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Reutlinger FWV regt zentrales Portal für Pflegeheimplätze an

Die Suche nach einem Pflegeheimplatz gestaltet sich mangels freier Kapazitäten meist zeitaufwendig. Weil nicht ersichtlich ist, welcher Anbieter über Vakanzen verfügt, müssen Suchende Einrichtungen auf gut Glück einzeln abklappern. Um für mehr Transparenz zu sorgen, regt Reutlingens Freie Wählervereinigung die Schaffung eines zentralen Digital-Portals an, das auf einen Klick beziehungsweise Blick Auskunft darüber gibt , wer wo was anzubieten hat.

Pflegeheimplätze sind zu dünn gesäht, weshalb sich die Suche nach Vakanzen fast immer zäh und zeitaufwendig gestaltet.
Pflegeheimplätze sind zu dünn gesäht, weshalb sich die Suche nach Vakanzen fast immer zäh und zeitaufwendig gestaltet. Foto: Sina Schuldt
Pflegeheimplätze sind zu dünn gesäht, weshalb sich die Suche nach Vakanzen fast immer zäh und zeitaufwendig gestaltet.
Foto: Sina Schuldt

REUTLINGEN. Wenn Oma nach einer Operation nicht mehr auf die Beine kommt, wenn Unfälle kerngesunde Menschen von jetzt auf nachher zu Pflegefällen werden lassen oder altersbedingter körperlicher und geistiger Abbau irgendwann dazu zwingt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, dann ist dies oft der Beginn einer Odyssee. Sind vakante Pflegeheimplätze - gleichgültig ob stationär oder ambulant - doch Mangelware. Was dazu führt, dass Kümmerer von Pontius bis Pilatus laufen, telefonieren oder schriftlich korrespondieren müssen, um einen verfügbaren Pflegeplatz aufzuspüren.

All das kostet Zeit, Kraft und Nerven, kommt zuweilen der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen gleich. Und: Es zermürbt. Weil Aufwand und Ertrag in keinem akzeptablen Verhältnis zueinander stehen.

Informationen per Klick auf einen Blick

Kein Wunder also, dass vor diesem Hintergrund immer mal wieder Rufe nach einer zentralen Anlaufstelle - nennen wir sie digitale Pflegeplatzbörse - laut werden: damit Suchende nicht mühsam und auf gut Glück jede Einrichtung einzeln abklappern müssen, sondern auf einen Blick beziehungsweise Klick in Erfahrung bringen können, wer wo was anzubieten hat oder eben auch nicht.

Aktuell ist es die Fraktion der Freien Wählervereinigung im Reutlinger Gemeinderat, die sich des Themas annimmt. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Thomas Keck fordert die FWV die Stadtverwaltung dazu auf, Möglichkeiten zur Schaffung einer kommunalen, besser noch kreis- oder sogar landesweiten Pflege-Plattform zu prüfen. Auf dass in absehbarer Zeit Schluss mit Pontius und Pilatus sei, statt ihrer ein transparentes Online-Portal Einzug halte und die Zusammenführung von Anbietern und Abnehmern künftig besser, weil effizienter klappen möge.

Beruhigend, wenn man seine pflegebedürftigen Lieben in guten, professionellen Händen weiß.
Beruhigend, wenn man seine pflegebedürftigen Lieben in guten, professionellen Händen weiß. Foto: Marijan Murat/dpa
Beruhigend, wenn man seine pflegebedürftigen Lieben in guten, professionellen Händen weiß.
Foto: Marijan Murat/dpa

Klingt gut. Aber ist das tatsächlich darstellbar? Klares Ja, wie das Beispiel Bayern beweist. Hier nämlich ging vor ziemlich genau einem Jahr der digitale Pflegefinder Bayern ans Netz, in den zwischenzeitlich - bei steigenden Zugriffszahlen - über 2.000 Heime und ambulante Dienstleister ihre Services und Vakanzen (tagesaktuell) einspeisen. Was laut Medienberichten etwa der Hälfte aller im Freistaat vorhandenen Pflegeanbieter entspricht. Ebenfalls auf dem Portal präsent: Beratungsangebote von Pflegestützpunkten und Fachstellen.

