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Milla aus Reutlingen ist Anna im Musical »Die Eiskönigin«

Ein Tag im Leben einer Kinderdarstellerin: Die achtjährige Milla aus Reutlingen gibt ein Interview, probt, wärmt die Stimme auf, lässt sich einkleiden und schminken. Dann geht es auf die Bühne des Apollo-Theaters Stuttgart.

Milla spielt zurzeit Eisprinzessin Anna im Stage-Musical »Die Eiskönigin« in Stuttgart.
Milla spielt zurzeit Eisprinzessin Anna im Stage-Musical »Die Eiskönigin« in Stuttgart. Foto: Claudia Reicherter
Milla spielt zurzeit Eisprinzessin Anna im Stage-Musical »Die Eiskönigin« in Stuttgart.
Foto: Claudia Reicherter

REUTLINGEN-BETZINGEN/STUTTGART. »Ich seh' irgendwie aus wie sechs«, findet die achtjährige Milla. Das hat etwas Gutes: Es half dabei, dass sie seit November 2024 die kleine Anna im Stuttgarter Musical »Die Eiskönigin« spielen darf. Ihre Schwestern Emma und Lotta, die sich ebenfalls bei der Produktionsfirma Stage Entertainment beworben hatten, waren zu groß. Alter und Größe sind wichtig bei Kindercastings. Ausschlaggebend war aber, dass die Rolle zu ihr passt, glaubt die junge Betzingerin. »Weil ich auch von Natur aus sehr frech bin.«

Fürs Presse-Interview hat das blonde Mädchen im Pailletten-Glitzer-Blouson auf einem Sofa im Apollo-Theater Platz genommen. Zwischen Disney-Merchandise und Plüsch-Rentier Sven. Professionell lächelt sie ins Kamera-Objektiv. Vor der Garderobe hängen an Kleiderständern fünf verschiedene Kostüme, die sie in den ersten 20 Minuten als »Young Anna« und später als Troll-Kind trägt. In einer Holzbox lagern an die 20 schwarze Paar Schuhe ab Größe 30,5. »Meine Füße sind gewachsen«, ruft Milla und huscht beim Umziehen aus dem Raum mit der Aufschrift »Prinzessinnen-Zimmer«, um ihre Schläppchen Größe 32 gegen 33er auszutauschen.

Musical-Schwestern mit Leib und Seele: Milla probt mit Luna (rechts), die im  Musical die junge Elsa, die tatsächliche "Eiskönig
Musical-Schwestern mit Leib und Seele: Milla probt mit Luna (rechts), die im Musical die junge Elsa, die tatsächliche »Eiskönigin«, spielt. Foto: Claudia Reicherter
Musical-Schwestern mit Leib und Seele: Milla probt mit Luna (rechts), die im Musical die junge Elsa, die tatsächliche »Eiskönigin«, spielt.
Foto: Claudia Reicherter

Prinzessinnenhaft im Sinne von zickig wirkt die Zweitklässlerin der Reutlinger Freien Evangelischen Schule gar nicht. Aber begeistert. Darüber, dass vor mehr als einem Jahr ihre Oma den Zeitungsartikel übers Casting ausgeschnitten hat - und sie daraufhin mit der Mama, den beiden älteren Schwestern, die nun »superstolz« auf sie sind, und »sehr vielen anderen Mädchen« im Stuttgarter Musicaltheater zeigen konnte, was in ihr steckt. Unter Druck hat sie sich dabei nicht gefühlt, sagt sie, sondern Spaß gehabt. Dabei tanzte sie vorher weder im Verein noch in einer AG und sang in keinem Chor. Sie war im Kindermitmachzirkus und hat gern »einfach so zu Hause rumgetanzt«.

»Es war mein größter Traum, Musical-Darstellerin zu werden«

Nun ist es geschafft: »Ich darf auf der großen Bühne stehen!« Milla strahlt. »Es war mein größter Traum, Musical-Darstellerin zu werden.« Dabei musste es nicht unbedingt dieses Stück sein, das sie vom Disney-Film »Frozen« kannte. Als Musical hatte sie zuvor nur »Tanz der Vampire« und »Tina« gesehen. Ist die märchenhafte Geschichte um zwei Königstöchter, von denen eine magische Kräfte hat, nun besser als grusliges oder dramatisches Musiktheater? »Egal«, meint Milla. »Ich hätte eigentlich alles gemacht.«

