REUTLINGEN/SIERRA LEONE. Nachdem Mohamed Alarini Bah in Reutlingen war, ist er für vier Wochen lang nach Berlin zu einem Filmtraining gereist. Nun ist er wieder in Reutlingen, »um zu erfahren, wie die Deutschen ticken«, berichtet Sigrid Schell-Straub.
Sie ist die ehrenamtliche Leiterin des Reutlinger Entwicklungspädagogischen Informationszentrums (EPIZ). Zusammen mit Bah, einem Dokumentarfilmer aus Sierra Leone, leitet Schell-Straub das Projekt »4+17 = Zusammen Zukunftsfähigkeit lernen«. Hinter den Ziffern 4 und 17 stehen zwei der insgesamt 17 von den Vereinten Nationen (UN) formulierten Ziele (sustainable development goals), damit Menschen auf der ganzen Welt eine ökologische, soziale und ökonomische Entwicklung ermöglicht wird. Und zwar nachhaltig. Die 4 steht für Bildung und die 17 für interkulturelle Zusammenarbeit.
Über Spenden finanziert
Die Kooperation zwischen Baden-Württemberg und Sierra Leone kam durch die Vermittlung von Sigrid Schell-Straub zusammen. Sie ist ehemalige Lehrerin, hat in London »Development Education« studiert und arbeitet seit 1994 im Reutlinger EPIZ. Als Vertreter der Bildungsarbeit in Sierra Leone ist Mohamed Alarini Bah einer der Koordinatoren für die Organisation Sladea (Sierra Leone Adult Education Association).
Das Ziel von Sladea: Bildungsvermittlung für Erwachsene ab 15 Jahre in insgesamt 15 Bildungszentren, die über das gesamte Land mit seinen acht Millionen Einwohnern verteilt sind. Dabei ist das westafrikanische Land ungefähr so groß wie Bayern. Organisiert wird die Arbeit von Sladea von 500 Ehrenamtlichen sowie von 100 hauptamtlichen Lehrkräften, die vor allem über »Brot für die Welt«, also über Spenden, finanziert werden.
Auch handwerkliche Fähigkeiten werden vermittelt
Alphabetisierung, Rechnen und Gemeinschaftskunde wird in den Bildungszentren vermittelt. »Aber in sechs der 15 Zentren werden auch handwerkliche Fähigkeiten erlernt, damit sich die Absolventen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können«, berichtet Schell-Straub.
Anderthalb Jahre lebte sie selbst in Sierra Leone – wurde dann aber von Corona zur Rückreise gezwungen. »Sladea ist 1978 gegründet worden, um Leuten, die nicht in die Schule gehen konnten, eine Grundbildung zu vermitteln«, erläutert Bah. Die Teilnehmer der Kurse lernen Nähen, Schneidern, Weben, Backen, Catering, Frisieren, Schweißen, Töpfern oder auch Seifensieden – in Theorie und Praxis.
SPENDEN
Um die Arbeit von »Sierra Leone Adult Education Association« zu unterstützen und die Vermittlung von handwerklichen Fähigkeiten in allen 15 Bildungszentren zu ermöglichen, sind Spenden vonnöten.
Der Arbeitskreis »Eine Welt Reutlingen« leitet die Spenden weiter nach Sierra Leone und sorgt dafür, dass die Bildungsarbeit und Vermittlung von handwerklichen Kenntnissen in dem westafrikanischen Land weiter fortgeführt werden kann. Eine weitere Schule oder Nichtregierungsorganisation wird noch gesucht, um als zusätzliche Kooperationspartnerin für ein Bildungszentrum in Sierra Leone sich an dem Projekt 4+17 zu beteiligen.
Spendenkonto: IBAN: DE20 6405 0000 0001 7541 80, Stichwort Sladea.
Das Projekt 4+17 läuft bereits seit April dieses Jahres – gestartet ist es laut Schell-Straub allerdings während der Pandemie in einer sehr schwierigen Zeit. In Reutlingen war die Suche nach Kooperationspartnern für die Bildungszentren in Westafrika einfach, die Laura-Schradin-Schule hatte sich sehr schnell zur Zusammenarbeit bereit erklärt.
Treffen online
Erste Treffen zwischen Schülerinnen und Schülern auf den beiden Kontinenten fanden per Computer über Onlinegespräche, per E-Mail oder auch WhatsApp statt. Es ging laut Schell-Straub zunächst mal ums Kennenlernen, schon bald aber auch um die in beiden Ländern bekannten Entwicklungsziele. Geeinigt haben sich beide Seiten, das Thema Klimaschutz in den Mittelpunkt zu stellen – und sich über ihre jeweiligen Blickwinkel und Herangehensweisen auszutauschen, wie Sigrid Schell-Straub erläutert.
Doch natürlich geht es bei der Kommunikation zwischen den jungen Menschen auch um Corona, um das Virus, das die ganze Welt in Atem hält. »In Sierra Leone hatten wir vorher ja schon Erfahrung mit Ebola«, sagt der Dokumentarfilmer.
Verschiedene Impfstoffe verfügbar
»Es ist für die ganze Bevölkerung kein Problem, sich impfen zu lassen.« Verschiedene und vor allem ausreichend Impfstoffe stünden zur Verfügung. Aber: Einige lokale Lockdowns hätten viele kleine Unternehmen nicht überlebt.
Genauso wie Sigrid Schell-Straub vertritt auch Mohamed Alarini Bah die Auffassung, »dass wir durch Bildung die Welt ein klein wenig verändern und zu einem besseren Platz machen können«. Die EPIZ-Mitarbeiterin schiebt nach: »Wie sollen die jungen Menschen ohne diese Hoffnung überleben?« (GEA)