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Aktuell Entsorgung

Reutlinger Recycling-Container: Nützlich und fragwürdig

Altglas, ausgemusterte Kleidung und Schuhe: Voluminöse Metall-Behälter stehen für Wieder- und Weiterverwertbares auch in Reutlingen parat. Aber: Wer stellt was wo auf? Und warum können Ross und Reiter zuweilen nicht benannt werden? Ein Gespräch mit den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen (TBR).

Recycling-Container bleiben selten allein: Oft wird hier »wilder Müll« abgeladen. In diesem Fall ist die Sondelfinger Heubergstr
Recycling-Container bleiben selten allein: Oft wird hier »wilder Müll« abgeladen. In diesem Fall ist die Sondelfinger Heubergstraße betroffen: Plättbrett, Möbelteile und Restmüll in Plastiktüten lassen grüßen. Foto: Frank Pieth
Recycling-Container bleiben selten allein: Oft wird hier »wilder Müll« abgeladen. In diesem Fall ist die Sondelfinger Heubergstraße betroffen: Plättbrett, Möbelteile und Restmüll in Plastiktüten lassen grüßen.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN/SONDELFINGEN. Wer veranlasst und genehmigt eigentlich das Aufstellen von Altglas-, Schuh- und Kleidercontainern? Wie kann es sein, dass die Dinger manchmal an den irrwitzigsten Orten aufpoppen? Und warum werden sie zuweilen nicht geleert oder derart unglücklich positioniert, dass sie mehr behindern als nützen? Fragen, die unlängst im Sondelfinger Bezirksgemeinderat für Gesprächsstoff sorgten. Wobei es den Kommunalpolitikern insbesondere um die Heubergstraße geht, an deren Saum gleich sieben vergammelt anmutende Container in Reihe stehen.

Schmutzig und mit Farbschmierereien verunziert: Die in Sondelfingen aufgepflanzten Behälter für Recycling-Artikel sind wahrlich keine Augenweide. Was indes kein Einzelfall ist, wie ein Streifzug durch Reutlingen beweist. Ob an der Kreuzeiche, in der Hans-Reyhing-, Lindach- und Sickenhäuser Straße oder beim Stadtgarten: Versiffte Container teils fragwürdiger Herkunft trüben das Stadtbild und animieren menschliche Sauigel obendrein zu wilder Müllentsorgung. Denn überall dort, wo Container für Wiederverwertbares in Stellung gebracht werden, kommen alsbald auch Restmüllsäcke und ausgemusterter Hausrat zu liegen.

Welchen Einfluss haben die Technischen Betriebsdienste Reutlingen?

Deshalb mal bei den Technischen Betriebsdiensten (TBR) nachgehakt: Was können sie zu Standortfragen von Recycling-Containern sagen; und welchen Einfluss haben sie beispielsweise auf deren ordnungsgemäße Entleerung und die Sauberkeit drumrum?

Ei, ei, ei. Da muss Vize-Betriebsleiter Matthias Kuster erst mal kurz Luft holen. Denn so trivial, wie man meinen könnte, ist die Sache nicht, sondern - im Gegenteil - »sehr komplex«. Grundsätzlich so Kuster, müsse zwischen Altglas- und anderen Sammelbehältern unterschieden werden: weil nur Glas dem Dualen Rücknahmesystem und einer Abstimmungsvereinbarung mit der Stadt unterliegt.

Bei Glas hat die Kommune den Durchblick

Konkret: Bei Glas hat die Kommune den Durchblick. Sie entscheidet, wo von welchem Kooperations-Unternehmen Container aufgestellt werden und wie viele es davon gibt. Je 2.600 Einwohner, nennt Matthias Kuster eine Faustregel, sollte prinzipiell ein Container-Trio für Weiß-, Grün- und Braunglas zur Verfügung stehen. Wobei Reutlingen diesem Optimum hinterherhinkt. Was ursächlich daran liegt, dass es in der City und den Bezirksgemeinden zu wenige geeignete Standflächen gibt. Also Container-Stellplätze, die sich idealerweise in städtischem Besitz befinden und den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutz-Anforderungen (Zwölf-Meter-Abstand zur Wohnbebauung) genügen.

