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Aktuell Kommentar

Stadtkreis-Entscheidung: Nicht Fisch, nicht Fleisch

Foto: Markus Niethammer
Foto: Markus Niethammer

Raus aus der Ausnahmesituation, rein in die Normalität: So hatte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch bei einer Bürgerversammlung zur Stadtkreisgründung im Juli 2015 umschrieben, was sie und die Stadtverwaltung sich für Reutlingen wünschen – nämlich  Stadtkreis zu werden, um somit zum Wohl der Bürger eigenständig schalten und walten zu können, wie alle anderen baden-württembergischen Großstädte auch.

Zwei Drittel des Gemeinderats, darunter sieben von elf Christdemokraten, zogen mit, aber die Kreis-CDU  schlug Alarm. Wähnte Bosch das städtische Ansinnen bei der damals grün-roten Landesregierung noch gut aufgehoben, war das zuständige Innenministerium nach der Landtagswahl 2016 plötzlich in schwarzen Händen – und das Schicksal nahm seinen Lauf. Oder besser:  Es lief lange nichts.

Die ablehnende Haltung der CDU mündete nun in einen Kompromiss, der Barbara Bosch nicht schmeckt, weil es bei der Ausnahmesituation bleibt. Da ist es für die Stadt ein schwacher Trost, dass ihr nach dem Willen des Landtags weitere Kreis-Aufgaben dauerhaft und mit der dafür nötigen Finanzausstattung übertragen werden sollen. Nicht Fisch, nicht Fleisch – das dürfte die Großstadt in der Außenwirkung nicht wirklich voranbringen.

Barbara Bosch wäre nicht Barbara Bosch, würde sie jetzt klein beigeben. Sie  ist  gewillt, Verfassungsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzureichen, weil der Landtag »keine sachgerechte Abwägung« vorgenommen habe. Und der Frust im Gemeinderat scheint so groß zu sein, dass er gerne mitzieht.

roland.hauser@gea.de