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Start der Spargelsaison auf dem Reutlinger Markt: »Weißes Gold« für Genießer

Die von vielen ersehnte Spargelsaison wurde jetzt auch auf dem Reutlinger Wochenmarkt eingeläutet. Beschicker Alexander Bunzel erklärt, warum das edle Gemüse seinen Preis hat und welche Stangen besonders aromatisch sind.

Beschicker Alexander Bunzel weiß, was qualitativ hochwertigen  Spargel ausmacht und welche Stangen besonders aromatisch sind.
Beschicker Alexander Bunzel weiß, was qualitativ hochwertigen Spargel ausmacht und welche Stangen besonders aromatisch sind. Foto: Stephan Zenke
Beschicker Alexander Bunzel weiß, was qualitativ hochwertigen Spargel ausmacht und welche Stangen besonders aromatisch sind.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Obwohl sich der Irrglaube, Spargel könne nur auf sandigen Böden gedeihen, hartnäckig hält, hat das mit der Realität rein gar nichts zu schaffen. Denn das edle Gemüse ist weit weniger divenhaft als mancher denkt. Wächst es doch durchaus auch in schwerem Erdreich zu qualitativ hochwertiger Ware heran. Zwar etwas langsamer als dies »Asparagus« auf feinkörnig-durchlässigen Äckern mit guten Sickereigenschaften tut; dafür ist das Geschmackserlebnis aber umso intensiver.

»Kräftiger, aromatischer«, sagt Marktbeschicker Alexander Bunzel, sei Spargel, der in Lehm-Löss Wurzeln schlagen durfte. So wie jener, den er von einem bayerischen Produzenten seines Vertrauens bezieht. Derweil die geschmacklich dezenteren Stangen in den Bunzel’schen Auslagen aus dem Badischen, der Gegend um Bruchsal, kommen.

Vergleichsweise genügsame Gemüsepflanze

Was beide Varianten heuer eint? Sie sind ihrer Zeit etwas hinterher. »Kalte Nächte«, weiß der 47-Jährige, haben den Wachstumsprozess gebremst. Auch die Trockenheit der zurückliegenden Wochen - dieser März war einer der regenärmsten seit Beginn der deutschen Wetteraufzeichnungen - sei tendenziell kontraproduktiv gewesen. Wiewohl Spargel eine vergleichsweise genügsame Gemüsepflanze ist, die sich mit geringeren Wassermengen gut arrangieren kann. Stammt sie doch ursprünglich aus ariden Regionen Südeuropas und Vorderasiens.

Das Rezept: Köstlicher Klassiker

Zutaten für vier Portionen: 2 Kilo Spargel, 60 Gramm zerlassene Butter, Salz, eventuell etwas Zucker
Zubereitung: Ein Backblech mit Aluminiumfolie auslegen. Den Spargel schälen und Stange für Stange nebeneinander auf die Folie legen. Mit Salz und - so gewünscht und nach Geschmack - mit etwas Zucker würzen und mit der zerlassenen Butter übergießen. Das Ganze mit einer zweiten Alufolie deckeln und gut verschließen. Im vorgeheizten Backofen bei 160 Grad Ober-/Unterhitze bissfest garen.
Dazu passen neue Kartoffeln oder Kräuterflädle sowie gekochter Schinken. (GEA)

Mithin sind es primär die Temperaturen, die über Erntezeitpunkt und -ertrag entscheiden. Zumal dann, wenn sich Bauern gegen eine künstliche Beheizung ihrer Spargelfelder entscheiden und allein auf die Kraft der Sonne setzen. Was im Übrigen bundesweit immer häufiger geschieht: aus ökologischen und ökonomischen Erwägungen heraus, wie Alexander Bunzel weiß.

Das »königliche Gemüse« ist auch deswegen vergleichsweise teuer, weil es in mühsamer Handarbeit geerntet werden muss. Mit einer
Das »königliche Gemüse« ist auch deswegen vergleichsweise teuer, weil es in mühsamer Handarbeit geerntet werden muss. Mit einer Erhöhung des Mindestlohns von 13 auf 15 Euro, könnte der deutsche Spargel noch teurer werden. Dem Bauernverband schwant diesbezüglich nichts Gutes. Foto: Bernd Wüstneck/dpa
Das »königliche Gemüse« ist auch deswegen vergleichsweise teuer, weil es in mühsamer Handarbeit geerntet werden muss. Mit einer Erhöhung des Mindestlohns von 13 auf 15 Euro, könnte der deutsche Spargel noch teurer werden. Dem Bauernverband schwant diesbezüglich nichts Gutes.
Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Auch sein favorisierter Spargelbauer, dessen »Weißes Gold« in bayerischem Löss-Lehm wächst, hat die energetischen Produktionsbedingungen zwischenzeitlich umgestellt. Statt den unter Folien kultivierten Pflanzen für teuer Geld Wärme zuzuführen, gönnt er seinen Feldfrüchten ihre natürlichen Ruhe- und Wachstumsphasen. Und das wiederum soll sich durchaus angenehm auf der Zunge bemerkbar machen: als von Bitterstoffen weitgehend befreite Milde.

