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Aktuell Stadthaushalt

Reutlingen muss weiter sparen

Die finanzielle Lage der Stadt Reutlingen hat sich nicht verbessert: Das macht auch der zweite Zwischenbericht zum Etat 2025 klar. Immerhin: Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt nur ganz leicht an.

Leere Taschen: Die Stadt Reutlingen muss im Hinblick auf die kommenden Jahre weiter sparen.
Leere Taschen: Die Stadt Reutlingen muss im Hinblick auf die kommenden Jahre weiter sparen. Foto: Frank Pieth
Leere Taschen: Die Stadt Reutlingen muss im Hinblick auf die kommenden Jahre weiter sparen.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Der Reutlinger Stadtkämmerer Frank Pilz hatte für die Mitglieder des Finanzausschusses am Dienstag »nicht ganz so gute Nachrichten«: Hatte sich im Mai das »negative ordentliche Ergebnis« des  städtischen Nachtragshaushalts 2025  von bisher rund 5,3 Millionen Euro um 8 Millionen auf 13,3 Millionen Euro verschlechtert, so stieg dieser Wert inzwischen um 10 Millionen auf Ende September knapp 15,4 Millionen Euro.

Der Zahlungsmittelüberschuss jedoch, der sich zuletzt auf insgesamt 0,3 Millionen Euro reduziert hatte, erhöht sich zugleich auf 10,9 Millionen. So war es möglich, Schulden zu tilgen. Dadurch fiel der Gesamtschuldenstand der Stadt zuletzt mit etwas mehr als 143 Millionen Euro geringer aus als befürchtet. Einschließlich der Eigenbetriebe sind es 353,8 Millionen. Da Reutlingen zum Stichtag gegenüber der jüngsten Prognose mit 117.434 jedoch 90 Einwohner und Einwohnerinnen mehr hatte, steigt die Pro-Kopf-Verschuldung leicht, auf 1.220 Euro.

Was PayPal mit dem kommunalen Haushalt zu tun hat

An den Gewerbesteuereinnahmen liegt es nicht, die erreichen zum Jahresende wohl 71,5 Millionen Euro - und damit mehr als geplant. Energiewende und der Ukrainekrieg seien nicht schuld, betonte Pilz. Sorge bereite eher die seit 2018 zu beobachtende Deindustrialisierung, dank der heute Banken und Versicherungen am meisten beisteuern - denen nun PayPal, Apple-pay und Klarna zunehmend Konkurrenz machen. Pilz zufolge ist klar, das Wirtschaftswachstum wird stagnieren. Gegensteuern kann man nur, indem man Geld unter die Leute bringt. Da gelte es, den Vorlauf zu verkürzen.

Neue Tarifabschlüsse erhöhten die Personalkosten, bei der digitalen Ausstattung gebe es »relativ brutale Steigerungen«, und »die Sozialleistungen fressen uns bundesweit auf«. Am Verwaltungsvorschlag ändert all das nichts. Die haushaltswirtschaftliche Sperre soll aufrechterhalten bleiben. Das heißt: weiterhin sparen. Den Ausschussmitgliedern riet er, die anstehenden Projekte - Rathaussanierung, Klinikum und Regionalstadtbahn - weiter zu konsolidieren und dabei auf »ordentliche Folgekostenberechnungen« zu achten. »Bleiben Sie zuversichtlich.«

Reaktionen aus den Fraktionen

Andreas Benz (CDU) nahm diesen zweiten Finanzzwischenbericht des Jahres »mit einem lachenden und einem weinenden Auge« zur Kenntnis. Georg Leitenberger (FWV) sieht die Lage »eher mit 'nem blauen Auge« und kritisierte die »Mogelpackung des Landes«, die »uns spätestens zum Jahresende einholen« werde. Er lobte, Gemeinderat und Verwaltung hätten bei der Grundsteuer »eine Punktlandung hingelegt« und »Konsolidierungsmaßnahmen schon vor Jahren aufs Gleis gesetzt«. Aber: »Jetzt sind wir am Limit.« Wie Helmut Treutlein (SPD) appellierte er an Bund und Länder, »die Kommunen endlich auskömmlich auszustatten«. Treutlein betonte, ohne eine diesbezügliche Änderung »werden die Lücken nicht zu schließen sein«.

Das Fazit von Njeri Kinyanjui (Grüne): »Es nutzt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir müssen Rathaus und Regionalstadtbahn weiter planen. Uns bleibt nichts anderes übrig. Wir werden in Zukunft kleinere Brötchen backen müssen.«

Vorschläge zu Software und KI

Timo Widmaier (Linke) und Marco Wolz (WiR) regten an, sich zur Kostensenkung bei der Rathaus-Ausstattung an freie Software zu wagen, statt an kommerziellen US-Tech-Konzernen festzuhalten. Wolz kritisierte, »wir kümmern uns zu viel um Bauten statt um innere Ertüchtigung« - das bezog er auf die Digitalisierung innerhalb der Verwaltung. Hansjörg Schrade (AfD) bemängelte, man dürfe bezüglich Künstlicher Intelligenz aufgrund juristischer Bedenken »nicht alles bremsen«.

»In der Stadtverwaltung sind keine Hinterwäldler unterwegs«, erwiderte darauf Dr. Karsten Amann (Grüne/ Unabhängige): »Dass die Welt sich fortentwickelt und Reutlingen stehen bleibt, ist ein total verzerrtes Bild.« Stattdessen danke er dem Team und sei stolz drauf. Auch Mert Akkeceli (SPD) verteidigte den Datenschutz und die Verantwortung der Mitarbeiter und Amtsleiter, die, »wenn was schiefgeht«, haften müssen.

Sorgenvoller Ausblick

»Digitalisierung ist ein weites Feld«, gab Pilz zu bedenken. »Wir alleine bewegen da nichts. Wenn, dann brauchen wir das für ganz Europa. Nicht, dass jede Kommune vor sich hinwurstelt und einen Haufen Geld versenkt.« Auf die Rufe nach mehr Geld vom für Kommunen zuständigen Land entgegnete der Amtsleiter der Kämmerei, Baden-Württemberg habe da etwa im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen noch viele Spielräume. »Aber wir müssen im nächsten Doppelhaushalt auch unseren Teil anpacken.« Deshalb gestand Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Roland Wintzen: »2025 macht mir noch nicht mal die großen Sorgen, sondern 2026/27 und die Folgejahre.« (GEA)