REUTLINGEN. Man mag es kaum glauben, aber hinter dem tristen, grauen Bahnhof, mitten im Herzen Reutlingens, blüht eine farbenfrohe Oase – seit über einem Jahrhundert. Manch einer mag nun an den Friedhof »Unter den Linden« denken – und liegt damit nicht ganz falsch. Die Verantwortlichen für die prächtig bepflanzten Gräber und Gedenkstätten müssen aber nebenan gesucht werden, in der Burkhardt+Weber-Straße 13. Hier sät, pflegt und hegt die Gärtner-Familie Henne auf knapp 9 000 Quadratmetern Anbaufläche Blumen, Büsche und Bäumchen in mannigfachen Farben und Formen – und kümmert sich um den anliegenden Gottesacker. »Die Nähe zum Friedhof war bei der Gründung damals entscheidend, da hatte man kurze logistische Wege«, weiß heute Rainer Henne, der sich mit seiner Mutter Margarete die Geschäftsführung der Gärtnerei Dietterlein-Henne teilt.
»Meine Familie leitet die Gärtnerei mittlerweile in der vierten Generation«, erklärt Henne weiter. Anfang des 20. Jahrhunderts habe das Gebrüderpaar Dietterlein florale Arrangements auf eben diesem Grundstück kreiert. Beide hatten aber nach ihrem Tod keine Kinder, denen sie ihr Lebenswerk vererben konnten. Durch Familienbande ging die Gärtnerei dann an die Hennes über. Den Traditionsnamen Dietterlein schätze man heute noch und habe ihn daher bewusst behalten, so Rainer Henne.
Salbei, Lavendel und Wolfsmilch
Auch dessen Frau Bärbel arbeitet maßgeblich im Familienbetrieb mit und kümmert sich um die Floristik, also das Präsentieren, Arrangieren und Zuschneiden von Blumenbouquets – eine Domäne, die auch heute noch in den zarten Händen der Frauen liegt. Bei den Gärtnern, dem Fachbereich von Rainer Henne, hat sich das Geschlechterverhältnis mittlerweile paritätisch angeglichen: »Früher waren da mehr Männer tätig, heute ist’s halbe-halbe.« Scheinbar haben also die Frauen in Sachen floraler Ästhetik die Nase vorn.
Neben den vitalen Geschäftszweigen der Straußbindekunst und Friedhofspflege beginnt vor allem bald die Balkon-Saison – Zeit also, sich über die Zusammenstellung der rund 100 Bienenkästen Gedanken zu machen, die GEA-Abonnenten exklusiv für einen Vorzugspreis ergattern können (siehe Box). Die sehen am Geländer nicht nur gut aus, sondern leisten einen wichtigen Beitrag für Natur- und Artenvielfalt: Sie sind eine mögliche Tankstelle für die eine Million Bienenvölker, die emsig Frucht und Blüte in unseren heimischen Gefilden bestäuben.
»Das sind wichtige Nützlinge, ohne die wir das alles hier nicht hätten«, weiß Henne und deutet auf die bunte Blumenpracht seiner Gärtnerei. Zwar weiß der Fachmann, was die Insekten gerne mögen, »was aber am Ende in die Kästen kommt, das ist noch nicht zu hundert Prozent sicher.« Ideen hat der Bienenfreund aber schon: »Vermutlich Salbei und Lavendel, sicher auch die Euphorbia.« Letztere wird im Volksmund gerne Wolfsmilch genannt – aufgrund ihres für den Menschen giftigen Saftes. Die Bienen aber laben sich nur allzu gerne an deren Nektar.
Gänzlich unbedacht darf man an die Kistenplanung nicht herangehen, denn der April macht halt nunmal, was er will. Die große Gefahr: Väterchen Frost. »Am 15. Mai enden dieses Jahr die Eisheiligen«, weiß Henne. Dann könne man sich fast sicher sein, dass die Kälte die frisch gepflanzten Blümlein nicht mehr im Keim ersticke. Aber trotzdem, ein Restrisiko bleibt immer bestehen, das Wetter ist nunmal keine exakte Wissenschaft. Deswegen gilt für Henne die Faustregel: »Man muss im Kasten nach dem Empfindlichsten gehen.« Ein Lavendel könne erneuten Frost zwar noch aushalten, das elegant-violette Gewächs sei eben »robust«. Zartere Pflänzchen wie die Zitronenverbene überleben einen eiskalten Überfall aber nicht. Ist der leidige Winter überstanden, »blühen bei guter Pflege die Kästen bis in den Herbst hinein«, erklärt der Gärtner. Obacht ist allerdings bei Bienenfreunden auf der Alb geboten, die sich ihr Balkonien verschönern wollen: »Da ist das warme Wetter ein bissle später dran.« Sicherheitshalber sollte das dann auch für die Bienenkästen gelten.
Für welches Arrangement sich Henne und sein Team auch entscheiden: Alle 100 Kästen werden mit den gleichen Blumen bepflanzt und gedeihen bis zur Abholung in den Gewächshäusern, ehe sie den durstigen Brummern auf dem heimischen Balkon als Raststätte dienen können. Wer seinen Bienenkasten bei den anderen Teilnehmern der GEA-Aktion »Ein Herz für Bienen« holt, oder vielleicht das angehende Repertoire darum erweitern möchte, bekommt einen anderen Blütenmix – die Entscheidung liegt bei den Betrieben Benz Blumenmix und Gartenbaumschule Schlotterbeck. Sicher ist auf jeden Fall, dass in allen drei Gärtnereien die Blumenkästen mit Sachverstand erstellt werden. Und mit viel, viel Liebe. (GEA)
EIN HERZ FÜR BIENEN
Insektenfreundliche Balkonkästen bestellen und Brummern helfen
Die insektenfreundliche GEA-Aktion »Ein Herz für Bienen« ist jüngst in die nächste Runde gestartet. Sie wartet also zum zweiten Mal in Folge mit von Reutlinger Gärtnern bepflanzten Blumenkästen auf, deren Inhalt Maja und Co. entzückt und dem Artensterben entgegenwirkt. In Kooperation mit den Betrieben Benz Blumen-Center (Dietweg 42), Gärtnerei Dietterlein-Henne (Burkhardt+Weber-Straße 13) sowie Gartenbaumschule Schlotterbeck (Poststraße 7, Betzingen) werden die kleinen Bienenweiden für Balkonien zum Stückpreis von 49,90 Euro angeboten. GEA-Abonennten erhalten sie indes zum Vorzugspreis. Sie sparen 15 Euro und zahlen lediglich 34,90 Euro für Kasten, Erde, sechs Pflanzen und ein GEA-Windrad. Wer sich eine oder maximal zwei der »Snack-Boxen« für Summer und Brummer sichern möchte, kann dies am heutigen Donnerstag, 27. April, tun. Unter der Service-Hotline 0711 7220863 45 werden Bestellungen in den Zeitfenstern von 8 bis 10 Uhr, 12 bis 14 Uhr sowie 16 bis 18 Uhr entgegengenommen. Die Abholung ist vom 15. bis 26. Mai, bei Benz und Dietterlein-Henne möglich. (ekü)