REUTLINGEN. »Das wäre ein Glücksfall für uns.« So viel sagt die Presseabteilung der Stadt Reutlingen. Mehr wird zum Thema Kunstdepot für die Schätze des Kunstmuseums Reutlingen offiziell noch nicht bekanntgegeben. Neugierig geworden sind Kunstliebhaber, nachdem die Reutlinger Kulturamtsleiterin Anke Bächtiger bereits bei der Eröffnung der beiden aktuellen Ausstellungen im Spendhaus Mitte März öffentlich gemacht hatte, es sei eine Lösung gefunden für die unbefriedigende Situation, dass die deutschlandweit einzigartige Sammlung mit rund 20.000 Arbeiten zwischen Jugendstil- und Gegenwartskunst im Keller des Rathauses lagert.
Stephan Rößler, der seit einem Jahr die Gesamtleitung des Kunstmuseums mit seinen drei Abteilungen Spendhaus, Konkret und Galerie innehat, bestätigt auf GEA-Nachfrage, Bächtiger habe sich in der Tat »sehr zuversichtlich« geäußert »zu den derzeitigen Verhandlungen, die mit einem Immobilieneigentümer geführt werden«. Auch er bleibt zurückhaltend. Im Hintergrund stünden »konkrete Vorplanungen von unserer Seite, eine bestehende Immobilie in Reutlingen kostengünstig und nachhaltig zu einem Kunstdepot mit aktuellen Standards umzubauen«. Die Museumsleitung sei »aktuell sehr zuversichtlich, dass wir kurz vor einer Lösung eines seit vielen Jahren bestehenden Problems sind«.
Warten auf die Vertragsunterzeichnung
Er ging ebenso wie die Stadtverwaltung Anfang April davon aus, dass der Mietvertrag in den folgenden Wochen unterzeichnet werde. Im Raum stand wohl der 1. Mai, durch Urlaube und Feiertage kam es im formalen Verlauf zu kleinen Verzögerungen. Deshalb werden bislang weder Namen noch Adresse genannt.
Intern erfuhr etwa der Verein der Freunde des Spendhauses in einer Mitgliederversammlung bereits etwas mehr. Dessen Vorsitzender Wilfried Thron nennt ein bestehendes Gebäude im Laisen, das für ein von den Freunden bereits seit 20 Jahren angestrebtes Depot infrage käme, »hervorragend«. Bezüglich der Größe ebenso wie der überdachten Anliefermöglichkeit. Das Objekt eigne sich »fast für ein Schaulager«. Thron hebt hervor, dies biete nicht nur eine Lösung für die Städtische Kunstsammlung mit Grafiken, Gemälden und Skulpturen, sondern auch für die rund 800 Arbeiten der Sammlung Konkrete Kunst. »So könnten wir das Erdgeschoss der Wandelhalle freikriegen, einen wunderschönen großen Raum. In Sachen Kunst wären wir dann super aufgestellt.«
Museumsleiter ergriff die Initiative
Thron betont, dass die sich abzeichnende Mietsache auf Rößlers Initiative zurückgeht. Auf den Beschluss des Gemeinderats, für die wertvollen Sammlungen keinen Neubau erstellen zu lassen, sondern lieber ein Gebäude langfristig anzumieten, habe sich der Museumsleiter vom ersten Arbeitstag in Reutlingen an dafür eingesetzt, »das zu stemmen« - und dafür etwa unermüdlich kunstaffine Immobilienbesitzer angesprochen. Auch für den erfahrenen Galeristen wäre der nun gefundene Vermieter ein Glücksfall, eine »tolle Geschichte«.
Denn das derzeit als Magazin genutzte Untergeschoss des Rathauses mit direkt darüber verlaufenden Versorgungsrohren sei suboptimal. Bereits 2019 war der Versicherungswert der Sammlung mit 19 Millionen Euro angegeben worden. Für die noch bis 29. Juni gezeigte Schau »Shine Bright Like a Diamond« hat Stephan Rößler Farbholzschnitte von Größen wie Paul Gauguin, Emil Orlik, Ernst Ludwig Kirchner, Pablo Picasso, aber auch zeitgenössische Positionen von Robert Mangold, Jörg Immendorff und Jonathan Meese aus dem Fundus geholt. Die zweite derzeitige Spendhaus-Ausstellung mit Werken der Holzschnitt-Förderpreisträger Elisa Lohmüller und Daniel von Alkier geht am 8. Mai, 18 Uhr, mit einer Finissage zu Ende. Dabei wird zu Musik und Getränken der Begleit-Katalog vorgestellt. (GEA)
