REUTLINGEN. Ob, wie der Volksmund sagt, wirklich gegen jedes Leiden ein Kraut gewachsen ist, sei dahingestellt. An dieser Behauptung haben sich schließlich schon viele kluge Köpfe abgearbeitet - ohne zu einem finalen Ergebnis gelangt zu sein. Doch selbst, wenn die »Apotheke Gottes« zuweilen an ihre Grenzen stößt, ist eines unstrittig: Küchenkräuter sind gesund und bringen ganz nebenbei Pepp auf die Teller.
Zu haben sind sie unter anderem am Reutlinger Wochenmarktstand von Peter Hochstetter, wo jetzt - mit Frühlingserwachen - wieder allerlei aromatisches Grünzeug auf Abnehmer wartet. Wobei es traditionell italienische Züchtungen sind, die den Start in die Kräutersaison markieren. Rosmarin zum Beispiel. Aber auch Küchen-Klassiker wie Thymian, Oregano und Salbei.
Vitaminreiche Aroma-Protze
Diese vitaminreichen Aroma-Protze bezieht der Wannweiler Gärtnermeister momentan noch als Importe aus südlichen Gefilden, »weil dort im März/April die klimatischen Wachstumsbedingungen günstig und die Vegetation schon weiter fortgeschritten ist«. Wiewohl der 55-Jährige ansonsten strikt darauf achtet, Würzpflanzen vor allem aus regionalem Anbau feilzubieten - darunter zahlreiche Eigengewächse, die durch Zöglinge von Kollegen aus dem Reutlinger Umland ergänzt werden. Denn elendslange Lieferwege lehnt Hochstetter ab.
Das Rezept: Cremige Kräutersuppe
Zutaten (für 4 Portionen): 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 250 g Kartoffeln (mehlig kochend), 150 g Lauch, 200 g gemischte Kräuter (Petersilie, Kerbel, Pimpinelle – nach Lust und Laune), 2 Esslöffel Rapsöl, 600 ml Gemüsebrühe, 100 ml Crème fraîche, 100 g Schlagsahne, Salz und Pfeffer zum Abschmecken.
Zubereitung: Zwiebel und Knoblauchzehen schälen und fein hacken. Kartoffeln waschen, schälen und würfeln. Lauch putzen, waschen und das Weiße in Ringe schneiden. Kräuter waschen, trocken schütteln, Blätter von den Stielen zupfen und bis auf 2 Stiele Petersilie fein hacken. Öl in einem Topf erhitzen und Zwiebel mit Knoblauch darin glasig andünsten. Kartoffeln und Lauch zugeben, mit Brühe ablöschen und 20 bis 25 Minuten kochen lassen. Anschließend die fein gehackten Kräuter zugeben, zwei Minuten mitkochen lassen und die Suppe fein pürieren. Nun Creme fraîche und Sahne unterrühren, mit Salz abschmecken und in Schälchen füllen. Mit schwarzem Pfeffer übermahlen und Cremige Kräutersuppe mit Petersilienblättchen garniert servieren. (GEA)
Dieses Öko-Bewusstsein tut der Vielfalt seines Kräutersortiments indes keinen Abbruch. Obschon noch früh im Jahr, lockt in den Auslagen des Wannweilers - neben den erwähnten Import-Italienern - bereits jede Menge Grünzeug aus eigener Produktion. Petersilie gibt es da zu kaufen und Schnittlauch, Dill, Pimpinellen und Lorbeer. Auch Basilikum ist am Stand des 55-Jährigen vertreten.
Letzterer zählt zu Peter Hochstetters persönlichen Lieblingen. »Sieben verschiedene Sorten« kultiviert der Wannweiler in seiner Gärtnerei. Bei Kunden neuerdings besonders begehrt: Strauchbasilikum mit dem verheißungsvollen Namen African Blue.
Ursprünglich aus den Höhenlagen des Kilimandscharo stammend, kommt der »Blaue Afrikaner« mit hiesigen Witterungsverhältnissen gut zurecht. »Er ist sehr robust« und betört das menschliche Auge mit blau-violetten Blättern und lilafarbenen Blüten, auf die übrigens auch Bienen und Brummer mit und ohne Wespentaille buchstäblich fliegen. Hochstetter empfiehlt deshalb Gartenbesitzern African Blue in nächster Nachbarschaft zu Tomatenpflanzen anzusiedeln. »Dann klappt’s trotz des Insektensterbens garantiert mit der Bestäubung« und - geeigneter Standort und korrekte Pflege vorausgesetzt - mit einer reichen Ernte.
Kein Wunder also, dass der »Blaue Afrikaner« nach und nach immer mehr deutschen Beete und Blumentöpfe erobert. Derweil das Unsterblichkeitskraut derzeit ein Comeback erlebt. Hierzulande auch als »Frauenginseng« bekannt, war es einst fester Bestandteil deutscher Bauerngärten. Dann aber verlor es - über die Gründe kann Peter Hochstetter nur spekulieren - plötzlich an Popularität, um fortan ein Nischendasein zu fristen.
Fester Bestandteil der asiatischen Heilkunst
Drei, vier Jahrzehnte lang ging das so. Doch jetzt zeichnet sich der Beginn einer Renaissance ab. Sogar der einer überaus gesunden. Denn nicht umsonst ist das Würzkraut, dem herzstärkende und vor allem - daher die Unsterblichkeit im Beinamen - lebensverlängernde Wirkung zugesprochen wird, seit alters her fester Bestandteil der asiatischen Heilkunde. Methusalem lässt grüßen!
Apropos Asien. In China und Japan befindet sich die Ur-Heimat des Unsterblichkeitskrauts, das dort Jiaogulan heißt und neben pharmazeutischen auch kulinarischen Zwecken dient. Verspeist werden die pflückfrischen Blätter nämlich gerne als geschmacksintensiver Salat. In getrocknetem Zustand werden sie zu Tee aufgekocht und geschlückelt - natürlich ihrer inneren Werte wegen.
Wobei die Pflanzen mit äußeren Reizen ebenfalls nicht geizen. Sofern man ihnen Rankhilfen zur Seite stellt. Dann nämlich erreichen die Kletterkünstler Höhen von bis zu drei Metern und setzen zwischen Juli und August mit ihren weißen, traubenförmigen Blüten florale Akzente.
Staunässe unbedingt vermeiden
Was sie mit nahezu allen Gewürzkräutern eint? Sie vertragen keinerlei Staunässe und bevorzugen darob durchlässige Böden. Der in Reutlingen und Umland verbreitete Löss-Lehm macht ihnen das (Über-)Leben schwer. Denn ebenso wie Thymian, Basilikum, Petersilie und Co. mag »Frauenginseng« keine nassen Füße haben.
Sie sind mithin der Kräuter-Killer Nummer eins. Wiewohl das mit dem Wassermanagement in Zeiten des Klimawandels generell schwieriger geworden ist. Selbst mediterrane Kräuter, weiß Hochstetter, machen, »wenn die Sonne tagelang auf sie runterknallt« ohne Gießen schlapp. Umso mehr, wenn sie in Kübelhaltung auf Balkonien gedeihen. (GEA)