REUTLINGEN. Eines der Dinge, die ihn am meisten überrascht hätten, als er nach Reutlingen kam, sagt Kunstmuseumsleiter Stephan Rößler, sei das Festival Kultur vom Rande gewesen. Rößler kam im Mai letzten Jahres, und ein inklusives Festival mit Künstlern aus ganz Europa hatte er hier nicht erwartet. Umso erfreuter ist er, dass das Kunstmuseum mit dem franz.K und der Tonne fester Partner des Festivals ist.
Die nächste heiße Festivalphase naht. Vom 17. bis 24. Mai wird die Achalmstadt nur so brummen vor inklusiver Kreativität. Doch inklusive Kulturarbeit ist zu wichtig, um sie auf eine kurze Festivalphase zu begrenzen, da sind sich die Partnereinrichtungen mit den beiden Festival-Gründerinnen und weiterhin treibenden Kräften Rosemarie Henes und Elisabeth Braun einig. Mit sogenannten »Steps« will man die Festival-Idee auch außerhalb der heißen Phase verankern. Zum Beispiel mit zwei Aktionen Mitte Februar.
Malen mit Sand, Licht und Schatten
Die erste Aktion heißt »Sandtogether« und verwandelt die Kunstmuseums-Galerie im Untergeschoss der Wandel-Hallen am Freitag und Samstag, 14. und 15. Februar, in ein künstlerisches Sandlabor zum Mitmachen. Am Freitagvormittag bespielen Grundschulgruppen in Workshops die Sand-Spielwiese. Am Freitagnachmittag, Freitagabend und den ganzen Samstag über darf das freie Publikum Hand anlegen.
Das Prinzip ist einfach, wie Chris Kaiser vom veranstaltenden Verein Sandtogether e.V. aus Schwäbisch Gmünd erklärt. Jeweils in der Mitte einer Sitzgruppe befindet sich ein großer, flacher Tisch, der mit einer dünnen Schicht Sand bedeckt und von unten beleuchtet ist. Wenn man die Finger durch die Sandschicht zieht, entstehen leuchtende Muster. Eine Kamera filmt die Muster ab und wirft sie an die Wand. So wird der ganze Raum zum Gesamtkunstwerk. Am Freitag ab 18 Uhr kann man die Sandmalerei an einer Station zudem als Trickfilmstudio ausprobieren. Mit einer Fotokamera über dem Tisch lassen sich kleine Stop-Motion-Filme drehen.
Veranstaltungsinfo
Das Sandlabor als Mitmachaktion für alle ist im Kunstmuseum Reutlingen/Galerie in den Wandel-Hallen, Eberhardstraße 14, am Freitag, 14. Februar, und am Samstag, 15. Februar, geöffnet. Freitag: 15 bis 21 Uhr, Samstag: 11.30 bis 18 Uhr. Freitag ab 18 Uhr zusätzlich Trickfilmlabor. Das Schattentheater »Upcycling Shadow – Nachtschattengewächse« von Kaleidolux beginnt am Samstag, 15. Februar, um 19.30 Uhr an der Marienkirche. Beide Aktionen sind Teil der »Steps« des inklusiven Festivals Kultur vom Rande. Bei allen Veranstaltungen des Festivals gilt das Prinzip »Zahl, was du willst!« (GEA)
Ins inklusive Festival »Kultur vom Rande« hat es die Aktion geschafft, weil sie betont niederschwellig ist. Die Sand-Tische sind auch für Rollstuhlfahrer zugänglich. Das Erzeugen von Mustern mit den Fingern im Sand ist auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen möglich. »Man kann im Sand auch gut zusammen malen«, betont Kaiser. Ein Loungebereich mit Bar komplettiert das entspannte Gemeinschaftserlebnis.
Schattentheater aus Schrott
Kaiser ist auch Mitglied der Theatergruppe Kaleidolux. Sie hat eine Technik entwickelt, bei der ausgemusterte Alltagsgeräte wie Rührbesen oder Kartoffelsieb als Schattenwerfer eingesetzt werden. »Upcycling Shadow – Nachtschattengewächse« nennt sich die Aufführung. Sie führt am Samstag, 15. Februar, ab 19.30 Uhr ausgehend von der Marienkirche durch die Innenstadt. »Bühnen« für die in Etappen erzählte Geschichte sind Gebäudefassaden.
Unterdessen hat das Festival Kultur vom Rande gemeinsam mit dem franz.K seinen Internet-Auftritt neu gestaltet. Geachtet wurde auf einen hellen Hintergrund, der das Lesen erleichtert, und auf eine unkomplizierte Sprache, die für alle verständlich ist. Neben Infos zum Festival, seinen Kooperationspartnern und Veranstaltungsterminen gibt es Hinweise, wo man selbst unterstützen kann. »Wir brauchen immer Leute«, betonte Henes, »ob zum Stühleschleppen oder zur Betreuung ausländischer Künstlergruppen.«
Überarbeitete Homepage
Die Homepage listet auch Informationen auf über die Zugänglichkeit von Reutlinger Kulturorten für Menschen mit Behinderung. Wo kann man auch als Rollstuhlfahrer auf die Toilette gehen? Gibt es einen Vor-Einlass für Menschen mit Einschränkungen? Gibt es Ruhezonen?
Das Kulturbüro Klick von Lebenshilfe und Bruderhaus-Diakonie hilft mit, das Festival barrierefrei zu machen. Menschen mit Behinderungserfahrung würden dafür eingebunden, betont Markus Christ von Klick. Man achte darauf, die Veranstaltungen als »Relaxed Performance« anzubieten. Was heißt: Jeder soll ohne Vorkenntnisse ungezwungen teilnehmen können. Die Türen bleiben offen, damit jemand, der sich unwohl fühlt, die Veranstaltung verlassen, aber auch wieder zurückkommen kann. Wo es Sinn macht, gibt es Gebärdensprache-Übersetzung. Sensorische Reize, die manchen Probleme bereiten könnten, werden auf der Website und vor Ort angekündigt. (GEA)