REUTLINGEN-ROMMELSBACH. Was haben Hochleistungssportler und Rommelsbachs Ortschaftsräte gemein? Klare Antwort: Beide verfügen über einen bemerkenswert langen Atem. Und für beide ist es ein Fest, wenn beim Marathon die Zielgerade endlich ins Blickfeld rückt und bislang erbrachte Anstrengungen nicht vergebens waren. So wie im Falle des »Jahrhundert-Projekts« Pflegeheim Rommelsbach, für das sich die Bezirksgemeinderäte seit einer gefühlten Ewigkeit verkämpfen - freilich ohne dass sich Nennenswertes getan hätte.
Taugt der Standort »Alte Schule« für ein Pflegeheim? An dieser Frage schieden sich die Investorengeister. Jetzt steht für die Reutlinger RAH fest: Der Platz ist geeignet, das Gebäude lässt sich integrieren. Foto: Markus Niethammer
Taugt der Standort »Alte Schule« für ein Pflegeheim? An dieser Frage schieden sich die Investorengeister. Jetzt steht für die Reutlinger RAH fest: Der Platz ist geeignet, das Gebäude lässt sich integrieren.
Foto: Markus Niethammer
Auf kleiner Flamme
Seit den ausgehenden 1990er-Jahren köchelt das Thema auf kleiner Flamme vor sich hin, stand immer mal wieder auf der Agenda. Und immer wieder musste es ergebnislos vertagt werden: weil der Zeitgeist damals nach großen, zentral gelegenen Seniorenresidenzen verlangte. Doch dann: die Trendwende. Im Jahr 2012 war's, da Reutlingen die Vorzüge der Dezentralität entdeckte und plötzlich Pflegeeinrichtungen in den Bezirksgemeinden befürwortete. Auch in Rommelsbach, das sich daraufhin anschickte, mehrere potenzielle Standorte auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen und schließlich im Bereich der Alten Schule fündig wurde.Also alles geritzt? Von wegen. »Unverschuldet«, so Schultes Siegfried Thumm bei der jüngsten Sitzung des Gremiums, »sind weitere Jahre verloren gegangen.« Weil - wie mehrfach berichtet - der erste Bauträger, die Bruderhaus-Diakonie, zunächst zwar angebissen, dann jedoch einen Rückzieher gemacht hatte. Das Grundstück, hieß es, sei mit 3 371 Quadratmetern Fläche zu knapp bemessen, das Schulhaus müsse deshalb zwingend weichen.Ein Ansinnen, das im Flecken allerdings auf Widerstand stieß. Zum einen, weil mit dem Gebäude zahlreiche Rommelsbacher Biografien verwoben sind, zum anderen, weil es, obschon nicht denkmalgeschützt, ortsbildprägenden Charakter hat. Es ohne Not der Abrissbirne zu überantworten - damit mochte sich niemand anfreunden. Und deshalb gab's einen neuerlichen und noch dazu erfolgreichen Investoren-Suchlauf.
Pläne erarbeitet
Die Reutlinger Altenhilfe gGmbH (RAH) ist's, die sich - im Gegensatz zur Konkurrenz - einen Pflegebetrieb nebst integriertem Schulhaus sehr wohl vorstellen kann und in Kooperation mit dem Architekturbüro Schwille jetzt Pläne erarbeitet hat, die durch ein harmonisches Miteinander alter und neuer Bausubstanz überzeugen. Vorgestellt wurden sie in öffentlicher Sitzung von Sebastian Schwarzenauer, der das Projekt »Pflegeheim Rommelsbach« beim Reutlinger Stadtplanungsamt federführend betreut. Bisherigen Entwürfen zufolge soll, wie Schwarzenauer sagt, die Alte Schule zum funktionalen Herz (Küche, Gesellschaftsräume) des künftigen Immobilien-Ensembles ertüchtigt werden - umrahmt von zwei Flachdach-Bauten (Flügel), die auf zwei Etagen Raum für 48 Bewohner bieten.
Wie viele Parkplätze?
Noch nicht abschließend geklärt: die Parkplatzfrage, auf die Bezirksgemeinderat Markus Kern zu sprechen kommt. Dass Stellflächen im nordwestlichen Teil des Geländes vorgesehen sind, steht zwar heute schon fest. Allein: ihre Anzahl ist noch offen. Laut Schwarzenauer gibt es einen amtlichen Schlüssel, wonach auf zehn bis fünfzehn Pflegeplätze jeweils eine Parkmöglichkeit ausgewiesen werden muss. Was im Falle von Rommelsbach hieße, dass sich die RAH theoretisch mit mageren vier Stellplätzen bescheiden könnte. »Weil der Bedarf damit aber kaum abzudecken ist«, denke man über die Schaffung zusätzlichen Parkraums nach - ohne sich bislang auf eine Größenordnung festgelegt zu haben. Hier besteht also noch Nachbesserungsbedarf, den Kern nachdrücklich anmahnt.Abgesehen davon sind Rommelsbachs Räte mit dem Schwille'schen Entwurf allerdings zufrieden. Auch deshalb, weil das Architekturbüro mit Fingerspitzengefühl ans Werk gegangen ist. Was sich in Details zeigt. Beim Baumbestand beispielsweise, der weitgehend unangetastet bleiben soll. Kurz: Das Konzept gefällt. Weshalb Rommelsbachs Kommunalpolitiker ohne Wenn und Aber ihr Placet für den Auslegungsbeschluss plus frühzeitige Bürgerbeteiligung erteilen. Damit kann der Entwurf, so er denn am 27. Juni erwartungsgemäß vom Reutlinger Gemeinderat abgesegnet wird, bald im Bezirksamt eingesehen werden. Was in der Sitzung sonst noch wichtig war? Die Bürgerfragestunde, in deren Rahmen die belastende Verkehrssituation auf Kniebis- und Ermstalstraße moniert wurde. Hier, so der Appell eines Einwohners, möge das Gremium doch für sofortige Abhilfe sorgen ... Jedoch: Das liegt nicht in der Macht der Räte. Und von daher nimmt es kaum Wunder, dass sich das Thema Verkehrsberuhigung binnen der vergangenen Dekade zum zweiten Rommelsbacher »Jahrhundert-Projekt« entwickelt hat; zum kommunalpolitischen Marathonlauf, der einen langen Atem erfordert und dessen Zielgerade - trotz vieler Bemühungen - noch immer irgendwo im Nirgendwo liegt. (GEA)