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Krankenhausreform wird in der Region immer konkreter

Gutachten zur Weiterentwicklung der Klinikenlandschaft und Krankenhausreform: Ministerium informiert in Tübingen Landräte und Krankenhausmanager.

Krankenhaus
Mit der Krankenhausreform soll eine bezahlbare Gesundheitsversorgung sichergestellt werden. (Symbolbild) Foto: Marcus Brandt/DPA
Mit der Krankenhausreform soll eine bezahlbare Gesundheitsversorgung sichergestellt werden. (Symbolbild)
Foto: Marcus Brandt/DPA

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Je konkreter sich die Auswirkungen der Krankenhausreform abzeichnen, umso spannender wird's für alle Beteiligten. Patienten wollen wissen, wo sie sich wie in Zukunft behandeln lassen können. Krankenhausmanager von Städten und Kreisen blicken auf ihre notleidenden Bilanzen, hoffen mithin auf finanzielle Stärkung. Vor diesem Hintergrund hat das Land Baden-Württemberg zur Vorbereitung einer Umsetzung der Reform nicht nur ein Gutachten zur Ist-Situation veröffentlicht, sondern schickt zusätzlich führende Mitarbeiterinnen des Gesundheitsministeriums auf eine Erklärungs-Tournee. Zum Auftakt in Tübingen wurde deutlich, dass keine weichen Worte gegen harte Fragen helfen.

»Regionalgespräch zur Weiterentwicklung der Krankenhausplanung« nennt sich das Treffen im Hörsaal der Psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen. Es sorgt für eine hohe Dichte an elektrisch betriebenen schwarzen Luxuslimousinen mit weißer Umweltweste vor dem Gebäude sowie im Raum für jede Menge Führungspersonal in Sakko oder Blazer aus der Versorgungsregion Tübingen. Dazu gehören die Landkreise Reutlingen und Tübingen sowie der Zollernalbkreis. Noch nie von dieser Region gehört? Dann wird's aber Zeit.

Das Gutachten des Ministeriums

Das Gutachten zur Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft kann auf der Website des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration in zwei Teilen heruntergeladen werden. Ergänzend dazu gibt es eine Karte mit den sechs Versorgungsregionen.
https://sm.baden-wuerttemberg.de

Denn eine Versorgungsregion ist jetzt eine wesentliche Planungsebene für die Umsetzung der Krankenhausreform. Sie liegt zwischen Kreisen und Städten sowie dem Land. Dies erklären Ministerialdirektorin Leonie Dirks und Layla Distler als Referatsleiterin für Krankenhausplanung und sektorenübergreifende Versorgung vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration. Was da verplant wird, wenn's um die Reform geht, ist im Kern vereinfacht schnell gesagt: Geld. Denn die eigentliche Revolution in Karl Lauterbachs Reformwerk steckt in einer grundlegend anderen Finanzierung der Krankenhäuser, die mehrheitlich, wie etwa die Reutlinger Kreiskliniken, tiefrote Zahlen schreiben.

Über Vorhaltevergütungen sollen Kliniken schon dafür bezahlt werden, dass sie bestimmte Leistungen vorhalten. Welche Leistungen sie anbieten dürfen, jetzt wird es wirklich spannend, definieren vom Land zugeteilte Leistungsgruppen wie etwa allgemeine Chirurgie oder Geburtshilfe. Das Land bestimmt damit ziemlich direkt, welche Krankenhäuser eine Zukunft haben - und welche nicht. Wo Patienten wie behandelt werden dürfen - und wo eben nicht (mehr). Deswegen lauschen alle hohen Damen und Herren im Hörsaal ganz genau, was Dirks und Distler mit dem Gutachten zur Ist-Situation sagen, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellen.

Zahlreiche Herausforderungen

Das vom Ministerium in Auftrag gegebene Gutachten zeige, sagt Layla Distler, viel Gutes. So sei die Versorgung im Land auf »sehr gutem Niveau«, bestehe eine insgesamt gute Erreichbarkeit der medizinischen Einrichtungen, mache der Rettungsdienst einen super Job. Aber es blieben dennoch viele Herausforderungen. Distler erwähnt sinkende Fallzahlen, den Fachkräftemangel, die Verlagerung in den ambulanten Sektor sowie eine »teils hohe Leistungsfragmentierung«. Übersetzt bedeutet dies zu viele medizinische Köche vor zu kleinen Patiententöpfen. Fachleute bezweifeln auch in Reutlingen oder Tübingen nicht, dass es qualitativ medizinisch besser ist, wenn Spezialisten an wenigen Orten mehr Fälle behandeln.

Einen Zeitplan für die Zuteilung der Leistungsgruppen hat das Ministerium schon. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres sollen die Krankenhausträger Post aus Stuttgart bekommen, in der die beabsichtigte Zuweisung steht. Es folgt die Möglichkeit zur Stellungnahme. Ende 2025 möchte man das Verfahren mit Feststellungsbescheiden abschließen. Auf dem Weg dorthin wird es reichlich Diskussionsbedarf geben, wie sich beim Tübinger Regionalgespräch zeigt. Mehrere Landräte weisen darauf hin, wie wenig die geografische Aufteilung der Versorgungsregionen auf bereits existierende und funktionierende Kooperationen Rücksicht nimmt. Andere bezweifeln, ob das mit der gewünschten Verlagerung in den ambulanten Sektor, also weg von vielen stationären Aufenthalten, angesichts fehlender oder überlasteter niedergelassener Ärzte klappen kann. Auch hier geht es wieder ums Geld, denn manche ambulante Operation rechnet sich für ein Krankenhaus nicht. (GEA)