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Rapper und Hip-Hop-Tänzer proben für Show im Echazhafen Reutlingen

Empowerment bieten wöchentliche Workshops im Reutlinger franz.K für junge Menschen. Die führen am Samstag, 12. Juli, Rap und Street Dance im Echaz-Hafen auf. Der GEA war bei den Proben.

Die Hip-Hop-Tanz-Gruppe des TALK-Projekts im franz.K bei der Probe für ihre große Show am 12. Juli im Echazhafen. Zweite von lin
Die Hip-Hop-Tanz-Gruppe des TALK-Projekts im franz.K bei der Probe für ihre große Show am 12. Juli im Echazhafen. Zweite von links ist Coach Lisa, in der Mitte im roten Top Chrissie alias Miss FemBé und Zweite von rechts die 16-jährige Marzilla. Foto: Frank Pieth
Die Hip-Hop-Tanz-Gruppe des TALK-Projekts im franz.K bei der Probe für ihre große Show am 12. Juli im Echazhafen. Zweite von links ist Coach Lisa, in der Mitte im roten Top Chrissie alias Miss FemBé und Zweite von rechts die 16-jährige Marzilla.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Junge Menschen stark machen. Gegen jede Art von Ausgrenzung. Diskriminierendes Verhalten erkennen und sich dagegen zur Wehr setzen, dabei helfen Maria Kechaja und ihre Coaches in wöchentlichen Workshops im Reutlinger franz.K. Was dort - kostenlos und inklusiv - mit Mitteln des Hip-Hop entsteht, ist am Samstag, 12. Juli, ab 19 Uhr in der 12. »TALK Show« auf der großen Bühne des Open-Air-Geländes Echazhafen zu sehen - Eintritt frei.

Am Mittwoch feilen die rund 20 Akteure auf der Probebühne im 2. Stock des Kulturzentrums noch an ihren Auftritten: Mazmatic überlegt, ob »die kleine Choreo« zu seinem selbstreflexiven Zwiegespräch sein muss. Dass er beim schnellen Rezitieren zum Rhythmus aus der Boom-Box zwischen zwei Stühlen hin- und herwechselt, bringt den 20-Jährigen aus dem Takt. Besser weglassen, rät Rap-Coach Daro. Schon ist Krex dran, mit »Fire In Your Eyes« zu rockigen Beats. Jannis fühlt sich »fremd wie ein Alien«, Aquariana warnt: »Hands Off My Body!«. Die Texte verfassen die MCs selbst, die Sprache variiert. »Alle hier haben irgendeine Migrationsgeschichte«, sagt Maria Kechaja. »Und viele sind queer. Das ist mehr als akzeptiert, es wird total gefeiert.«

Als Koordinatorin und Empowerment-Coach bekommt sie ganze Lebensgeschichten mit. Daro etwa war »ein kleiner pausbäckiger Junge«, als er vor zehn Jahren zu diesem Talk-Projekt stieß. Neben seinem »normalen Job«, ist Darwan Serin heute Künstler und leitet seit vier Jahren andere aufstrebende Rap-Poeten an - entsprechend dem Hip-Hop-Prinzip »each one teach one«.

Pause am TALK-Workshoptag: (von links) Rapper Antoschka (19) und die beiden Rapperinnen und Sängerinnen Marzilla (16) und Miss F
Pause am TALK-Workshoptag: (von links) Rapper Antoschka (19) und die beiden Rapperinnen und Sängerinnen Marzilla (16) und Miss FemBé (22) auf der Treppe zur Probebühne im franz.K. Foto: Frank Pieth
Pause am TALK-Workshoptag: (von links) Rapper Antoschka (19) und die beiden Rapperinnen und Sängerinnen Marzilla (16) und Miss FemBé (22) auf der Treppe zur Probebühne im franz.K.
Foto: Frank Pieth

Marzilla (16) konnte es kaum erwarten, bis sie alt genug war, um bei Talk mitzumachen. In der Show bezieht sie politisch Position. Aquariana (23), Sozialpädagogin am Jugendhaus Metzingen, produziert ehrenamtlich die Samples und Beats und ist selbst eine talentierte Rapperin, die diesmal vier Songs beisteuert.

Chrissie ist ganz bleich, als sie dazustößt. Sie kommt direkt von der Arbeit in einer Anwaltskanzlei, hilft der Vertreterin des Trägerverein Adis beim Management und steht vor der Veröffentlichung ihres ersten Songs als Miss FemBé. Auf der Bühne rappt die 22-Jährige den hip-hop-typisch mit Anglizismen durchsetzten Refrain »Move, shake, alles was du hast, für negative Vibes gibt es hier keinen Platz!« Und singt gleich darauf mit ihrem Freund Antoschka ein Duett auf Russisch. Coach Daros Hinweis, »Wie lautet die erste Regel? Nie das Mic zuhalten«, nimmt der 19-jährige Schüler gerne an. Nachdem alle nochmal die »Collabo«, ein gemeinsames Stück, durchgegangen sind, fragt Aqua: »Wie stehen wir hinten da?« Bloß nicht zu steif, sagt Jannis. Daro: »Wir sind ja nicht beim Militär.«

Stark machen gegen Diskriminierung aller Art will das Reutlinger TALK-Projekt mit seinen Workshops. Das zeigen die Jugendlichen
Stark machen gegen Diskriminierung aller Art will das Reutlinger TALK-Projekt mit seinen Workshops. Das zeigen die Jugendlichen der Tanz-Gruppe auch am Samstag auf der Echazhafen-Bühne. Foto: Frank Pieth
Stark machen gegen Diskriminierung aller Art will das Reutlinger TALK-Projekt mit seinen Workshops. Das zeigen die Jugendlichen der Tanz-Gruppe auch am Samstag auf der Echazhafen-Bühne.
Foto: Frank Pieth

Die Stücke, die zwischen der Eröffnungs-Collabo und zwei Tanz-Blöcken uraufgeführt werden, sind denkbar unterschiedlich: Ballade, Liebeslied, Deep Track, Partysong. Die Musik, auf die junge Street Dancer im anschließenden Tanz-Workshop ihre Choreografien schufen, gehen in Richtung Latin und Dancehall. Verbindendes Motto: Community und Connection. Nach der Pause sorgt die Frage nach dem T-Shirt-Liefertermin für Aufregung. Dann wird der Notausgangsdienst vergeben, bevor Coach Lisa und Ruben im Kreis als aktuelle »Energy-Level« zwischen eins und drei angeben. »Ich bin bei einer guten Acht«, sagt hingegen Marzilla. Maria Kechaja mahnt, »ey, das ist die Showwoche, da ist immer Stress. Aber ich bin heut' einfach glücklich.« (GEA)

Wofür steht »TALK«?

Der Name des Projekts, Talk, ist die Abkürzung von »Theater und Aktion im Landkreis«. Das inklusive Hip-Hop-Empowerment- und Jugendkultur-Angebot richtet sich an junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren. Es besteht seit 2013, Träger ist der Antidiskriminierungs-Verein Adis aus Tübingen.

In Workshops nutzt Talk zwei Spielarten des Hip-Hop, einer Bewegung, die auf die 1970er-Jahre in den USA zurückgeht, aber auch in Deutschland bis heute eine wichtige Rolle spielt: Rap und Tanz. Dazu gehören Texten, Rappen, Singen, Auswählen und Produzieren der eigenen Musik sowie Street Dance mit eigenen Choreografien. Jeden Mittwoch treffen sich die Coaches und Mitglieder auf der Probebühne des franz.K: von 16 bis 18 Uhr zu Rap, ab 18 Uhr zu Tanz. (dia)