REUTLINGEN-SONDELFINGEN. Die Stadt Reutlingen wappnet sich für den Zustrom von Menschen, die vor Krieg und Krisen fliehen. Zu den sechs Standorten, die die Verwaltung für neue Gemeinschaftsunterkünfte für insgesamt rund 300 Flüchtlinge anvisiert hat, gehört auch Sondelfingen. Konkret: ein städtisches Grundstück an der Reutlinger Straße, auf dem sich einst eine Tankstelle befand. Dort soll ein mobiles Gebäude in Containerbauweise entstehen und Ende 2023, Anfang 2024 bezugsfertig sein. Der Bezirksgemeinderat von Sondelfingen hat das Vorhaben bei seiner letzten Sitzung einstimmig gebilligt.
Für Bezirksbürgermeister Mike Schenk und offenbar auch sein Gremium ist die Sache klar: »Wir sehen uns in der Verantwortung und tragen diese Standortentscheidung einstimmig mit.« Bis zur Fertigstellung der Anschlussunterbringung ist es zwar noch relativ lange hin, aber Schenk findet es gut, vorbereitet zu sein.
Denn die Krisen dieser Welt werden nicht weniger, und der nächste Winter werde sicher für viele Ukrainer sehr hart. Die Containerbauten hält er für eine ganz gute mittelfristige Lösung. Auf Dauer wären Turnhallen für die Unterbringung der Menschen nicht geeignet. Und herkömmlicher Wohnraum ist eben knapp in der Stadt. Mittelfristige Lösung: Das bedeutet auch, dass sich für die Stadt der Kauf der Module statt dem Anmieten rechnen kann. Durch ihre flexible Bauart können sie anschließend auch eine anderweitige Bestimmung erhalten.
Asylcafé reaktiviert
Schon jetzt sind in Sondelfingen Geflüchtete untergebracht, unter anderem in einer städtischen Einrichtung in der Reichenbachstraße und in Wohnungen, die Privatleute zur Vermietung angeboten haben. Rund 50 Menschen aus der Ukraine sollen es derzeit nach Informationen der örtlichen Verwaltungsstelle sein.
Mit der Zahl der Menschen, die im Ort aufgenommen werden, wachsen auch die sozialen Bedürfnisse. Kinder und Erwachsene brauchen Sprachunterricht, eventuell Betreuung und Kontakte zu ihren Mitmenschen. Letzteres ermöglicht in Sondelfingen das Asylcafé, eine Initiative von Ehrenamtlichen, für die Kirchengemeinde die die Räumlichkeiten für Treffs und Gespräche stellt. Eingerichtet wurde es in der Flüchtlingskrise 2015 und im Frühjahr wieder reaktiviert.
Aushubdepot an der Kläranlage
Nicht ganz so einmütig ging in der Sitzung des Bezirksgemeinderats der Tagesordnungspunkt »Bau eines überdachten Aushubzwischenlagers auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage« in der Reiherstraße über die Bühne.
Auf einer Fläche von 1 000 Quadratmetern soll eine Lagerkapazität von 800 Kubikmeter Aushub geschaffen werden, was im Haushalt 2023 mit 620 000 Euro zu Buche schlagen wird. Der Aushub stammt aus dem Straßenbau und soll auf dem Gelände wie auch in anderen Zwischendepots der Stadt auf Schadstoffe untersucht werden, um danach möglicherweise wiederverwendet zu werden.
Für die Bürgervertreter in Sondelfingen ist entscheiden, woher die Laster kommen, die zum Deport fahren – ob sie also die Durchfahrtstraße passieren müssen. Und um wie viele Transporter es sich handeln wird. Aus Sorge um den Verkehr und die damit einhergehende Lärmbelästigung haben denn auch zwei Ortschaftsräte ihre Zustimmung zum Standortvorschlag der Reutlinger Stadtentwässerung verweigert.
Mike Schenk rechnet vor, dass auch die Verweildauer des Aushubs entscheidend ist: Bleibt er ein Jahr in der Deponie, dann reichen vielleicht 80 Lastwagen, um die 800 Kubikmeter auszufüllen. Wird der Aushub nach einem Monat seiner endgültigen Bestimmung zugeführt, sind das schon zwölf Mal so viele Fahrzeuge.
»Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, der Platz ist ein geeigneter Standort«, betonte der Bezirksbürgermeister. Aber die Nord-Variante wäre zumindest für Sondelfingen mit Sicherheit die verträglichere Lösung. (GEA)