Jede Geste muss sitzen und der Ausdruck darf auch nach 13 Aufführungen  nicht nachlassen: Luna (links) und Milla, die zu Beginn
Jede Geste muss sitzen und der Ausdruck darf auch nach 13 Aufführungen nicht nachlassen: Luna (links) und Milla, die zu Beginn des Musicals die noch jungen Königskinder Elsa und Anna von Arendelle spielen, wärmen sich auf für ihren Auftritt im Stuttgarter Apollo-Theater. Foto: Claudia Reicherter
Jede Geste muss sitzen und der Ausdruck darf auch nach 13 Aufführungen nicht nachlassen: Luna (links) und Milla, die zu Beginn des Musicals die noch jungen Königskinder Elsa und Anna von Arendelle spielen, wärmen sich auf für ihren Auftritt im Stuttgarter Apollo-Theater.
Foto: Claudia Reicherter

Wobei der Moment, wenn Anna vom Eisblitz getroffen wird, zu Millas Lieblingsszenen gehört. Sie mag die Zauberei: »Man wird richtig reingezogen in die Magie. Bei allem, was auf der Bühne passiert.« Nicht nur, weil sie dadurch mehr Zeit auf der Bühne verbringen kann, genießt die Achtjährige, die als Lieblingsfächer Sport, Musik, aber auch Reli und Sachunterricht nennt, auch ihre zweite Rolle: Außer als aufgeweckte jüngere Schwester der Titelheldin wirbelt Milla in Akt II in der Gruppe des »verborgenen Volks der Berge« übers Parkett. Im grün-braunen Plusterkleidchen mit Pailletten, Trollfüßen und Flügeln. Und mit »viel Action!«

»Beim Textlernen und Rappen wird man schon herausgefordert«

Schwer fiel es ihr anfangs, die Texte zu lernen. »Aber irgendwann hatte ich's raus.« Auch das schnelle Rappen fürs Lied »1, 2, 3« habe sie erst nicht gecheckt. »Da wird man schon herausgefordert.« Sie grinst schelmisch, schnippt mit den Fingern und deutet eine flinke Choreo-Drehung an.

Elsa und Anna alias Luna (11) und Milla (8) bauen Schneemann Olaf.
Elsa und Anna alias Luna (11) und Milla (8) bauen Schneemann Olaf. Foto: Claudia Reicherter
Elsa und Anna alias Luna (11) und Milla (8) bauen Schneemann Olaf.
Foto: Claudia Reicherter

Dann beginnt ihr eigentlicher Arbeitstag in Stuttgart-Möhringen - einer von derzeit drei bis vier pro Monat, denn für jede Rolle gibt es mehrere Kinderdarstellerinnen. Um 16.30 schlendert Milla im Jogginganzug Hand in Hand mit ihrer festen Bühnen-Partnerin Luna und Kindermanagement-Betreuerin Milea Gerke von der Prinzessinnen-Garderobe zum Ballettsaal. Nach den Proben, die im April begannen, frischt der Tanzpädagoge und erfahrene Kindercoach Thomas Hirschfeld zusätzlich zum üblichen »Warm-up« alle paar Wochen Szenen und Choreografien nochmal auf.

»Ihr habt ja nun schon einige Shows gespielt«, erklärt er. Damit die Fröhlichkeit richtig fröhlich rüberkommt und die Aussprache sich nicht abschleift, ist an jenem Tag wieder so ein »Fresh-up« dran. Da feilt er an Betonungen und mahnt Milla, bei »willst du einen Schneemann bauen« weniger ernst dreinzuschauen. »Warum sag’ ich das?«, fragt er. »Damit wir die Show heute rocken«, antwortet die quirlige Blondine.

Guido Löflad  am Klavier beim Gesangs-Warm-up mit den beiden Nachwuchsdarstellerinnen Milla und Luna.
Guido Löflad am Klavier beim Gesangs-Warm-up mit den beiden Nachwuchsdarstellerinnen Milla und Luna. Foto: Claudia Reicherter
Guido Löflad am Klavier beim Gesangs-Warm-up mit den beiden Nachwuchsdarstellerinnen Milla und Luna.
Foto: Claudia Reicherter

Nach 20 Minuten kommt ein Mann herein und setzt sich ans Klavier. Kein Geringerer als der stellvertretende Musikalische Leiter Guido Löflad, der später auch das Orchester im Graben vor der Bühne dirigiert, bittet Milla und die elfjährige Luna zum »Stimm-Warm-up«. Für Klein-Anna und Klein-Elsa heißt das: erst summen, dann singen.

