Zum Selbstläufer entwickelt
Kein Zweifel: Der »Mercato« aus dem 800 Kilometer entfernten Pistoia hat sich binnen einer starken Dekade zum Selbstläufer entwickelt. Was von Volkshochschulleiter Dr. Ulrich Bausch in einer kurzen Begrüßungsansprache unterstrichen wird. »Es gibt Weihnachten, Silvester … und den Toskanischen Markt«, zählt er augenzwinkernd auf und betrachtet das freundschaftlich-kulinarische Event als feste Größe im Jahreslauf.Dem möchte niemand widersprechen – weder Bürgermeister Alexander Kreher, der seine Willkommensrede in fließendem Italienisch hält, noch Stadtmarketing-Chefin Tanja Ulmer und schon gar nicht VHS-Kunstexperte Thomas Becker, der für die Gäste aus Pistoia den Dolmetscher gibt. Insbesondere für deren Sprecherin Lara Peverini, die schriftlich formulierte Grüße von Pistoias Bürgermeisterin Tina Nuti verliest.
War das toskanische Stadtoberhaupt in der Vergangenheit schon öfters mit nach Reutlingen gereist, muss Nuti diesmal aus beruflichen Gründen passen. Leider, wie sie mitteilen lässt, um in ihrem Brief sogleich auf kostbare europäische Werte wie Demokratie, Toleranz, Solidarität und Freundschaft zu sprechen zu kommen. Überhaupt ist es die »amicizia«, die an diesem Vormittag in den Mittelpunkt gerückt wird.
Dass Liebe – auch die zu Italien – durch den Magen geht, beweisen pralle Einkaufstüten, die durch die Fußgängerzone getragen werden. Dass Freundschaft, Verbundenheit, Respekt und gegenseitiges Verständnis indes weit über Küche und Esstisch hinausreichen – Thomas Becker ist’s, der es in Worte kleidet und so den Schlenker weg vom Marktgeschehen und hin zum kulturellen Austausch zwischen Pistoia und Reutlingen vollzieht.
Denn wie immer wird der Toskanische Markt auch diesmal von einem kleinen, wiewohl ausgesucht feinen Kulturprogramm flankiert. Heuer sind es der renommierte italienische Fotograf Andrea Alfieri und die »Solisti italiani«, die den künstlerischen Part des deutsch-italienischen Miteinanders übernehmen (siehe Artikel links unten). Derweil Vinicio Balli in der VHS-Lehrküche den Kochlöffel schwingt und Workshopteilnehmer (es gibt noch einige wenige Plätze) am Sonntag, 10. April, 14 bis 17.45 Uhr mit Hausmannskost aus seiner Heimat vertraut macht.
Doch zurück zum »Mercato«, der gleich einem fliegenden Basar seinen Standort wechseln wird. War er gestern noch auf dem Reutlinger Marktplatz zu finden, wird er heute, Samstag, und morgen, verkaufsoffener Sonntag, 10 bis 19 Uhr wieder an angestammtem Platze im Spitalhof zu finden sein und dortselbst mit Augenschmaus und Gaumenfreuden locken: an den gut bestückten Ständen einerseits, andererseits aber auch in einer »Osteria«, die zum gesellig-kulinarischen Verweilen einlädt und Crostini aller Art, Pasta, Ragout, Bratwurst, Wein und viele weitere Klassiker der pistoiesischen Küche serviert. (GEA)