REUTLINGEN. In der heutigen Flut flacher Fotos gibt der Photoclub Reutlingen (PCR) guten Bildern Bedeutung. Das schlägt sich immer wieder in Spitzenplätzen bei Wettbewerben nieder. Jetzt ist dem Club beim Printcup 2024 des Deutschen Verbandes für Fotografie eine kleine Sensation gelungen: Zusammen mit dem Titelverteidiger des letzten Jahres, dem Fotoclub »Die Lichtjäger« aus Neuss, teilt sich der Verein den ersten Platz der Clubwertung. Besonders passend, weil die Reutlinger in diesem Jahr den Wettbewerb ausrichten. Demnächst sind alle fotografischen Höhepunkte in der VHS Reutlingen zu sehen. Die Preisverleihung am Samstag, 14. September, um 11 Uhr ist ein Teil der Vernissage. Die Ausstellung bleibt dann bis zum 12. Oktober hängen. Welche Menschen hinter den ausgezeichneten Kunstwerken stecken, wirft ein sympathisches Licht auf ein ziemlich professionell betriebenes Hobby.
Sich selbst ein Bild machen
Der Photoclub Reutlingen ist »eine zwanglose Gemeinschaft von engagierten Hobbyfotografen« und als gemeinnütziger Verein Mitglied im Deutschen Verband für Fotografie e.V. (DVF). Geboten werden gemeinsame Fototermine und Ausflüge,Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene, Bildbesprechungen, Präsentation der eigenen Bilder auf der Webseite, Unterstützung bei der Teilnahme an regionalen und internationalen Fotowettbewerben sowie ein Fachzeitschriften-Umlauf. Wer mitmachen möchte, ist stets willkommen. (GEA) www.photoclub-reutlingen.de
»Chimera« hat Martin Hust sein ausgezeichnetes Schwarz-Weiß-Foto genannt. Es zeigt zwei Lebewesen, die wie eines wirken: Frauchen sitzend auf dem Stuhl, der weiße Hund auf ihren Schenkeln verschmilzt optisch mit ihrem Körper. Einst hat der Schöpfer des Werkes als Intensivmediziner im Klinikum am Steinenberg Leben gerettet, da blieb keine Zeit für die Fotografie. Im sogenannten Ruhestand greift er wieder zu Kamera. »Ich teile mit meiner Frau die Liebe zu Kunst und Museen. Deswegen fotografiere ich dort gerne. Dazu kommt die Porträtfotografie«, erklärt er die Wiederentdeckung eines Hobbys, bei dem der Photoclub Reutlingen (PCR) eine wesentliche Rolle spielt.
»Man lernt, mit der Kamera umzugehen. Man tauscht sich aus, und man hat die Möglichkeit, die Fotos zu vergleichen und dabei zu wachsen«, sagt Husts Frau Elisabeth Schmidt, eine Radiologin. Ihr Gatte erinnert diesbezüglich an ein berühmtes Zitat von Joseph Beuys: »Jeder Mensch ist ein Künstler«, fügt dann selbst hinzu »über die Qualität sagt das wenig«. Im Photoclub entstehen im gegenseitigen Austausch Ergebnisse, bei denen die Grenzen zwischen Amateur- und Profifotografie unsichtbar sind. Jedenfalls arbeiten die Freizeitkünstler mit exzellenten Ausrüstungen, entwickeln die Rohdaten der Kamera selbst, bearbeiten ihre Bilder persönlich nach. Elisabeth Schmidts beim Printcup gewürdigten Foto von der Londoner U-Bahn-Station Canary Wharf ist nicht anzusehen, dass sie einige Personen auf der Rolltreppe spurlos entfernt hat. Wieso ist es wichtig, bei Wettbewerben zu punkten?
Wettbewerbe sind ein Echo für das eigene fotografische Werk, erklären Hust und Schmidt. Je bedeutender der Vergleich, umso besser. "Der Printcup des Deutschen Verbandes für Fotografie ist ein Wettbewerb, bei dem es noch vor zwei Jahren hieß: Da brauchst Du gar nicht mitmachen, weil das Niveau derart hoch ist", sagt der ehemalige Intensivmediziner. Als Leiter der Wettbewerbsgruppe des PCR nennt Horst Hirnung einige Fakten: Über 287 Menschen haben mit 861 Bildern mitgemacht. Jeder Teilnehmer musste in diesem Jahr je ein Papierbild in den Sparten Schwarzweiß, Farbe und zum Thema "Kontraste" einreichen. Der einstige stellvertretende Schulleiter am Mössinger Quenstedt-Gymnasium beschreibt außerdem, dass in jeder Sparte nur 50 Bilder angenommen wurden. "Die Annahmequote lag gerade mal bei 20 Prozent", so Hirning, der auch einen eigenen Reise- und Fotoblog unter der Adresse www.guckloch.org betreibt. Es wurde heftig gesiebt, und auch die Platzierung in der Clubwertung ist deswegen besonders beachtlich.
Denn für die Clubwertung müssen beim Printcup mindestens drei Teilnehmer überhaupt einen der ausgezeichneten Plätze erreichen. Die Wertungen von maximal fünf Mitmachern werden schließlich zur Clubwertung aufsummiert. Elisabeth Schmidt belegte im Gesamtergebnis mit ihrem Foto von Canary Wharf mit 70 Punkten Platz sechs, Martin Hust folgte seiner Frau mit 48 Punkten für Chimera auf Platz 25. Auf weiteren Plätzen für die Clubwertung landeten Monika Egerer, Hanspeter Bauer und Axel Promies. Zusammengerechnet teilen sich die Reutlinger als Club den ersten Platz mit dem Fotoclub »Die Lichtjäger« aus Neuss. (GEA)