Bereit fürs bayerische Modell?

Damit Bekanntheitsgrad und Akzeptanz weiter steigen, soll das Pflege-Portal des Freistaats jetzt außerdem durch eine von Ministerin Judith Gerlach initiierte PR-Kampagne befeuert werden. Denn noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen.

Vorbildcharakter könnte es trotzdem haben. Deshalb mal bei der Stadtverwaltung und den beiden großen örtlichen Pflege-Einrichtungen Reutlinger Altenhilfe (RAH) und Bruderhaus-Diakonie nachgehakt: Können sie sich für den Vorstoß der FWV und das bayerische Modell erwärmen?

Nun, im Rathaus mag man sich dazu nicht äußern. Die Presseabteilung dankt der Lokalredaktion zwar für die Anfrage, lässt aber mitteilen, dass der FWV-Antrag zu gegebener Zeit im Rahmen einer Ausschuss-/Gemeinderatssitzung behandelt oder direkt gegenüber der Fraktion beantwortet wird. Die Verwaltung, heißt es weiter, werde vorab keine presseöffentliche Stellungnahme abgeben.

Freie Plätze zentral sichtbar machen

Anders die Bruderhaus-Diakonie, die, wie Verena Münch von der Geschäftsfeldleitung Altenhilfe wissen lässt, eine zentrale Informationsplattform für freie Pflegeplätze in Baden-Württemberg begrüßen würde. Ein solches Portal, so Münch, sollte tunlichst auf Landes- zumindest aber auf Landkreisebene zur Verfügung gestellt werden - »mit einer Schnittstelle zu den jeweiligen Einrichtungen, um so freie Plätze zentral sichtbar zu machen«. Eine ausschließlich kommunale Lösung im Kleinkleinchen hält die Bruderhaus-Diakonie indes für eher unglücklich. Begründung: Sie würde höhere Kosten und höheren Personalaufwand nach sich ziehen.

Ein Aspekt, den auch RAH-Geschäftsführer Timo Vollmer anspricht, um im selben Atemzug darauf hinzuweisen, dass »sein« Betrieb bereits vor zehn Jahren ein zentrales Belegmanagement eingeführt hat. Allerdings ein rein internes, das die derzeit sechs Häuser mit insgesamt 353 Dauerpflegeplätzen vernetzt. Das Plus für Platzsuchende: Es gibt nur eine Telefonnummer und eine Mailadresse für alle sechs Einrichtungen und damit Informationen aus einer Hand.

Keine Doppel- oder Dreifachstrukturen schaffen

Grundsätzlich, sagt Vollmer, sei die RAH offen für den Beitritt zu einem digitalen Gemeinschaftsportal. Allerdings nur dann, »wenn dadurch keine Doppel- oder Dreifachstrukturen« entstünden. In diesem Zusammenhang gibt der RAH-Chef zu bedenken, dass in Reutlingen an den Kreiskliniken ja bereits Networking betrieben wird. Re-Care-Programm nennt sich das Netzwerk, an dem die RAH schon heute mitwirkt und in Kooperation mit dem Steinenberg Anschlusspflege nach Operationen managt. Dieses System, meint Timo Vollmer, ließe sich ausbauen - ohne das Rad andernorts neu erfinden zu müssen.

Nachfrage übersteigt das Angebot

Jedoch: »Was nützt das schönste Portal, wenn es keine zu vermittelnden Plätze gibt?« Dass der Kreis Reutlingen diesbezüglich unterversorgt ist, sei kein Geheimnis. »Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Vakanzen sind sofort belegt.« Was auch für die Bruderhaus-Diakonie gilt, die Wartelisten führt und freie Plätze unverzüglich mit »Nachrückern« füllt.

Das, betont RAH-Geschäftsführer Timo Voller, ist der Knackpunkt. Wo keine freien Plätze sind, sei jedes noch so clevere Portal mausetot. (GEA)