BETZINGEN. Gegen Unwetter kann man wenig tun, aber sich darauf vorzubereiten ist möglich. Deswegen beteiligt sich die Stadt Reutlingen an einem Programm des Landes, von dem die gesamte Bevölkerung profitiert. Es nennt sich Starkregenrisikomanagement und besteht aus kommunalen Starkregengefahrenkarten, nachfolgender Risikoanalyse und darauf aufbauendem Handlungskonzept. Darüber haben führende Köpfe aus dem Rathaus jetzt in der Betzinger Julius-Kemmler-Halle ausführlich Bezirksgemeinderäte und Bevölkerung informiert. Ein weiterer Informationsabend wird folgen. Wer auch in den Regenfluten trockene Füße behalten möchte, sollte sich beizeiten mit dem Thema beschäftigen.
»Wir müssen handeln, haben beschlossen unsere Stadt an die Folgen des Klimawandels anzupassen«, betont Oberbürgermeister Thomas Keck die Bedeutung dieses Risikomanagements. Deswegen gleich zwei Infoabende: Der nächste folgt am Donnerstag, 7. November, um 19.30 Uhr in der Turn- und Festhalle Altenburg. Denn Reutlingen war immer wieder von Hochwasser betroffen - und wird es in Zukunft immer häufiger mit solchen Extremwetterlagen zu tun haben. Deswegen wolle die Stadt »wassersensibel« werden. Was von oben an Wasser kommt, solle - wo es anfällt - möglichst zurückgehalten sowie sinnvoll genutzt werden. Das entlaste auch ein Kanalsystem, dessen Begrenztheit jedem klar sein muss.
Was ist Starkregenrisikomanagement?
Starkregen verursacht vor allem in den Sommermonaten in Verbindung mit heftigen Gewittern oft große Schäden. Im Gegensatz zu Hochwasser an großen Flüssen ist der genaue Ort und Zeitpunkt kaum vorherzusagen und kann für die Betroffenen sehr überraschend auftreten.
Mit dem Leitfaden »Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg« stellt das Land den Kommunen ein einheitliches Verfahren zur Verfügung, um Gefahren und Risiken zu analysieren und so kommunale Starkregenkarten zu erstellen. Mithilfe der Karten können Kommunen einschätzen, wo sich Oberflächenabfluss sammelt und wo er abfließt. Auf dieser Grundlage können Städte und Gemeinden Maßnahmen erarbeiten, die mögliche Schäden im Ernstfall vermeiden oder zumindest spürbar verringern.
Kommunen, die sich mit dem Thema befassen und sich auf den Leitfaden zum kommunalen Starkregenrisikomanagement stützen, können vom Land einen Zuschuss in Höhe von 70 Prozent der Kosten erhalten. Förderfähig ist nur das Gesamtkonzept, bestehend aus kommunalen Starkregengefahrenkarten, nachfolgender Risikoanalyse und darauf aufbauendem Handlungskonzept. (pr)
https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/wasserboden/starkregenrisikomanagement/
»Unser Unwetterpotenzial wird immer größer«, warnt Torsten Müller als Leiter der Abteilung für Gewässer und Regenwassermanagement bei der Stadtentwässerung Reutlingen (SER) die knapp 100 interessiert zuhörenden Menschen beim Infoabend. Dann stellt er vor, was im Internet öffentlich nutzbar ist: Die Starkregengefahrenkarte der Stadt Reutlingen, die unter dem Navigationspunkt »Hochwasser« bei www.ser-reutlingen.de die Überflutungsausdehnungen in der Fläche bei einem Starkregenereignis darstellt. Eine Pflichtlektüre für alle Hausbesitzer, aber auch für Mieter. Zu wissen, wie hoch ein Risiko am eigenen Wohnort ist, bedeutet den ersten Schritt zur Vorsorge.
Die Starkregengefahrenkarte ist laut Müller »ein Rechenmodell. Der reale Regen ist immer etwas anders. Aber man kann zumindest gut abschätzen, wie hoch das Wasser stehen könnte«. Es geht der Stadtentwässerung darum der Bevölkerung klar zu machen, dass sich jede und jeder in trockenen Zeiten informieren und vorbereiten sollte. Denn die Stadt hat bereits Millionen in den Hochwasserschutz investiert, etwa in Betzingen oder am Echazlauf weiter oben, aber die Begrenzung der Folgen von Unwetter sei eine Gemeinschaftsaufgabe.
Immerhin 52 Risikobereiche haben die SER in Reutlingen identifiziert - und die werden jetzt Punkt für Punkt abgearbeitet: Was kann man tun? »Wir haben schon ganz viel erarbeitet« macht Baubürgermeisterin Angela Weiskopf klar. Nach dem Vorliegen der Starkregenkarten »müssen jetzt Maßnahmen entwickelt sowie in ein schlüssiges Konzept eingearbeitet werden«. Kriterien sind laut Weiskopf »der Grad der Betroffenheit« sowie die »Effektivität der Maßnahmen« und schließlich auch ihre Kosten. »Für alle Risikobereiche sollen Steckbriefe erarbeitet werden, damit man auch eine Vergleichbarkeit hat«, sagt die Baubürgermeisterin.
»Das braucht Zeit, wenn es gut werden soll«, zieht OB Keck ein Fazit des ersten Infoabends. Vor allem aber müsse jede und jeder selbst etwas tun, »sonst klappt es nicht«. Die Stadtentwässerung Reutlingen bietet zum privaten Hochwasserschutz jede Menge Informationen im Internet. Die Fachfrauen und Fachmänner kommen auch kostenlos gerne vorbei, und beraten vor Ort. Wichtig sei, zu begreifen, dass selbst kleinste und kostengünstige Maßnahmen die Folgen von Wassermassen begrenzen helfen. (GEA)