Auch müssen sie hinlänglich Rangierraum für die zur Leerung der Behälter anrollenden Lastwagen bieten: »40-Tonner sollten problem- und gefahrlos anfahren können«. Und: Es ist sicherzustellen, dass die an den Entsorgungsfahrzeugen angebrachten Kräne nicht mit Bäumen in Konflikt treten. Alles in allem: »eine echte Herausforderung«, betont Kuster.

Unerlaubt auf öffentlichem Terrain

Ebenfalls herausfordernd: stationäre Altkleider- und Schuhsammelstellen. Was sie betrifft hat die Stadt Reutlingen nämlich ausschließlich mit der Hilfsorganisation »Aktion Hoffnung« eine Vereinbarung getroffen. Danach darf besagte Initiative städtische Altglas-Standorte mitnutzen. Und andere Aufsteller? Denen bleibt nur die Möglichkeit, mit Privatleuten handelseinig zu werden und deren Grund und Boden zu nutzen. Was sie gegen Gebühren-Zahlungen meist auch tun. Wiewohl es trotzdem schwarze Schafe gibt, die unerlaubt öffentliches Terrain mit Beschlag belegen.

Die Krux: Besagte Finsterlinge lassen sich nicht ohne Weiteres zur Verantwortung ziehen. Denn sie tauchen nach illegaler Platzierung eines oder mehrerer Container gerne unter - und bleiben somit Unbekannte. Jedenfalls dann, wenn die auf den Sammelbehältern prangenden Mobilnummern ins Leere laufen und jedwede Kontaktaufnahme unmöglich machen.

Altkleiderpreise im Keller

»Das hat keinen Seltenheitswert«, sagt Matthias Kuster. Und darum gibt es in Reutlingen eine erkleckliche Anzahl verbotswidrig platzierter Container, die, wenn's extrem schlecht läuft, verwaist und verwahrlost in der Gegend rumstehen. Tendenz steigend - weil »die Altkleiderpreise im Keller sind«.

Vor diesem Hintergrund plant die Stadt jetzt in die Offensive zu gehen. Mit Beginn des kommenden Jahres will sie nurmehr eigene Altkleider-Container bewilligen und so die Kontrolle über deren Bewirtschaftung zu haben. Matthias Kuster spricht von im Werden begriffenen »Wertstoff-Inseln«, auf denen künftig sowohl Glas als auch Textilien versenkt werden können, und von einem neuen Entsorgungszentrum, das Anfang 2027 am Standort des jetzigen Wertstoffhofs (Schinderteich) seinen Betrieb aufnehmen soll - mit erweiterter Warenannahme und besserer Sortierung.

Ärgerlich: Wild entsorgter Sperr- und Hausmüll

Bleibt das Ärgernis wild entsorgten Sperr- und Hausmülls, das mutmaßlich auch nicht vor »Inseln« halt machen wird. Die dürften Unrat vermutlich genauso anziehen, wie es Recycling-Lösungen in der Fläche bereits heute tun. Für Kuster »ein Dilemma«. Zwar sind die TBR darum bemüht, illegalen Müll zeitnah zusammenzuklauben, um keine Nachahmungstäter auf den Plan zu rufen. Jedoch: Damit laufen sie leider Gefahr, bereits zur Tat geschrittene »Wild-Entsorger« in ihrem Tun weiter zu ermuntern. Asozialer Gedankengang: »Na, wer sagt’s denn? Klappt doch prima! Ich schmeiß’ den Dreck hin, andere räumen ihn kostenlos weg. Weiter so ...«

Container buchstäblich beerdigen?

Um eben dieses Weiter-So zu unterbinden, denkt man in Reutlingen zwischenzeitlich darüber nach, das oberirdische »Containern« buchstäblich zu beerdigen. Im Boden eingelassene und damit optisch kaum wahrnehmbare Depots könnten Abhilfe schaffen. Zu finden sind solche diskreten Lösungen bereits in der Wilhelmstraße: allerdings bloß für en passant anfallenden Restmüll - vom Papiertaschentuch bis zur Snack-Verpackung. Auf ebensolche Weise auch Glas, Schuhe und Kleidung unterirdisch »verschwinden« zu lassen: Es ist denkbar, aber aufwendig.

Vor allem finanziell: weil eine entsprechende Entsorgungs-Infrastruktur erst noch geschaffen werden müsste. Und mit ihr eine veränderte Abholungs-Technik. Die Lkws beauftragter Firmen, müssten den neuen Herausforderungen angepasst und statt Kran mit saugstarken Rüsseln ausgestattet sein. (GEA)