REUTLINGEN. Eine gute Nachricht für alle Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen des Landkreises Reutlingen ist der einstimmige Beschluss des Kreistages zur regionalen Schulentwicklung. Denn damit werden in der Region die Weichen für eine sichere Zukunft an allen vier Standorten – Reutlingen, Metzingen, Münsingen und Bad Urach – gestellt. Was jetzt folgt, ist eine Planung im Detail, die im Dialog mit Schulleitungen und Ausbildungsbetrieben sowie weiteren Akteuren erarbeitet werden soll.
Damit setzt der Kreis trotz klammer Kassen um, was Landrat Dr. Ulrich Fiedler bei jeder Gelegenheit betont: Bildung gehört gemeinsam mit der Gesundheitsvorsorge zu den Kernaufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge, an denen möglichst nicht gespart wird.
Erhalt aller Standorte
Der Grundsatzbeschluss besteht aus fünf Stichpunkten. An erster Stelle wird festgelegt, dass alle bisherigen Schulstandorte erhalten bleiben sollen. Direkt danach folgt das Ziel der »Bildung von Kompetenzzentren«, mit denen die Konzentration spezifischer Berufsfelder an den jeweiligen Standorten gemeint ist, »um eine hohe Ausbildungsqualität zu gewährleisten und Doppelstrukturen zu vermeiden«. Was sich dahinter tatsächlich verbirgt, muss sich erst noch zeigen – und dürfte für intensive Diskussionen führen, weil vermutlich niemand gerne einfach so Angeboten abgibt.
Langfristiger Sanierungsplan
Wesentlich ist für den Kreistag auch eine nachhaltige Infrastruktur. Umgesetzt werden soll ein langfristiger Sanierungs- und Investitionsplan »unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte«. Die dem Kreistag vorgestellte Bestandanalyse sieht hier jede Menge rot. So bestehe etwa in der Theodor-Heuss-Schule Reutlingen dringender Handlungsbedarf in den Bereichen Bauwerk und technische Anlage, Brandschutz, Schadstoffe und Investitionen. Warnfarben zeigen auch weitere Institutionen, wovon sowohl Schüler als auch Lehrer ein Lied singen können.
»Klare strategische Leitlinien« sollen laut Kreistags-Drucksache Planungssicherheit für Schülerinnen und Schüler sowie Ausbildungsbetriebe und Lehrkräfte bringen. Abschließend betont der Beschluss, dass dieses gesamte und Jahre dauernde Verfahren transparent ablaufen soll. Festgeschrieben wird die »regelmäßige Einbindung aller Betroffenen in den Planungsprozess durch die Dialoggruppe«. Die Beteiligung der politischen Entscheider erfolge über den Kreistag und seine Gremien.
Die aktuelle Grundsatzentscheidung schließt sich nahtlos an bereits 2019 erarbeitete Leitlinien an, mit denen der Kreis sowohl die Bildungsvielfalt erhalten als auch die Stärkung der Schulstandorte und eine langfristige Planungssicherheit erreichen will. Seitdem gab es mehrere Workshops und Beteiligungsverfahren sowie die Erstellung erster Modellvarianten zur regionalen Schulentwicklung. Dies alles vor dem Hintergrund einer stark veränderten Bildungslandschaft.
Sinkende Schülerzahlen
Seit 2019 ist die Schülerzahl an den beruflichen Schulen um rund 19,1 Prozent gesunken, »was weit über dem landesweiten Durchschnitt von 11,6 Prozent liegt«, wie das Kreisschulamt feststellt. Besonders betroffen seien die kaufmännischen und technischen Berufsschulen, während im Bereich Pflege und Gesundheit ein leichter Anstieg zu verzeichnen sei. Klare Konsequenz an einem Beispiel: Weniger technische Berufsschüler brauchen auch weniger Werkstätten. Die Berufskollegs und beruflichen Gymnasien hätten hingegen einen Rückgang der Schülerzahlen von bis zu 35 Prozent zu verzeichnen, was unter anderen auf die geänderten Bildungsentscheidungen von Jugendlichen zurückgeführt wird. »Es geht darum, was die Berufsschüler von morgen interessiert«, betont Daniel Stückle, Leiter des Kreisschulamtes.
Umsetzung in mehreren Phasen
»Für uns ist der Grundsatzbeschluss wie ein Startschuss«, sagt Stückle. Denn jetzt wartet eine Menge Arbeit auf alle Beteiligten. Von 2025 bis 2028 sollen detaillierte Planungen erstellt und erste Maßnahmen umgesetzt werden. Laut Kreistagsvorlage »darunter die Konsolidierung der Kompetenzzentren sowie die Optimierung der schulischen Infrastruktur«. Ab 2026 beginne die schrittweise Umsetzung des langfristigen Infrastruktur- und Sanierungsplanes. Bauliche Maßnahmen sollen priorisiert werden, »die eine unmittelbare Verbesserung der Lernbedingungen ermöglichen«. Parallel dazu möchte der Kreis die Anpassung der Bildungsangebote laufend überprüfen, »die sich an den wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes orientieren«. Wer jetzt alles buchhalterisch betrachtet, kommt zum Ergebnis: Bildung lässt sich der Kreis viele Millionen kosten. (GEA)