REUTLINGEN-BETZINGEN.. Seit Juli ist die Leichtbauhalle, die eigentlich ein Festzelt ist, in der Betzinger Carl-Zeiss-Straße ungenutzt. Voraussichtlich ab Mitte Dezember wird das Regierungspräsidium Tübingen mit der angekündigten Belegung beginnen: Das Land nutzt das Großzelt als »vorübergehende Notunterkunft in der Erstaufnahme«, wenn die Kapazitäten in den Landeserstaufnahme-Einrichtungen (LEA) nicht mehr ausreichen. Wie viele Geflüchtete einquartiert werden, ist noch offen. Bezirksbürgermeister Friedemann Rupp und sein Stellvertreter Michael Ehinger wurden vorab informiert. Ihr Eindruck: Die Abläufe in der »LEA-Außenstelle«, so Rupp in der jüngsten Ortschaftsratssitzung, unterscheiden sich erheblich von denen in der Landkreis-Unterkunft.
Der Landkreis hatte in dem knappen halben Jahr, in dem er die Leichtbauhalle auf seinem Gelände in der Carl-Zeiss-Straße für die vorläufige Unterbringung genutzt hatte, eigenes Personal eingesetzt. Ehrenamtliche waren in die Betreuung einbezogen, es gab viele Außenkontakte und Freizeitangebote für die Bewohner, die sich selbst versorgten. Über das Jobmentorenprogramm konnten sogar etliche Geflüchtete in Arbeit vermittelt werden.
Kurze Aufenthaltsdauer
In der Notunterkunft unter der Regie des Regierungspräsidiums dürfte die Situation anders sein. Denn die Geflüchteten stehen noch ganz am Anfang des Aufnahmeverfahrens. Erste Station sind die Ankunftszentren, die zweite die LEAs. Gehen dort die Plätze aus, kommen Notunterkünfte wie die in Betzingen ins Spiel. Die Neuankömmlinge sind bereits registriert, erkennungsdienstlich behandelt, medizinisch untersucht und haben ihren Asylantrag gestellt, wie Rupp berichtete. Das bürokratische Procedere ist also erledigt, die Bewohner auf Zeit warten in der Betzinger Notunterkunft im Prinzip nur darauf, in die Stadt- oder Landkreise zur vorläufigen Unterbringung – der zweiten Stufe des Aufnahmesystems – verlegt zu werden.
Gesamte Grundversorgung abgedeckt
Entsprechend kurz wird die Aufenthaltsdauer sein. RP-Pressesprecherin Sabrina Lorenz geht von »wenigen Tagen bis einige Wochen« aus. »Wie lang die Menschen dort untergebracht werden, hängt vom Zugang von Geflüchteter nach Baden-Württemberg und der Gesamtauslastung des Systems der Flüchtlingserstaufnahme ab. Auch bei der Belegungsdauer wird die Unterbringungsqualität in angemessener Weise Berücksichtigung finden.« Und zur Belegung: Die »Regelkapazität« liege bei 186 Personen, im Bedarfsfall könnten bis zu 372 Menschen untergebracht werden.
»Da kann nur wenig Integration passieren«, kommentierte Friedemann Rupp die absehbar kurze Aufenthaltsdauer. Weil in der Notunterkunft die gesamte Grundversorgung abgedeckt sei, »wird sich das tägliche Leben im Zelt abspielen«, meinte er. Wobei das Regierungspräsidium auf ein »striktes Sicherheitskonzept« setze, mit Einlass-, Ausgangs- und Taschenkontrollen sowie Zugang nur für die Bewohner.
Eigenes Personal und Dienstleister
Das Großzelt ist zwar noch nicht belegt, die Security zeigt aber schon Präsenz, um, so das RP, »unbefugten Zutritten, Beschädigungen und Diebstählen vorzubeugen«. Für Sicherheitsdienst, Alltagsbetreuung oder die Krankenstation setzt die Behörde, die auch mit eigenem Personal vor Ort ist, verschiedene Dienstleister ein. Mit dabei ist ein Caterer: Die Kochzeilen sind abgebaut, das Essen für die Bewohner wird geliefert. Die Alltagsbetreuer, so das RP auf GEA-Nachfrage, werden sich auch um ein Freizeitangebot kümmern. In der Sozial- und Verfahrensberatung ist eine Koordination mit Ehrenamtlichen vorgesehen.
Künftige Nutzung ist offen
Das Regierungspräsidium Tübingen hat sowohl das Gelände als auch die Halle in der Carl-Zeiss-Straße angemietet. Wie es dort weiter geht, wenn das Großzelt zurückgebaut wird und ob womöglich eine »richtige« LEA geplant ist, lässt das RP offen. »Über die weitere Nutzung des Geländes für Zwecke der Erstaufnahme von Geflüchteten stehen der Landkreis Reutlingen, die Stadt Reutlingen und das Land Baden-Württemberg noch im Austausch«, so Sabrina Lorenz.
Nicht weit von der Carl-Zeiss-Straße entfernt ist inzwischen eine weitere Unterkunft für Flüchtlinge bezogen worden: Eine Gewerbeimmobilie in der Ferdinand-Lassalle-Straße, die der Landkreis für die vorläufige Unterbringung nutzt (de GEA berichtete). Sie bietet Platz für 110 Menschen, im Laufe des Dezembers rechnet der Landkreis laut Pressestelle mit einer »fast vollständigen Belegung«. (GEA)