Logo
Aktuell Fasnet

Narren übernehmen Schlüsselrolle in Reutlingen

Am Schmotzigen Donnerstag stürmen gefährlich aussehende Gestalten die Reutlinger Verwaltungsstellen.

Rathaussturm in Reutlingen.
Rathaussturm in Reutlingen. Foto: Schanz
Rathaussturm in Reutlingen.
Foto: Schanz

REUTLINGEN. »Kluge Narren reden besser«, beschrieb Philosoph Friedrich Nietzsches in seinem Werk »Also sprach Zarathustra« unwissentlich auch das Reutlinger Rathaus und Landratsamt stürmende Narren. Denn die gefährlich aussehenden Gestalten haben am Schmotzigen Donnerstag einer immer irrer wirkenden Welt mit wahrhaft schlauen Reden getrotzt. Der närrische Griff nach der Macht war wie stets ein Fest der Freude.

Rathaus

Sparschweine mit langen Speeren, Pleitegeier und Schafe, die »heut nix mäh schaffen« leisteten angeführt von Baubürgermeisterin Angela Weiskopf im bunten Federkleid tierischen Widerstand auf der Freitreppe des Rathauses gegen die Narren um den Männerverein Reutlingen 1863 e.V. – doch die Verwaltungsmitarbeiter gaben schnell klein bei gegen die Übermacht der Hästräger. Als der Rathausschlüssel in die Hände des Prinzenpaars gewandert war, gaben Sabine II. vom Rossfelsen und Prinz Wilfried I. vom Drachenfels direkt bekannt: Die Narren werden jetzt für die Belebung der Innenstadt sorgen, wenn es die Amtsträger schon nicht hinbekommen.

Aus dem Zwist zwischen Narretei und Bürokratie wurde aber schnell eine gemeinsame Feierei im Rathaus zur Guggenmusik der Albra-Gugga aus Großengstingen. Auch einige Bürger gehörten zur feiernden Meute im aus allen Nähten platzenden Foyer des Großen Sitzungssaales. Diese waren schon mit von der Partie, als Schandele und Scheulerwald-Deifels-Hexa mit einem Mini-Umzug durch die Altstadt zogen.

Landratsamt

Was eine richtige Behörde ist, die hat Schilder. Am Eingang zum Landratsamt hängen gleich mehrere verwirrende Exemplare – echt närrisch. Oben ist das »Betreten der Baustelle nur für Närrinnen und Narren« gestattet, unten »Betreten der Baustelle ausdrücklich erwünscht. Schaut rein und arbeitet mit, wir wollen bald umziehen«. Fröhlich wiehert der Amtsschimmel, während Landrat Dr. Ulrich Fiedler viel Vergnügen mit einem Megaphon hat, das auch warnend heulen kann. Wie wäre so ein Ding in der nächsten Kreistagssitzung? Das Motto der Veranstaltung lautet »Baustelle: Neubau«.

Als die 1. Sonnenbühler Karnevalsgesellschaft Einlass begehrt, leistet er nur kurz Widerstand. Dann schiebt sich die närrische Gesellschaft in den großen Sitzungssaal, wo sich die Balken vor Lachen und lauter Musik biegen. Denn die »Bärafezzer« lassen es mit ihren Schlag- und Blasinstrumenten derart krachen, dass manche Mütter dem Narrennachwuchs Kopfhörer aufsetzen.

Der Landrat rechnet in weißem Bauarbeiterhelm und gelber Warnweste mit den »Scheiterhau Hexa« aus Genkingen ab. Die hatten ihm vergangenes Jahr den Schlüssel abgerungen, aber leider ihre Aufgaben sträflich vernachlässigt. »Sie haben versprochen, das neue Landratsamt fertig zu bauen«, was es nachweislich noch nicht sei, schimpft Fiedler, »kein Verlass mehr auf Hexen«. Was die Damen in ihrem Häs freilich kaum beeindruckt.

Als Überraschungsgast des Mittags tritt die Bronnweiler Bezirksbürgermeisterin Friedel Kehrer-Schreiber in die Mitte des Raumes, und holt ganz weit und schwäbisch aus. Sie freue sich »wie die Sau«, lässt sie die fröhliche Runde wissen. Anschließend redet sie Politiker in Grund und Boden. So wachse vor dem Landrat in Stuttgart nur deswegen Gras, »damit es nicht so klappert, wenn die das Geld zum Fenster rauswerfen«. Absolut gelenkig und im Takt zeigt die Sonnenbühler Juniorgarde, dass sie es voll drauf hat. Dann folgen einige Baustellen-Spielchen und zum Abschluss der Imbiss. Nur eines fehlt bei dieser Party: Alkoholisches.

Bezirksamt Ohmenhausen

In den Farben des Ortswappens – Gelb und Blau – und ganz ohne politische Hintergedanken erwartet die Mannschaft des Bezirksamts von Ohmenhausen die Hannikel und Mahdich Weible, die davor schon ihr Unwesen im Kindergarten und in der Schule getrieben hatten. Nachdem Eisprinzessin Andrea Fähnle und ihr Stellvertreter Werner Koch als Schneemann es nicht schaffen – die eine nichts hörend, der andere nichts sehend – zusammen ein Miniwindrat zusammenzubasteln, reißen die Narren den Rathausschlüssel schließlich an sich. (GEA)