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Aktuell Kriminalität

Mehr Gewalt in Stadt und Landkreis Reutlingen

Polizeiliche Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Reutlingen für das Jahr 2024 zeigt auch, dass immer mehr Kinder und Jugendliche straffällig werden.

Eine geballte Faust. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/Illustration
Eine geballte Faust.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/Illustration

KREIS REUTLINGEN. Gesamtzahl der Straftaten zurückgegangen, Aufklärungsquote gesteigert, Kriminalitätsbelastung gesunken: Mit drei positiven Nachrichten leitet das Polizeipräsidium Reutlingen seine Kriminalstatistik fürs Jahr 2024 für die Landkreise Reutlingen, Tübingen, Zollernalb und Esslingen ein.

Insgesamt 52.258 Straftaten bedeuten einen Rückgang von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich hierfür seien insbesondere sinkende Fallzahlen bei Diebstahl- und Rauschgiftdelikten.

Die Kriminalitätsbelastung im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen liege mit 4.132 Straftaten pro 100.000 Einwohner (2023: 4.260) um drei Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Man befinde sich damit »weiterhin deutlich unter dem baden-württembergischen Landesschnitt von 5.180«, heißt es im Bericht.

Wie sehen die Zahlen für Stadt und Landkreis Reutlingen und die gut 293.000 Einwohner aus? Auch dies schlüsselt der Bericht des Präsidiums auf. So sank die Kriminalitätsbelastung mit 13.252 Straftaten um 1,2 Prozent zum Vorjahr, stieg aber dennoch über den Fünfjahres-Durchschnitt, der weiter durch die niedrigen Fallzahlen der Corona-Jahre 2020 bis 2022 beeinflusst ist. 8.700 Fälle wurden aufgeklärt.

Lichtblicken wie – weniger Diebstähle (minus 10 Prozent), weniger Sachbeschädigungen (minus 5,6 Prozent), weniger Wirtschaftskriminalität (minus 16,8 Prozent) stehen Zahlen gegenüber, die Anlass zur Sorge geben wie die Zunahme der Gewaltkriminalität und immer mehr Tatverdächtigen unter 21 Jahren.

Mord/Körperverletzung/Raub

In Stadt und Landkreis sind drei Morde verzeichnet sowie fünf Totschlagsdelikte. Hinzu kamen 1.753 Körperverletzungen (Vorjahr 1.705). Insgesamt 2.544 Rohheitsdelikte sind für 2024 aufgeführt (plus 2,7 Prozent zum Vorjahr). Massive Anstiege gibt es dabei erneut bei den Raubdelikten: Allein 43 Raubüberfälle verzeichnet die Polizeistatistik im öffentlichen Raum (Vorjahr 32). Im gesamten Präsidiumsbereich geschahen 41 Prozent aller Straftaten im öffentlichen Raum. Nach den pandemiebedingten Rückgängen nahmen sie insgesamt deutlich zu, erreichten den Stand der Jahre davor.

Messer im Spiel

Seit 2022 werden Taten, bei denen der Angreifer mit einem Messer droht oder dies auch einsetzt, statistisch gesondert ausgewiesen. Mit 21 Fällen sind im Berichtsjahr besonders viele solcher Angriffe für die Stadt Reutlingen verzeichnet. Im gesamten Präsidiumsbereich fiel die Anzahl der Messerangriffe im öffentlichen Raum von 110 auf 109.

Sexuelle Selbstbestimmung

296 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bedeuten einen Anstieg von 12,5 Prozent. Darunter waren 26 Vergewaltigungen (Vorjahr 19). Auch die Verbreitung von pornografischen Schriften nahm mit 135 Fällen um 20,5 Prozent zu.

Häusliche Gewalt

Fast kontinuierlich steigt seit Jahren auch die häusliche Gewalt: 388 Fälle sind aufgeführt, was ein Plus von knapp 23 Prozent bedeutet. In der Mehrzahl der Fälle handelte es sich um Körperverletzungen, Bedrohungen, Nachstellungen und sexuelle Beleidigungen. Von den erfassten Tatverdächtigen war knapp die Hälfte der Täter nicht deutscher Herkunft.

Diebstahl/Einbruch

Die Anzahl der Diebstähle (4.052 Fälle, darunter 1.336 Ladendiebstähle) sank um gut 10 Prozent. Die Zahlen bleiben jedoch auf hohem Niveau, insbesondere durch die Fallzahl der Stadt Metzingen mit ihren Outlets (523 Fälle). Auch 50 Autodiebstähle verzeichnet die Statistik. Seit dem Tiefpunkt der Wohnungseinbruchsdiebstähle im Jahr 2021 stiegen die Fallzahlen bis 2023 wieder leicht an. 112 Fälle waren es dann 2024, 5 weniger als im Vorjahr.

Rauschgift

Mit 495 sind die Rauschgiftdelikte nach dem Betäubungsmittelgesetz um fast 39 Prozent zum Vorjahr gesunken. Dafür stehen nun 75 Verstöße gegen das neue Cannabisgesetz in der Bilanz.

Täter und Opfer

Über 75 Prozent der Tatverdächtigen sind männlich. Immer öfter begehen auch im Kreis Reutlingen Kinder und junge Menschen teils schwere Straftaten. 2024 waren 274 Kinder, 713 Jugendliche und 489 Heranwachsende (18- bis 21-Jährige) tatverdächtig. Für den Gesamtbereich der Polizeidirektion vermeldet der Bericht: »Seit 2003 wurden noch nie so viel Körperverletzungen durch tatverdächtige Kinder begangen«, schreibt die Polizei.

Im Hinblick auf die Opfer sind in der Statistik nur bestimmte Delikte erfasst, die gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtet sind, etwa Tötungs-, Raub-, Körperverletzungs- und Sexualdelikten, aber auch Bedrohungen. Hier zeigt die Statistik, dass Kinder, Jugendliche und Heranwachsende auch vergleichsweise häufig Opfer werden: Knapp 24 Prozent waren es im Jahr 2024. Und: 47 Prozent der Betroffenen hatten eine Vorbeziehung zum Täter.

Nichtdeutsche Täter

Auch die nichtdeutschen Tatverdächtigen werden unterdessen in gesonderten Statistiken aufgeführt. Danach lag ihr Anteil im Jahr 2024 bei 43,3 Prozent (41,2 Prozent in 2023), der tatverdächtigen Flüchtlinge bei 10,7 Prozent. 2.572 Straftaten (ohne Ausländerrecht) sind erfasst, sie weisen seit vier Jahren einen steigenden Trend auf. Die meisten nichtdeutschen Verdächtigen haben die rumänische Staatsangehörigkeit, gefolgt von Syrern und Türken. Stetig steigend auch die Anzahl der Aggressionsdelikte (in 2024: 683) in dieser Personengruppe. Im Bereich Mord und Totschlag weist die Statistik 4 Tatverdächtige nichtdeutscher Herkunft aus.

Blick in die Kommunen

Die Kriminalitätsbelastung ist in den 26 Städten und Gemeinden des Landkreises Reutlingen ist im Schnitt um 1,2 Prozent gefallen. Weniger Fälle verzeichnen unter anderem die Städte Reutlingen (7.330 Straftaten, minus 3,8 Prozent), Pfullingen (712 Straftaten, minus 7,8 Prozent) und Münsingen (511 Straftaten, minus 13,1 Prozent). Metzingen gehört mit 1.655 Straftaten (plus 2,2 Prozent) gehört zu den Kommunen, die einen Anstieg zu verzeichnen haben. (pol)