REUTLINGEN-SICKENHAUSEN. »Im neuen Haus begrüßen wir euch heut', endlich rum ist die Containerzeit.« Spätestens als die Schülerinnen und Schüler der Friedrich-Silcher-Schule in Sickenhausen die ersten Zeilen singen, müssen alle Anwesenden grinsen. Zur offiziellen Einweihungsfeier ihrer sanierten Schule tragen sie an diesem Montagmittag die etwas umgedichtete Version des Songs »Von den blauen Bergen kommen wir« vor. Glücklich sind an diesem Mittag alle: Lehrerinnen, Eltern und Kommunalpolitiker. »Sanierung? Man kann getrost von Neubau sprechen«, befindet Bezirksbürgermeister Klaus Nagel. »Sind doch lediglich die Außenwände übrig geblieben.«
Da viele der Anwesenden selbst in Sickenhausen aufgewachsen sind, haben die meisten von ihnen in genau dieser Schule ihre Kindheit verbracht. »Hier war mein Klassenzimmer«, sagt beispielsweise der ehemalige Bezirksbürgermeister Frank Zeeb und zeigt auf den Raum, in dem nun Klasse 3 untergebracht ist. Vielmehr als die reine Räumlichkeit dürfte ihn dann aber auch nicht mehr an früher erinnern. Nach Asbest- und Formaldehydfunden hatte am Projekt kein Weg vorbei geführt. Um insgesamt 476 Quadratmeter wurde die in den 1960er-Jahren gebaute Schule nun vergrößert, zudem sieht sie optisch wie neu aus. Statt vier gibt's nun sechs Klassenzimmer. Das Gebäude hat einen Aufzug, der Schulhof einen neuen Pflasterbelag und es gibt eine Photovoltaikanlage.
»Wir sind sehr glücklich über die neuen Räume«
Mehr als vier Jahre sind vergangen, seitdem der Gemeinderat den Baubeschluss gefällt hatte. Rund drei Jahre ist es her, dass die Schüler ins Interimsgebäude in Containerform umziehen mussten. Dort hatte der Unterricht während der Bauarbeiten stattgefunden. »Seit sieben Monaten sind wir nun schon wieder im neuen Schulhaus«, sagt Rektorin Nicole Biehal. Der Festakt findet also mit kleiner Verspätung statt. »Langsam macht sich das Gefühl breit, angekommen zu sein. Wir sind sehr glücklich über die neuen Räume.« Auch sie weiß, dass ein Projekt in dieser Größenordnung - 8,28 Millionen hat's gekostet, eine halbe Million zudem der Interimsbau - angesichts der Finanzlage der Stadt alles andere als selbstverständlich ist. Oberbürgermeister Thomas Keck, der gemeinsam mit Sozialbürgermeister Robert Hahn ebenfalls zur Eröffnungsfeier gekommen ist, spricht von einem »Kraftakt«. Der Entscheidung für die Sanierung seien »lange Diskussionen und strenge Priorisierungen« vorangegangen. Die Klassenzimmer mit Ausblick ins Grüne findet er nun aber »einfach hammer«, mit der Sanierung sei man einen »wichtigen Schritt« gegangen, um den Bedürfnissen moderner Familien gerecht zu werden.
Mit der Entscheidung der Stadt sei ein Baustein gelegt worden, um die pädagogischen Komponenten weiterzuentwickeln, sagt Schulleiterin Biehal. Die Wunschliste der Schule mit dem Budget zu vereinen, das sei nicht immer einfach gewesen, sagt der Architekt von Schlude Ströhle Richter Architekten BDA. Gemeinsam mit Shoch3 Architekten hat sein Büro die Sanierung umgesetzt.
»Wir hatten einen Kellerraum unter der Turnhalle, den wir gemütlich einrichteten«
Doch die offizielle Einweihung ist an diesem Montag nicht der einzige Grund zum Feiern. Denn der Förderverein der Grundschule wird in diesem Jahr noch 25 Jahre alt. »Am 15. März 2000 fand zum ersten Mal die Kerni mit sieben angemeldeten Kindern statt. Wir hatten einen Kellerraum unter der Turnhalle, den wir gemütlich einrichteten«, heißt es auf der Website des Vereins. Schon fünf Jahre später ging die Nachfrage durch die Decke, 72 Kinder nutzten die Kernzeitbetreuung. Zum zehnjährigen Jubiläum konnte die kleine Sickenhäuser Schule dank ihres Fördervereins dann eine Betreuungsquote vorlegen, die damals »Reutlinger Rekord« war, wie OB Keck in seiner Rede erinnert. Heute habe man eine Betreuungsquote von 83 Prozent, »der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung wird hier also nahezu erfüllt«.
Dank Sanierung gibt es nun großzügig Platz für alle Kinder. Das Mittagessen in »zwei bis drei Schichten«, wie Bezirksbürgermeister Nagel erinnert, gehört endgültig der Vergangenheit an. Damit sie »nie im Regel stehen«, überreicht er sowohl Rektorin Bihal als auch der Vorsitzenden des Fördervereins, Bianca Sonntag, mit einem Augenzwinkern einen Sickenhäuser Regenschirm. (GEA)