REUTLINGEN. »Seit zweieinhalb Jahren kämpfen wir gegen den Verlagerungsverkehr«, klagt Meike Schneider über die akute Parkplatznot in der Mozartstraße. Denn dort, wo sie und andere wohnen, gibt es keine Parkraumbewirtschaftung. In Sichtweite, nur einmal über die Ringelbachstraße geblickt, aber schon. Weswegen vor Schneiders Haustüre abgestellte Autos mit Kennzeichen »von A wie Augsburg bis Z wie Zwickau« den öffentlichen Raum füllen. Währenddessen fänden die Anwohner kein Plätzchen mehr für ihre Wagen. Den daraus folgenden Wunsch nach einer flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung macht sich jetzt auch die SPD-Fraktion mit einem Antrag an die Stadtverwaltung zu eigen, der zur Gemeinderatssitzung am Dienstag eingegangen ist.
»Wir sind Anwohner zweiter Klasse geworden«
Das Problem hat einen Bart, den die Anwohner gerne endlich abrasieren würden. Seitdem die Stadt Anfang 2023 das Alphabet der Parkraumbewirtschaftung rund um die Altstadt mit den Buchstaben K wie Klinikum, P wie Pomologie und L wie Lerchenbuckel vervollständigt hat, fühlen sich die Menschen im nicht reglementierten Teil der Mozartstraße bedrängt. »Wir sind Anwohner zweiter Klasse geworden«, klagt Meike Schneider. Eben weil - ist ja logisch - autofahrende Zeitgenossen auf der Suche nach einem kostenlosen Abstellplatz direkt vor ihren hübschen Häusern mit Vorgarten fündig werden.
»Wenn ein Flickwerk mit kostenlosen Lücken entsteht, parken die Autofahrer da, wo es umsonst ist. Manchmal wochenlang«, beschreibt Schneider die von Beginn an missliche Lage. Denn ihre Häuser haben weder über- noch unterirdische Garagen - und keiner möchte ernsthaft seinen Vorgarten zu einem zubetonierten Parkplatz machen. Das hat unangenehme Folgen im Alltag. »Wenn ich im Konzert bin, wird's mir zum Schluss ganz schlecht, weil ich nicht weiß, wo zu Hause ich parken soll«, erklärt die ältere Dame Jutta Wittmann. Niemand habe etwas gegen den Stadtbus, aber der sei nicht immer die praktikabelste Lösung. Dies wohl wissend, haben die Anwohner frühzeitig und immer wieder den Kontakt zur Stadtverwaltung gesucht.

»Es ist nicht möglich, kurzfristig zu agieren«
Mehrfach telefonierte Meike Schneider mit den Menschen der städtischen Verkehrsabteilung, die auch für die Parkraumbewirtschaftung zuständig ist. Dort wird der Bürgerin nach ihren Angaben mehrfach gesagt, man könne ihre Straße "nicht noch schnell in die Parkraumbewirtschaftung aufnehmen". Gefolgt sei eine längere Korrespondenz, bei der der Leidensdruck der Anwohner durchaus in den Büros dieses Amtes im Nordsternhaus angekommen sei. Allerdings habe man geantwortet, »Es ist nicht möglich, kurzfristig zu agieren«. Meike Schneider kann das nur beschränkt verstehen. Ihre Nachbarin engagierte sich sogar sitzend für eine Problemlösung.
Im Sommer vor zwei Jahren nimmt sie auf dem Bürgerbänkle neben Oberbürgermeister Thomas Keck im Garten des Heimatmuseums Platz, klagt dem Stadtoberhaupt ihr Leid, »dem tat das leid«. Keck habe damals den Fall seinem Referenten zur weiteren Bearbeitung übergeben. »Den habe ich nach ein paar Wochen angerufen, weil sich nichts tat«, so Jutta Wittmann. Diese Tatenlosigkeit halte bis heute an, was als äußerst bedauerlich empfunden wird. Auch eine entsprechende Bürgerfrage bei einer Gemeinderatssitzung vor Monaten habe nichts bewirkt. Da sei dann die Rede von Personalnöten im Amt gewesen. Jetzt hat sich die SPD-Fraktion im Reutlinger Gemeinderat des Falles angenommen.
»Deutlich erhöhtes Aufkommen an Parksuchverkehr«
Vor Ort machten sich der Fraktionsvorsitzende Helmut Treutlein und sein Stellvertreter Mert Akkeceli ein Bild von den Misstönen in der Mozartstraße. »Im Kommunalwahlkampf hat mich Frau Schneider angesprochen«, sagt Akkeceli. Er selbst könne das Problem bestens verstehen, weil er in einer bewirtschafteten Straße wohne. Die Analyse der Sozialdemokraten ist eindeutig: Sie fordern in einem Antrag an die Stadtverwaltung die Einrichtung einer »flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung im Ringelbachgebiet«.
Zur Begründung heißt es in dem Antrag, die bisherigen Maßnahmen zur Bewirtschaftung in Teilbereichen des Ringelbachgebietes hätten bereits »spürbare Verbesserungen erzielt«. In den bislang nicht einbezogenen Straßenzügen sei jedoch »ein deutlich erhöhtes Aufkommen an Parksuchverkehr zu beobachten«. Vor allem an den Grenzen des bewirtschafteten Bereiches würden Probleme auftreten. Täglich suchten Autofahrer in diesen Straßen meist vergeblich nach freien Parkplätzen, »und die Anwohnerinnen und Anwohner finden oft keinen Parkplatz in ihrer Umgebung«. Der Antrag geht jetzt seinen Weg durch die Stadtverwaltung und könnte dann auch in den Ausschüssen sowie im Gemeinderat behandelt werden - aber das kann dauern, denn zahlreiche Vorschriften sind zu beachten, bevor eine Straße in den Bereich der Parkraumbewirtschaftung aufgenommen werden kann - und zuvor muss das Stadtparlament dies beschließen. (GEA)