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Kreistag Reutlingen stimmt für neues Klinikmanagement

Mit großer Mehrheit hat der Kreistag Reutlingen am Montag beschlossen, dass die Institute for Health Care Business GmbH ab Mai die Geschäfte der Reutlinger Kreiskliniken führen wird.

Professor Boris Augurzky (rechts am Rednerpult) von der Essener Institute for Health Care Business GmbH trägt dem Kreisrat vor,
Professor Boris Augurzky (rechts am Rednerpult) von der Essener Institute for Health Care Business GmbH trägt dem Kreisrat vor, was dem neuen Management wichtig ist. Foto: Stephan Zenke
Professor Boris Augurzky (rechts am Rednerpult) von der Essener Institute for Health Care Business GmbH trägt dem Kreisrat vor, was dem neuen Management wichtig ist.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Bei einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen hat der Reutlinger Kreistag am Montag mit großer Mehrheit in seiner Sondersitzung dafür gestimmt, dass die Geschäfte der Kreiskliniken Reutlingen GmbH ab Mai von der Essener Institute for Health Care Business GmbH (hcb) geführt werden. In der Sondersitzung bekam das Beratungs- und Management-Unternehmen von allen Fraktionen viele Vorschusslorbeeren mit auf den Weg ihrer mindestens dreijährigen Vertragslaufzeit mit einer Option auf Verlängerung um weitere zwei Jahre. Besonders gefallen hat den Kreisräten, dass mit Dominik Nusser der bisherige Geschäftsführer der Kreiskliniken Reutlingen GmbH bleibt.

Für wen sich das Parlament entschieden hat, beschrieb Landrat Dr. Ulrich Fiedler zu Beginn mit den Worten, hcb sei »hochkompetent auch bei strategischen Themen«. Das Unternehmen selbst bezeichnet sich sowohl als Beratungs- als auch Managementunternehmen. Genau dies bezweifelt Kreisrat Rainer Buck von den Grünen, von dem die einzige Gegenstimme der Sitzung kam.

Er könne die Begeisterung der Vorredner weder teilen noch nachvollziehen, so Buck. »Wir sind der erste Kunde von hcb in diesem Geschäftsbereich«, sagte der Grüne, »ich habe große Sorgen, ob für die Patienten und Beschäftigten das Bestmögliche getan wird«. Mit dieser Kritik stand der Grüne auch in seiner eigenen Fraktion alleine auf weiter Flur.

»Es geht darum, die wirtschaftliche Lage zu verbessern«

Denn ansonsten lauschte der komplette Kreisrat mit Wohlwollen den Ausführungen der diversen führenden Köpfe des Essener Unternehmens. Geschäftsführer Professor Dr. Boris Augurzky betonte, es gehe darum »die wirtschaftliche Lage zu verbessern und die Qualität zu steigern«. Geschäftsführer Dominik Nusser nannte als zwei Schwerpunkte die Gewinnung von Fachkräften und die Digitalisierung – auch um wertvolle Arbeitszeit einzusparen. »Ganz am Ende muss die Leistung bei den Patienten ankommen«, so Nusser.

Für die FWV-Fraktion forderte Dr. Rolf Hägele, die vom neuen Management geschaffenen Strukturen müssten »länger als drei Jahre halten«. Dabei sei »Einbinden und Mitnehmen des Personals ganz wichtig«. Die FWV freue sich mit hcb »viele qualifizierte Köpfe« gewonnen zu haben. »Das Erfolgshonorar ist auf Langfristigkeit ausgelegt«, ergänzte Hägele dann noch.

Christdemokrat Mario Storz sieht die Kreiskliniken vor großen Herausforderungen wie etwa die Krankenhausreform inklusive der noch abzuwartenden Zuweisung von Leistungsgruppen. »Wir stehen hier in gewissen Konkurrenzsituationen«, sagte Storz. Deswegen dürften Kooperationen auch keine Einbahnstraßen sein. Die massiven Defizite müssten im Blick behalten werden, wobei ein Teil der Ursachen jenseits des Kreises liege – etwa die chronische Unterfinanzierung auch der Kreise durch Bund und Land.

Für die Grünen sprach Heike Bader davon, die Zukunft der Gesundheitsversorgung werde »ein großer Umbruch für die Bürger sein. Da kann sich das neue Team von hcb mit seiner breiten Vernetzung sehr nützlich machen«. Bader hält es für wichtig, »jetzt schnell in die Pötte zu kommen«. Sozialdemokrat Mike Münzing nutze die Gelegenheit, auf die vielen täglich für die Menschen in den Kliniken erbrachten Leistungen hinzuweisen. Dabei gelte es, Probleme wie eine Überlastung der Notaufnahme oder die hohe Zahl von Menschen im Kreisklinikum, die eigentlich einen Pflegeheimplatz bräuchten, zu bearbeiten.

Für die WiR äußerte sich Professor Dr. Jürgen Straub optimistisch, »wir haben mit der hcb einen hochkompetenten Partner«. Außerdem sei Nusser ein bewährter Geschäftsführer. Die Erwartungen seien »natürlich hoch«. Straub und andere würden auch ein dauerhaftes Defizit hinnehmen – nur etwas weniger tiefrot wäre passend. Für die AfD schloss sich Harald Rinderknecht der Mehrheit an: »Der beste Anbieter hat gesiegt«. (GEA)