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Aktuell Protest

Reutlinger Demo-Organisatoren grenzen sich von Rechtsextremen ab

Bundesweiter Protesttag »Gemeinsam für Deutschland«: Reutlinger Organisatoren beteuern, keine Rechtsradikalen auf ihrer Demo zu wollen.

Kevin Brückmann (rechts) und Jan Razvan haben vor der Demonstration das Gespräch mit der Presse gesucht.
Kevin Brügmann (rechts) und Jan Razvan haben vor der Demonstration das Gespräch mit der Presse gesucht. Foto: Andrea Glitz
Kevin Brügmann (rechts) und Jan Razvan haben vor der Demonstration das Gespräch mit der Presse gesucht.
Foto: Andrea Glitz

REUTLINGEN. 1.000 angemeldete Sympathisanten für die Bewegung »Gemeinsam für Deutschland« (GfD), rund 6.500 Gegendemonstranten von verschiedenen Gruppen: Reutlingen wird am morgigen Samstag wieder Protest-Hotspot (der GEA berichtete). Die hiesigen Organisatoren des früheren Coronamaßnahmen-Widerstands in Reutlingen (»Ich-mach-da-nicht-mit«) folgen einem bundesweiten Demonstrationsaufruf der GfD und sehen sich im Vorfeld dem Vorwurf ausgesetzt, die GfD-Bewegung biete auch den Rechtsextremen ein Forum.

Zuletzt waren bei einem GfD-Protesttag Ende März auch in Stuttgart neben Impfgegnern, Friedensbewegten und Staatsverdrossenen wieder stramme Rechte unterwegs: etwa Anhänger der neuen rechtsextremistischen Jugendgruppierung »Unitas Germanica« oder die Gruppierung »Zollern-Jugend Aktiv«.

»Wir dulden nichts Extremes bei uns. Nicht von rechts und nicht von links«

Vor dem Event haben sich die Mitorganisatoren Kevin Brügmann und Jan Razvan an den GEA gewandt. Sie betonen, man wolle sich klar gegen Rechtsextremisten abgrenzen: von den Reichsbürgern bis hin zu Anhängern der Neonazi-Kleinpartei »Der III.Weg«, die schon bei früheren Demos in Reutlingen mitgemischt haben. »Die kommen. Aber die kriegen Gegenwind von uns«, beteuern die beiden. »Die haben nichts bei uns verloren. Wir hassen die wie die Pest.«

Wie stark dieser Wind bläst, wird sich am Samstag zeigen. Man wolle solche Gruppen »separieren«, sagt der 39-jährige Krankenpfleger Brügmann, der zu Coronazeiten zeitweise wegen seiner Impferweigerung den Job verloren hatte. Dass die Unzufriedenen seit den Coronaprotesten rechtsextremen Gruppierungen den Roten Teppich für Auftritte ausrollen, sei für die Reutlinger Protestorganisatoren stets ein rotes Tuch gewesen, beteuern sie: »Das pisst uns an. Wir dulden nichts Extremes bei uns. Nicht von rechts und nicht von links«, sagt Brügmann und fügt hinzu, wie der 47-jährige Groß- und Außenhandelskaufmann Jan Razwan auch, komme er »eher aus der linken Ecke«.

Was sind die neuen Themen der Reutlinger nach dem Kampf gegen die Corona-Maßnahmen? Ein Hauptthema sei der Frieden. »In der Ukraine und überall auf der Welt.« Der ist ihrer Auffassung nach nur ohne weitere Waffenlieferungen in die Ukraine herzustellen. Keine Sonderfonds für Aufrüstung. Stattdessen mehr Geld für Schulen, Kindergärten, bessere Infrastruktur und das kränkelnde Gesundheitssystem. Eine Schuldenobergrenze, um die übermäßige Belastung kommender Generationen zu verhindern, sind weitere Forderungen. Und: »Gute Einwanderung«, wie Brügmann sie nennt, »von Fachkräften und Menschen, die die hiesigen Werte teilen und sich einfügen.« Wer schwere Verbrechen begehe, habe nichts in Deutschland verloren. Das gelte eigentlich auch für Deutsche, sagt Brügmann. »Die Herkunft ist egal.«

»Dass Wahlversprechen nichts mehr gelten, stärkt die AfD«

Generell staatsverdrossen seien sie nicht, betonen beide. Auch keine Demokratiefeinde. Im Gegenteil. Die Demokratie sei ihnen "das höchste Gut". Doch solle dann auch die Mehrheit regieren, fordert Brügmann. "Und die ist schwarz/blau." Mehr direkte Demokratie durch Volksabstimmungen wünscht man sich ebenfalls. »Dass Wahlversprechen nichts mehr gelten, stärkt die AfD«, sagt Razwan. Brügmann hat aus dem Eindruck, dass "egal, was man wählt, sich nichts ändert" bei der letzten Wahl ein Kreuzchen gemacht bei eben dieser AfD – als "Protestwähler". All dies passt recht gut ins Portfolio der Bewegung "Gemeinsam für Deutschland". Was Brügmann und seine Mitstreiterinnen und -streiter bewegt hat, den GfD-Protesttag auch in Reutlingen stattfinden zu lassen.

Um 14 Uhr startet die Veranstaltung auf dem Festplatz Bösmannsäcker. Der Tross will dann gen Altstadt marschieren. Auf dem Marktplatz wollen die Organisatoren »Friedensbilder« produzieren, mit einer Friedenskünstlerin, mit roten Rosen und weißen Luftballons.

Im Reutlinger Rathaus und bei der Polizei bereitet man sich derweil auf einen arbeitsreichen Tag vor. Im Rathaus ist Anmelder Kevin Brückmann von früheren Demonstrationen bekannt. Er sei »nicht dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnen«, heißt es aus dem Ordnungsamt. (GEA)