist spezialisiert auf familienorientierte Rehabilitation für Kinder und junge Menschen, die sich einer sehr aufwändigen Behandlungsmaßnahme unterziehen müssen. Die Familien sind dabei stets eingebunden und sollen lernen, trotz schlimmer Krankheit wieder einen weitgehend normalen Alltag zu leben.

Sven Hardt hat mit den Hiker-Touren offensichtlich seine Bestimmung gefunden. »Ich habe schon wieder drei Touren im Kopf«, betont er. Aufbrechen will er wahrscheinlich wieder 2026. Mehr will er allerdings noch nicht verraten. Denn sein nächstes Ziel ist erst einmal das »Ende der Welt«. (GEA)