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Aktuell Mega-Projekt

So wird die Reutlinger Rathaussanierung finanziert

Die Sanierung des Reutlinger Rathauses soll 165 Millionen Euro kosten. Das Mega-Projekt soll sich finanziell selbst tragen. Doch wie kann das gehen? Ein Gespräch mit Finanzbürgermeister Roland Wintzen.

Denkmalgeschützt und ein Sanierungsfall: Das Rathaus in der Innenstadt.
Denkmalgeschützt und ein Sanierungsfall: Das Rathaus in der Innenstadt. Foto: Pieth
Denkmalgeschützt und ein Sanierungsfall: Das Rathaus in der Innenstadt.
Foto: Pieth

REUTLINGEN. Es ist ein Mega-Projekt! Das Rathaus am Reutlinger Marktplatz muss saniert werden, 2027 sollen die Arbeiten nach aktuellem Zeitplan beginnen, sie werden mehrere Jahre dauern. So lange am Marktplatz geschafft wird, zieht ein großer Teil der Stadtverwaltung ins alte Kreissparkassengebäude in der Tübinger Straße. Mit 165 Millionen Euro beziffert die Stadt mittlerweile die Kosten für die Sanierung, Baupreissteigerungen sind eingerechnet. Außergewöhnlich daran: Das Projekt soll sich finanziell komplett selbst tragen. Wie kann das gehen, bei einem solchen Betrag? Finanzbürgermeister Roland Wintzen steht dem GEA Rede und Antwort.

Homeoffice. Grundpfeiler des ganzen Projekts: Eine Zentralisierung der Mitarbeiter am Marktplatz. Das ist nur möglich, weil die Stadt Arbeit und Büro komplett neu denken will. »Wir haben erhoben: Wann sitzen wie viele Mitarbeiter an ihrem Schreibtisch«, berichtet Wintzen. »Und da kamen wir zum Ergebnis: 40 bis 50 Prozent der Arbeitsplätze sind unbelegt.« Weil Menschen auf Termin sind, krank, im Urlaub oder im Homeoffice. Für die Verwaltungsspitze ein Zeichen: Hier kann räumlich einiges eingespart werden. Dafür müssen Abläufe innerhalb der Abteilungen und Teams aber komplett neu gedacht und organisiert werden. Wintzen spricht von einer »kolossalen Veränderung der Verwaltungskultur«.

Mietkosten. Aktuell sind die Mitarbeiter der Stadtverwaltung - neben dem Rathaus am Marktplatz - in zwölf weiteren Außenstellen untergebracht. Die Kämmerei im Gerberviertel, das Tiefbauamt im Hamburg-Mannheimer-Gebäude, und so weiter, und so weiter. Dabei handelt es sich zum allergrößten Teil um Mietverhältnisse, sagt Wintzen. »Wir haben aktuell 3,1 Millionen Mietkosten pro Jahr für diese Außenstellen.« Wenn das Rathaus dann mal saniert ist und die Außenstellen abgemietet sind, fällt ein extrem großer Batzen Geld weg, den die Stadt aktuell jährlich noch für diese Mietverhältnisse ausgibt. Hochgerechnet auf 50 Jahre spart Reutlingen durch die Zentralisierung am Marktplatz 155 Millionen Euro. Damit wäre schon ein Großteil der Sanierungskosten refinanziert.

Energetische Sanierung. Fenster, Türen, Dämmung: Das in den 1960er-Jahren erbaute Rathaus ist energetisch längst nicht mehr auf einem aktuellen Stand. Durch energetische Sanierung und eine effizientere Haustechnik könne man rund 200.000 Euro pro Jahr einsparen, rechnet der Finanzbürgermeister vor. Nicht die Welt - »weil das Ensemble denkmalgeschützt ist« und radikale Sanierungen nicht möglich sind. Aber gespart ist gespart.

Gebäudeunterhalt. Für den Unterhalt am Rathaus - sprich anfallende Arbeiten am Gebäude - bezahlt die Stadt aktuell jährlich 1,6 Millonen Euro, »Tendenz stark steigend«, so Wintzen. Ist das Rathaus erstmal saniert, werden diese Kosten in den ersten Jahren wieder deutlich sinken, sagt der Finanzbürgermeister. »Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Jahr, in dem wir das Gebäude wieder voll nutzen, 1,4 Millionen Euro beim Gebäudeunterhalt einsparen können.« Natürlich wird diese Summe auch irgendwann wieder steigen, je länger das Gebäude in Nutzung ist. Doch auch dieser Einspareffekt zahlt aufs Konto der Selbstfinanzierung ein.

Überprüfung. In der Gemeinderatssitzung im Februar segneten die Räte den aktualisierten Kostenplan und einen Einsteig in weitere Planungen mehrheitlich ab. Fast alle Kommunalpolitiker mahnten dazu, die Kosten weiter aufmerksam im Blick zu behalten. Die Selbstfinanzierung des Mega-Projekts müsse garantiert bleiben. »Ja, das wird unsere Herausforderung«, sagt Bürgermeister Wintzen im Gespräch mit dem GEA: »Zu schauen, dass unsere Kalkulation weiter aufgeht.« Auch wenn die Bauarbeiten irgendwann in vollem Gange sind, müsse man laufend überprüfen, ob finanziell alles noch passt, »und sonst eben weiter mit den Standards runtergehen«.

Er wagt einen Ausblick in die Zukunft: »Wenn die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, müssen wir eine Nachkalkulation machen, schauen, ob die Zinsen noch passen, und die Gebäudeunterhaltungskosten in der Betriebsphase weiter überprüfen.« Würde man an diesem Punkt merken, dass die Kalkulation doch nicht aufgeht, könne man beispielsweise »mit Einsparungen im laufenden Betrieb gegenhalten«. Neben der Überprüfung der laufenden Kosten müsse man auch ganz klar stetig im Blick behalten, ob das Homeoffice- und Arbeitsplatz-Konzept aufgeht. Wintzen: »Es darf nicht sein, dass wir nach zehn Jahren direkt wieder vor der Situation stehen, eine Außenstelle anmieten zu müssen.« Ein Korrektiv für den Finanzplan ist auch das Regierungspräsidium: Diesem müsse man jeweils mit dem neuen Haushaltsplan darstellen, wie es um die »Selbstfinanzierung« des Rathausprojekts steht, so Wintzen. (GEA)