REUTLINGEN. Für die Vorrangfläche ums Käpfle gibt es einen Projektierer: »Wenn es einen Windpark geben wird, dann wird ihn die Firma Schöller realisieren«, ließ die Reutlinger Stadtverwaltung gestern Mittag in einer Pressemitteilung wissen. »Die Wahl der interkommunalen Arbeitsgruppe, die das Interessenbekundungsverfahren begleitet hatte, fiel einstimmig auf den Windkraftanlagenbauer Schöller SI Erneuerbare GmbH – und damit auf ein Reutlinger Unternehmen.«
Die mit dem Vorschlag der Arbeitsgruppe gestartete sogenannte Optionsphase gebe der Firma nun die Sicherheit, dass die beteiligten Kommunen nicht mit weiteren Investoren über die mögliche Windenergienutzung auf der rund 120 Hektar großen Vorrangfläche im Süden Reutlingens, mit einem Pfullinger Anteil von 56 Hektar und einem Gomaringer Anteil von 7 Hektar, verhandeln.
»Die Variante mit den kleinstmöglichen Auswirkungen«
Auf GEA-Nachfrage erläutern die beiden Geschäftsführer des Unternehmens Willi Schöller und Johannes Wild Eckdaten ihres Vorhabens: Nach bisherigem Stand sind auf der – im Regionalplan als RT-TÜ-01 bezeichneten – Fläche nahe des Reutlinger Teilorts Bronnweiler auf einem 120 Hektar großen Areal fünf Windkraftanlagen mit je 275 Metern Gesamthöhe geplant. Jedes Rad soll bis zu 12 Millionen Kilowattstunden pro Jahr produzieren. Tangieren würden die Bronnweiler am ehesten die drei Anlagen, die auf Reutlinger und Gomaringer Gemarkung zu stehen kämen, auf Flächen, die beide in Besitz der Stadt Reutlingen sind. Zwei weitere Räder sollen auf Pfullinger Gemarkung errichtet weden. Einen konkreten Lageplan will man noch nicht herausgeben, »weil sich noch was verschieben könnte«.
Der Mindestabstand zur Bebauung soll circa 900 Meter betragen und damit, so Willi Schöller, »deutlich mehr« als die vorgeschriebene Entfernung. Die Räder würden so weit wie möglich an den Rand des Planareals gen Nordwesten geschoben. Dessen Fläche wurde verkleinert, erläutert der Geschäftsführer. Ursprünglich waren im Regionalplan 274 Hektar eingezeichnet. Als lokaler Mittelständler nehme man aber Rücksicht auf die Bürger und habe daher die Variante mit den »kleinstmöglichen Auswirkungen« ge-wählt. Wären doch bis zu sieben Anlagen auf der Gesamtfläche möglich gewesen. »Nach optimistischer Schätzung« könnten sich die Räder ab 2027/2028 drehen, so Johannes Wild.
Zu den Investitionskosten will man im Unternehmen noch nichts sagen. Gemäß der Firmenphilosophie »regionale Wertschöpfung« soll das Kapital vor Ort eingesammelt werden: bei Firmen, den Stadtwerken und der Bürgergenossenschaft Erneuerbare Energien Neckar-Alb (EENA). Auch Bürger können sich mit Beträgen ab 1.000 Euro aufwärts beteiligen. Der Pachtvertrag würde auf maximal 30 Jahre angelegt. Die Beteiligungen können kürzer laufen.
Zuletzt hatte die Bronnweiler Bürger der Besuch ihres Ortschaftsrates in Baier-eck (Kreis Göppingen) aufgeschreckt, in dem Windräder Anwohner mit lauten Geräuschen plagen (der GEA berichtete). Bisherigen Ermittlungen zufolge sind defekte Getriebe ursächlich für die Geräuschentwicklung. Für die Anlagen auf dem Käpfle verspricht Willi Schöller getriebelose Anlagen vom deutschen Qualitätshersteller Enercon.
Die interkommunale Arbeitsgruppe, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltungen und der Gemeinderäte Reutlingens, Pfullingens und Gomaringens sowie der Bezirksgemeinderäte Bronnweiler, Gönningen und Ohmenhausen zusammensetzt, hatte laut Pressemitteilung aus insgesamt fünf Bewerbern drei potenzielle Projektierer ausgewählt, mit denen Bietergespräche geführt wurden. Nach dem Ende der Optionsphase soll es Ende des Jahres darum gehen, den Windpark zu konkretisieren. Gesprochen wird dabei unter anderem über Abstände zur Wohnbebauung, Umweltauswirkungen, Schallemissionen, Schattenwurf und die Anzahl der Windräder. Die endgültige Entscheidung über die Realisierung der Anlage obliegt dann den Gemeinderäten der beteiligten Kommunen.
»Die Schöller SI überzeugte die interkommunale Arbeitsgruppe durch ihre maßgeschneiderten Beteiligungsangebote und Kommunikationskonzepte für die Öffentlichkeit«, lässt der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck in der Pressemitteilung wissen. Er attestiert dem lokalen Projektierer ein »Fingerspitzengefühl für die angrenzenden Bezirke«, was sich unter anderem an einer schallreduzierten Vorschlagsvariante für den Windpark ablesen lasse.
Auch Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner sieht eine Partnerschaft, die eine »Umsetzung mit Augenmaß« ermögliche und zugleich die regionale Wertschöpfung mit unterschiedlichen Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerschaft und Kommunen stärke. Das gefällt auch Gomaringens Bürgermeister Steffen Heß, der zudem die gute interkommunale Kooperation lobend hervorhebt. (GEA)
INFOVERANSTALTUNGEN
Der Reutlinger Windkraftanlagen-bauer Schöller SI präsentiert sich in den öffentlichen Bezirksgemeinderatssitzungen in Gönningen (8. Mai), Bronnweiler (14. Mai) und Ohmen- hausen (21. Mai). Für Ende Mai ist dann eine große Informationsveranstaltung für eine breitere Öffentlichkeit geplant. (GEA)