REUTLINGEN. Eigentlich waren es nur Routine-Überprüfungen im Zuge der geplanten Generalsanierung des Reutlinger Rathauses. Doch die Arbeiter fanden am Dach des Ratssaalgebäudes etwas, das schnelles Handeln notwendig macht. Die Decken über Foyer, mittlerem und großem Ratssaal sind über sogenannte Abhänger nach oben an den überspannenden, außenliegenden Stahlbetonträgern aufgehängt (auf der Luftaufnahme gut erkennbar). Und 56 dieser Dachabhängungen sind »in keinem so guten Zustand«, wie es Kathrin Berger, Chefin des Gebäudemanagements, ausdrückt.
Zum einen wurde Weißrost an diesen Abhängungen gefunden, der - laut einer städtischen Vorlage - jedoch »primär nicht das Tragverhalten schmälert«. Zum anderen »hat sich mittlerweile eine bräunlich-gelbe Korrosion gebildet«, heißt es weiter. Es besteht die Gefahr, dass einzelne Abhängungen »substantiell geschädigt werden« und die Tragfähigkeit des gesamten Daches nachlässt. Alle von Korrosion betroffenen Abhängungen stehen unter Zugbelastung. »Das Versagen eines einzelnen Abhängers kann zum Kollaps des gesamten Dachtragwerks führen«, heißt es in der städtischen Vorlage weiter.
»Das Versagen eines einzelnen Abhängers kann zum Kollaps des gesamten Dachtragwerks führen«
Für die Stadt besteht also schleunigst Handlungsbedarf. Die Dachabhängungen sollen nun mit sogenannten »Revisionsvorrichtungen« ummantelt werden. Heißt: Zur Wartung können einfach immer wieder die Klappen dieser Ummantelungen geöffnet werden. Dann kann ein Fachmann überprüfen, ob die Korrosion weiter fortgeschritten ist und ob sich die Abhängungen noch in einem sicheren Zustand befinden. Eigentlich sieht der TÜV nur alle vier bis fünf Jahre eine Überprüfung der Tragfähigkeit von Gebäuden wie dem Ratssaal-Komplex vor. Doch der vorgefundene Zustand mache nun eine jährliche Wartung unumgänglich, so Kathrin Berger.
In einem ersten Schritt soll nun Ende Mai oder Anfang Juni ein Aufzugsturm an der Seite, die zum Restaurant Joli zeigt, aufgebaut werden. Zunächst soll ein Prototyp der geplanten Ummantelungen auf dem Dach eingebaut werden. Wenn er den Anforderungen entspricht, soll er auf alle 56 betroffenen Dachabhängungen angewendet werden. Der Einbau dieser Hilfsvorrichtungen kostet die Stadt 230.000 Euro, so Berger. Das werde aus den laufenden Mitteln zur Gebäudeunterhaltung bezahlt. Die dann jährlich stattfindenden Überprüfungen kosten jeweils 85.000 Euro. Ziel ist es, die Verkehrssicherheit des Gebäudes zu erhalten und zu vermeiden, dass mit der Dachsanierung begonnen werden muss. Denn diese war eigentlich nicht als erste Maßnahme bei der Generalsanierung des Rathauses vorgesehen. (GEA)