REUTLINGEN. Hehre Ziele formuliert der Verein »Köpfe für Reutlingen« auf der M59-Internetseite. 2025 werde »ein Grund zum Feiern«, ein Jahr, »in dem wir das Projekt Biosphären-Manufaktur realisieren«. Nach dem bisher Erreichten stehen da quartalsweise Bausteine einer Erfolgsgeschichte in spe: Bürger informieren, Pläne vorstellen, Gespräche mit Breuninger fürs ehemalige Kaufhaus am Marktplatz weiterführen, Bürgergenossenschaft gründen - und schließlich den Biosphärenmarkt mit Manufakturenhalle eröffnen. Das ist nun Makulatur. Denn die Verhandlungen mit Breuninger sind gescheitert.
»Konnten Rahmenbedingungen nicht zustimmen«
Die Information aus dem M59-Newsletter bestätigt Reiner App, einer der Initiatoren und Sprecher hinter dem Zukunftskonzept Biosphärenstadt Reutlingen, als dessen Leitprojekt das Vorhaben gilt. »In der Entscheidungsphase haben sich die Rahmenbedingungen so entwickelt, dass wir nicht zustimmen konnten.«
»Zu unserem Bedauern«, betont App und blickt zurück: Nachdem das Mode-Unternehmen vor eineinhalb Jahren verkündet hatte, die Reutlinger Filialen zu schließen, habe er dessen CEO kontaktiert und gefragt, ob der Konzern das Haus am Marktplatz behalten und vermieten wolle. Als dies bejaht wurde, habe er ihm das Konzept des M 59 - der Name ergibt sich aus dem M für Manufakturenhalle und der Hausnummer des ursprünglich vorgesehenen Standorts in der Metzgerstraße 59 - erläutert. »Er hat sich überraschend begeistert«, erzählt App. So seien die Gespräche aufgenommen worden. Über deren Inhalt und Verlauf darf er nichts preisgeben, doch ein Zusammenkommen schien im Bereich des Möglichen. »Breuninger war bemüht«, resümiert er. »Ich kann nichts Schlechtes über das Unternehmen sagen.«
»Unterstützung ist wichtig, denn es gibt viele Hürden«
Vorläufig bleibt das M 59 damit eine »Genossenschaft in Gründung«. Denn die Grundlage für eine Zertifizierung durch den baden-württembergischen Genossenschaftsverband ist die Überprüfung der Geschäftstätigkeit. Die setzt einen Businessplan voraus. Den haben die mehr als ein Dutzend Engagierten zwar mit namhaften Experten ausgearbeitet, doch dessen Basis ist ein Standort, wie der Strategieberater erklärt. Also: Ohne Mietvertrag keine Genossenschaft - obwohl bereits 582 Absichtserklärungen unterzeichnet wurden von Menschen und Organisationen, die bereit sind, Anteile à 250 Euro dafür zu ordern.
Am Ziel, eine Biosphären-Manufaktur zu eröffnen, halten App und seine Mitstreiter fest. Zumal sowohl die Wirtschaftsförderung der Stadt als auch die Rathausspitze und der Gemeinderat ihm zusicherten, dass M 59 weiterhin oberste Priorität für die Belebung der Innenstadt habe. »Das ist wichtig, denn es gibt viele Hürden.« Die Region sei einer der am meisten vom aktuell düsteren Konjunktur- und Konsumklima betroffenen Räume. Aber das Projekt passe perfekt, auch zu Plänen fürs Wendlerareal, die Post und Stoll.
Sobald die Breuninger-Absage bekannt wurde, gingen bei ihm Mietangebote ein. Auch aus Nachbarstädten. Doch App und der Verein wollen an der "weltweit einzigen Großstadt, die ihre Innenstadt in die Gebietskulisse eines Biosphärengebiets einbringt" festhalten. Und gemeinsam weiter ein Zeichen setzen – "dafür, dass unsere Innenstadt und Region lebenswert, liebenswert und höchst vital sind", wie die M59-Website verkündet. "Wir arbeiten jetzt noch intensiver dran, dass Vermieter sich der Zahlungsfähigkeit unserer Manufakturen anpassen , weil sie erkennen, wie seriös, einmalig und auf Dauer angelegt das Vorhaben ist." (GEA)

