REUTLINGEN-BETZINGEN. Eigentlich war es eine Formalie, der der Betzinger Ortschaftsrat in seiner jüngsten Sitzung zustimmen sollte: dem Ausscheiden von FDP-Rat Hagen Kluck. Die von der Gemeindeordnung verlangten Voraussetzungen waren locker erfüllt, es hätte also schnell gehen können. Tat es aber nicht. Schließlich war es schon das zweite Mal, dass der Liberale kurz nach der Wahl sein Mandat wieder niederlegt. Deshalb gab es deutliche Kritik und sogar eine Enthaltung.
Hauptakteur fehlt
Das »Ausscheiden von Herrn Hagen Kluck aus dem Bezirksgemeinderat« war der einzige wichtige Tagesordnungspunkt der jüngsten Sitzung. Er musste ohne den Hauptakteur verhandelt werden: Der Platz von Hagen Kluck, der auch in der laufenden Amtsperiode häufig durch Abwesenheit geglänzt hatte, blieb leer. Bezirksbürgermeister Friedemann Rupp verwies auf die von der Gemeindeordnung vorgegebenen Gründe, die bei einem vorzeitigen Ausscheiden vorliegen müssen - das Alter, nämlich mindestens 67 Jahre, und eine Mindest-Mitgliedschaft von zehn Jahren im Gremium. Hagen Kluck ist 81 Jahre alt und war drei Amtsperioden im Betzinger Rat. »Die formalen Gründe sind also erfüllt«, stellte Rupp sachlich fest.
Moralische Bedenken
Formal schon, merkte Dr. Martin Schöfthaler kritisch an: »Aber moralisch ist es nicht ganz einfach.« Gemeint war die Vorgeschichte. Immerhin hatte Kluck schon in der vorhergehenden Amtsperiode vorzeitig hingeschmissen - mit dem Verweis, es werde ihm zu viel (der GEA berichtete). Nichtsdestotrotz kandidierte er bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr erneut für Gemeinde-, Kreis- und Ortschaftsrat und wurde in alle drei Gremien gewählt. Eigentlich habe er aber gar nicht ins Betzinger Gremium wollen, hatte Kluck im Januar gegenüber dem GEA erklärt. Ihm sei es nur darum gegangen, die FDP-Liste zu stärken.
Schöfthaler sprach von »Betrug am Wähler«, später am Rand der Sitzung auch davon, dass er es »absolut undemokratisch« finde, sich für eine Wahl aufstellen zu lassen, wenn man von vornherein vorhabe, kurz danach zurückzutreten. »Der Wähler muss sich zu Recht darauf verlassen können, dass es die Kandidaten ernst meinen. Die demokratische Wahl ist kein Spiel.«
Kein Wein zum Abschied
Auch andere Räte wollten nicht kommentarlos zur Abstimmung übergehen. »Ich hoffe, wir müssen nicht ein drittes Mal diesen Beschluss fassen«, so Lothar Richter ironisch. Uwe Alle wollte ihn gar nicht fassen. »Aus den genannten Gründen werde ich den Beschluss nicht unterstützen«, kündigte er an und brachte sein Missfallen an Klucks Verhalten mit einer Enthaltung zum Ausdruck. Alle anderen stimmten zu. »Die Gemeindeordnung nimmt keine Rücksicht auf Moral«, merkte Bezirksbürgermeister Rupp dazu an. Hagen Klucks Ausscheiden war damit vom Tisch. Auch eine Flasche guter Roter. »Nachdem Hagen Kluck nicht da ist, kriegt er auch den Wein nicht.« (GEA)

