Ebenfalls im Rampenlicht: GEA-Lokalchef Roland Hauser in der Rolle des Moderators und die beiden Politik-Redakteure Bettina Jehne und Reiner App, die nach kurzem Grußwort von Chefredakteur Christoph Irion das Kreuzfeuer eröffneten. Von da an ging’s Schlag auf Schlag, flogen Fragen und Antworten wie Ping-Pong-Bälle durch den Saal. Warum hält sich die CDU in diesem Wahlkampf so dezent zurück? Ist die SPD in tiefe Depression gefallen?
Applaus und Buh-Rufe
Letzteres weist Weigle weit von sich. Von wegen depressiv, pariert er die Spitze und moniert stattdessen »die Nullaussagen der Kanzlerin« und deren »ständige Kurskorrekturen«. Dann schwenkt er aufs sozialdemokratische Programm um. Das, lässt er wissen, gehe weg wie die warmen Semmeln, müsse laufend nachgedruckt werden. Und sein Inhalt? Mindestlohn, Erneuerungen im Energiebereich, Arbeitsplätze durch Investitionen in die Forschung und den Dienstleistungssektor. Der SPD-Kandidat umreißt ein weites Feld, derweil CDU-Konkurrent Beck eine christdemokratische Wahlkampfführung der ruhigen Hand hervorhebt. »Rabatz und Radau« seien fehl am Platze, meint er. Vielleicht auch, weil es »diesmal kein zentrales Streitthema gibt«. Außerdem habe man mit Angela Merkel eine »damenhafte Spitzenkandidatin«, deren Rhetorik ihm Vorbild sei.Ihrem Stil der leiseren Töne eifert der CDU-Kandidat offensichtlich nach, hält ihn sogar dann noch durch, als er vom Publikum ausgebuht wird. Denn sein Statement zur Praxisgebühr sorgt für Empörung im Saal. Dass die fälligen zehn Euro zu einem Rückgang der Arztbesuche geführt haben, wertet Beck als positiven Nebeneffekt. Sinngemäß sagt er, dass die Praxis-»Maut« all jene Patienten ausbremse, die eigentlich gar keiner medizinischen Hilfe bedürfen, sondern bloß ein Schwätzle halten wollen. Was er noch zur Zwei-Klassen-Medizin äußert, geht im Raunen unter.
Themenwechsel. Wie lange, Frau Müller-Gemmeke, wollen die Grünen noch Strom aus regenerativen Energiequellen subventionieren? Die Kandidatin stutzt, dann legt sie los. Da werde nichts subventioniert, sagt sie. Die Erschließung erneuerbarer Energien werde allein über den Strompreis geregelt. Und dieses Mehr sei verkraftbar, falle mit weniger als 20 Euro pro Haushalt kaum ins Gewicht. Schwer wiege dagegen das Atommüll-Endlager Asse, das mit vier Milliarden Euro zu Buche schlage. »So etwas nenne ich Investitionen in Risiken!« Dann doch lieber Geld für Wind- und Solartechnik in die Hand nehmen und Arbeitsplätze schaffen. Anderthalb Millionen neue Jobs seien hier realistisch.
Dem mag FDP-Kandidat Kober nicht grundsätzlich widersprechen. Bei Thema Atommüll-Depots gerät er freilich an »Kommunikationsgrenzen«. »Das ist ein Riesen-Dilemma.« Kober setzt auf »rückholbare Lager«, die wartungsfreie Endlagertechnik sei falsch. Da müsse man ran. Und man müsse mehr denn je in Bildung investieren; vor allem in die frühkindliche Förderung. Doch wie soll das bei gleichzeitiger Steuersenkung funktionieren? Antwort: häppchenweise. »Nicht auf einen Schlag«, sondern »in Stufen« wolle die FDP für Steuererleichterungen sorgen - zum Besten von Familie, Mittelstand und Arbeitsmarkt. Steuersenkungen sind für Pascal Kober ein Jobmotor.
Was sind »Leistungsträger«?
Anders Stefan Straub von der Linken. Er plädiert für die Reichensteuer und den Mindestlohn - gerade weil »Armut inzwischen schon vererbt« werde, während fünf Prozent der Deutschen in Saus und Braus lebten. Dass er, Straub, ein Problem mit den »Leistungsträgern« dieser Gesellschaft habe - das stimme so nicht. Die Frage sei doch, wie dieser Begriff definiert werde. Sind damit Millionäre gemeint, das Kapital, die neoliberalen Wirtschaftsbosse, die Gewinne einstreichen, »anstatt zu investieren«? Oder »die Krankenschwester«, die von Sebastian Weigle unter Zwischenapplaus in die Diskussion gebracht wird?Auch Beate Müller-Gemmeke befürwortet den Mindestlohn, führt Großbritannien als Musterbeispiel an, fordert eine Anhebung des Hartz-IV-Satzes. Höhere Vermögen sollen bei der Erbschaftssteuer stärker belastet, im Ausland lebende Deutsche in die Steuerpflicht genommen werden, skizzierte sie »grüne« Ideen.
Schließlich: Afghanistan. "Es wäre unklug", so Ernst-Reinhard Beck, sich heute auf einen fixen Zeitpunkt für den Truppenabzug festzulegen - trotz erster Erfolge gebe es noch viel zu tun. Straub widerspricht: Soldaten können keine zivile Sicherheit gewährleisten!" Stimmt, sagt Beck. "Aber sie können die Rahmenbedingungen dafür schaffen." (GEA)