Auch da ist Millas Lieblingsszene dran: Anna baut mit Elsa den Schneemann und gibt ihm den Namen Olaf. Da kann das zierliche Mädchen seine wilde Seite zeigen: »Es schneit, es schneit«, jubelt sie. »Elsa, los, komm, spiel mit mir!« »Fantastisch«, lobt Coach Thomas.

Luna und Milla singen sich im Ballettraum des Stuttgarter Apollo-Theaters für die Aufführung ein.
Luna und Milla singen sich im Ballettraum des Stuttgarter Apollo-Theaters für die Aufführung ein. Foto: Claudia Reicherter
Luna und Milla singen sich im Ballettraum des Stuttgarter Apollo-Theaters für die Aufführung ein.
Foto: Claudia Reicherter

Von maximal 30 Auftritten pro Jahr, die sie als Kind - gegen Bezahlung - absolvieren darf, hat Milla schon fast die Hälfte gespielt. »Schade, oder?«, fragt Friseurin Marion Warda, als sie ihr in der Maske Haarbüschel zusammenzwirbelt und feststeckt. »Einschneckeln«, nennt Milla das. Sie nickt betrübt. Über eine strumpfartige Wig-Cap stülpt die Maskenbildnerin die rothaarige Perücke auf Millas Kopf. Weil das Echthaar ist, kratzt es nicht, erklärt sie. Dann wird ihr ein kleines Mikro an die Stirn geklebt, bevor die ebenfalls aus Reutlingen stammende Visagistin Aufheller unter die Lider gibt und ihr mit Rouge »Apfelbäckchen« auf die Wangen zaubert. Kollegial tauschen die beiden Tipps gegen Millas anhaltenden Husten aus.

» Immer wenn ich hinter der Bühne stehe, kommt die Aufregung«

Lampenfieber? Das kennt selbst die selbstbewusste Milla: »Immer wenn ich hinter der Bühne stehe, kommt die Aufregung.« Fehler sind auch ihr in ihrer kurzen Musical-Karriere schon passiert. »Text vergessen, das gab's schon mal«, erzählt sie munter. »Manchmal fällt mir der Kranz runter.« Missgeschicke lassen sich nicht vermeiden. »Einmal bin ich über eine Truhe gestolpert und hab' mir das Bein angestoßen. Meine Mama ist schon aufgesprungen, weil sie dachte, ich heul' gleich los.« Aber die Achtjährige hielt sich an die goldene Schauspielerregel: Immer in der Rolle bleiben - dann fällt das den Zuschauern gar nicht auf.

Mit Aufheller und Rouge: Visagistin Marion Varda aus Reutlingen legt an Milla alias »Anna« in der Maske letzte Hand an.
Mit Aufheller und Rouge: Visagistin Marion Varda aus Reutlingen legt an Milla alias »Anna« in der Maske letzte Hand an. Foto: Claudia Reicherter
Mit Aufheller und Rouge: Visagistin Marion Varda aus Reutlingen legt an Milla alias »Anna« in der Maske letzte Hand an.
Foto: Claudia Reicherter

Als sie aus der Maske kommen, ist die dunkelhaarige Luna blond, und die blonde Milla der perfekte Rotschopf. Noch eine innige Umarmung der beiden Musical-Schwestern vor der »Eiskönigin«-Fotowand - dann sind sie bereit, dass sich um 18 Uhr der Vorhang zum Fantasie-Königreich Arendelle hebt. (GEA)

Musical-Fahrt ausgebucht

Millas Mutter Anika hat sich dafür eingesetzt, dass die Achtjährige als »echte Reutlingerin« auch am Tag der GEA-Musicalfahrt, wenn besonders viele Reutlinger die Show sehen werden, die Rolle des Wirbelwinds Anna in der zauberhaften, sehr kurzweiligen Stuttgarter »Eiskönigin« spielt. Für die - bereits ausgebuchte - Leserfahrt zum Disney-Musical »Die Eiskönigin« werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Freitag, 4. April, um 16.45 Uhr in Metzingen am Bahnhof und um 17.15 Uhr in Reutlingen am Alten Omnibusbahnhof mit dem Bus abgeholt. Beginn im Stage Apollo Theater Stuttgart ist um 19 Uhr. Getränke vor der Veranstaltung und in der Pause sowie die Garderobengebühr sind im vergünstigten Ticketpreis enthalten. (GEA)