Zuvor hat sich besagter Spargel durch schwere Schollen förmlich an die Oberfläche kämpfen müssen. Weshalb er zuweilen nicht ganz so kerzengerade ausschaut wie seine Bruchsaler Verwandtschaft, die in fluffigen Sandböden zur Genussreife gelangt. Außerdem kann es sein, dass die Färbung der bajuwarischen Stangen, der Bodenbeschaffenheit geschuldet, eine Nuance dunkler ausfällt.

Je makelloser die Optik, desto begehrter die Ware

Elfenbeinfarben schimmern sie am Stand von Bunzel. Ob das für Konsumenten eine Rolle spielt? Nicht bei derart minimalen Abweichungen im Kolorit. Wiewohl, so der Marktbeschicker, neben dem Preis vor allem das Aussehen frischen Obstes und Gemüses kaufentscheidend sei. Faustregel hier: Je makelloser die Optik, desto begehrter die Ware.

Deshalb seien Erntehelfer angewiesen, rigoros die Spreu vom Weizen zu trennen. Sehr krumm gewachsene Exemplare, solche, die durch Trockenheit verursachte »krasse Riefen« aufweisen, und Mickerlinge gelangen erst gar nicht in den Verkauf, sondern gelten als Ausschuss. »Was damit letztlich geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis. Das kann ich nicht sagen.«

Zu schade für die Tonne: Aus den Schalen und Enden von weißem Spargel lässt sich Spargelsud herstellen.
Zu schade für die Tonne: Aus den Schalen und Enden von weißem Spargel lässt sich Spargelsud herstellen. Foto: Christin Klose/dpa
Zu schade für die Tonne: Aus den Schalen und Enden von weißem Spargel lässt sich Spargelsud herstellen.
Foto: Christin Klose/dpa

Derweil der 47-Jährige etwas anderes sehr präzise sagen kann: Dass das Preisniveau für Spargel aus deutscher Erzeugung über die gesamte Saison hinweg eher hoch bleiben wird. Angebote unter zehn Euro pro Kilo - damit rechnet Alexander Bunzel bei einheimischer Ware nicht und begründet das mit gestiegenen Produktionskosten. Neben Energie und Sprit seien es seiner Meinung nach die Entgelte für Saisonarbeiter, die sich preistreibend bemerkbar machen.

Letztere beunruhigen allen voran den Deutschen Bauernverband, der die internationale Konkurrenzfähigkeit einheimischer Spargelproduzenten gefährdet sieht. Zumal Personal- und Produktionskosten in Ländern wie Spanien oder Griechenland deutlich unter denen in Deutschland liegen. Und das, obschon die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Mindestlohnerhöhung von 13 auf 15 Euro noch gar nicht greift.

Einbrüche bei der Spargelproduktion »Made in Germany«?

Sie, so verlautet seitens der Landwirtschafts-Lobby, sei kaum zu verkraften. Die Bundesrepublik müsse sich deshalb auf Einbrüche in der Spargelproduktion »made in Germany« gefasst machen: weil sich immer mehr Vertreter der Branche mit dem Gedanken tragen, umzusatteln.

Aktuell stammen laut Verband 80 Prozent des hierzulande verkauften Spargels aus heimischem Anbau. Dessen ungeachtet sei neuerdings ein Abwärtstrend zu beobachten. Haben sich einige Landwirte seit der Corona-Pandemie doch bereits komplett aus der Spargelproduktion verabschiedet, andere ihre Anbauflächen drastisch verkleinert. Mit dem Ergebnis, dass laut Statistischem Bundesamt die Erntemenge in der Saison 2024 den niedrigsten Wert innerhalb der vergangenen zehn Jahre erreicht hatte: rund 108.100 Tonnen.

Damit nichts verkommt: Eine klassische Spargelsuppe aus Spargelsschalen, Butter und Mehl ist eine wunderbare Form der Resteverwe
Damit nichts verkommt: Eine klassische Spargelsuppe aus Spargelsschalen, Butter und Mehl ist eine wunderbare Form der Resteverwertung. Foto: Christin Klose/dpa
Damit nichts verkommt: Eine klassische Spargelsuppe aus Spargelsschalen, Butter und Mehl ist eine wunderbare Form der Resteverwertung.
Foto: Christin Klose/dpa

Ob das nur ein Ausrutscher nach unten war? Diese Frage muss für den Moment unbeantwortet bleiben. Denn noch ist die Spargelsaison, die traditionell bis »Johanni« (24. Juni) dauert, jung. Und Marktbeschicker Alexander Bunzel weigert sich, in den Chor derer einzustimmen, die dem deutschen Spargel jedwede Zukunft absprechen. Stattdessen gibt sich der 47-Jährige gedämpft optimistisch. Noch hält seine Kundschaft dem deutschen Spargel nämlich die Treue. (GEA)