REUTLINGEN. Der Reutlinger Gastronom Uwe Grauer will als Inhaber des Neigschmeckt-Marktes und der dazugehörigen Marke jetzt »das Konzept in neue Hände übergeben«. Dies teilt der Unternehmer mit, nachdem er erst 2022 die einst so erfolgreiche Attraktion übernehmen konnte, um dann gleich den ersten Neigschmeckt-Markt 2023 unter seiner Verantwortung abzusagen. War’s das für einen der größten baden-württembergischen Regionalmärkte?
Als Mütter des Marktes sind Gabriele Janz und Karin Zähl tief traurig. »Das ist so deprimierend. Wir hatten uns darauf gefreut, als Besucherinnen genießen zu können. Dann dieses Schlamassel«, sagt Zäh. »Es geht ja nicht nur um uns, sondern den Markt und die Stadt«, ergänzt Janz. Beide Damen werden immer wieder darauf angesprochen, was aus dem Neigschmeckt-Markt geworden ist. Jetzt also diese Mail von Uwe Grauer an »liebe Freunde und Aussteller«.
Darin schreibt der Gastronom, bekannt als Besitzer mehrerer Restaurants und der Gastwerk-Event GmbH, »obwohl wir den Neigschmeckt-Markt nie selbst ins Leben gerufen haben, sondern ihn lediglich übernommen haben, sehen wir uns aufgrund von anhaltendem Personalmangel in unserem Betrieb und zahlreichen verständlichen Absagen bei den Beschickern, gezwungen das Konzept in neue Hände zu übergeben«. Nach einem Lob für die Gründerinnen enthält der Brief ein Angebot: »Für diejenigen unter Euch, die sich vorstellen können, das Markt-Konzept weiterzuführen und ihm neues Leben einzuhauchen, stehen wir gerne zur Verfügung«. Dieser Absatz sorgt bei Janz für Kopfschütteln.
»Ich war erstaunt, dass die Marktbeschickerinnen und Beschicker angeschrieben werden, ob sie den Markt übernehmen wollen. Auf diese Idee wären wir nicht gekommen«, erklärt Janz. »Wenn man die Leute kennt, dann weiss man, dass die dafür keine Zeit haben«, ergänzt Zäh, »diese Mail zeigt mir, dass er entgegen der Aussagen in unseren Gesprächen nicht verstanden hat, wie der Markt funktioniert«. Doch wie er was meint, möchte Uwe Grauer persönlich nicht sagen. Auf telefonische und schriftliche Anfragen des GEA reagiert er nicht, und auch die beiden Marktgründerinnen berichten von seinem Schweigen.
»Die dauerhafte Einstellung des Markts wäre ein herber Verlust«
Seit der Unterzeichnung des Vertrages zwischen Grauer und den beiden Damen zur Übergabe des Marktes an den Gastronom im Herbst 2022 hat laut Janz »kein persönliches Gespräch mit Herrn Grauer stattgefunden«. Einmal habe es die schriftliche Frageliste eines Grauer-Mitarbeiters gegeben, »die wir gewissenhaft beantwortet haben«. Ansonsten seien sowohl die Absage von Neigschmeckt 2023 als auch die Mail jetzt überraschend und ohne Ansage gekommen. »Er hat sich nicht mehr gemeldet – wir wissen nicht warum«, sagen Zäh und Janz. Wie geht’s jetzt weiter?
Wollen die beiden Frauen wieder wie früher einen Neigschmeckt-Markt veranstalten? »Nein«, sagen beide. Im Reutlinger Rathaus wird die Entwicklung mit Bedauern beobachtet.
Finanzbürgermeister Roland Wintzen nimmt Stellung: »Die Stadt Reutlingen bedauert die Absage Uwe Grauers für den Neigschmeckt-Markt 2024 und die damit verbundene Ankündigung, den Markt auch in den Folgejahren nicht mehr zu veranstalten, außerordentlich. Aus Sicht der Verwaltung wäre die dauerhafte Einstellung des Markts ein herber Verlust, denn durch den regionalen Charakter der angebotenen Produkte hätte der Neigschmeckt-Markt eine ideale Ergänzung für die von der Stadt angestrebte Erweiterung des Biosphärengebiets dargestellt«. (GEA)

