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In Reutlingen nachgefragt: Weihnachten ist für mich...

Was Jesu Geburtstag für Passanten auf der Reutlinger Wilhelmstraße bedeutet und wie sie ihn feiern.

Eile auf der Shoppingmeile: Beim Last-Minute-Geschenkekauf ist Stress programmiert.
Eile auf der Shoppingmeile: Beim Last-Minute-Geschenkekauf ist Stress programmiert. Foto: Anna Ross/dpa
Eile auf der Shoppingmeile: Beim Last-Minute-Geschenkekauf ist Stress programmiert.
Foto: Anna Ross/dpa

REUTLINGEN. Wie alle Jahre wieder: Weihnachten steht vor der Tür und Menschen eilen auf der Suche nach Geschenken durch die Reutlinger Fußgängerzone. Viele wirken angestrengt – und sagen, darauf angesprochen, dass sie’s tatsächlich sind. Oft bekommt man das Wort »Stress« zu hören, seltener das Wort »Freude«. Doch warum ist das so? Und was bedeutet den Menschen Weihnachten? Wie feiern sie das Fest der Feste? Der GEA hat in der City nachgehakt.

Unter anderem bei Margot Fischer, die mit Stofftaschen bepackt unterwegs ist. »Auch wenn es im Moment vielleicht nicht so ausschaut«, sagt sie: »Weihnachten ist für mich etwas sehr Schönes.« Der Geschenke-Einkauf für fünf Enkel sei zwar eine Herausforderung, doch mit Heiligabend kehre zuverlässig wohltuende Entspannung ein. »Dann wird es bei uns gemütlich.« Seitdem die Kinder aus dem Haus sind und »ihre eigenen Familien haben«, muss die 68-Jährige nämlich nicht mehr am Herd stehen. »Wir sind bei Tochter und Sohn eingeladen und lassen uns verwöhnen.«

Derweil Dennis Müller Weihnachten und Verwöhnen nicht zusammenbringt. »Ich bin froh, wenn’s wieder rum ist«, bekennt der Tübinger, der mit »Kitsch, Kommerz und Gloria« herzlich wenig anfangen kann. »Die Geburt von Jesus halte ich für ein Gerücht.« Und die volkstümliche Seite des Festes? »Die geht mir furchtbar auf den Geist. Überall dieses Weihnachtsgedudel, und alle sollen auf Knopfdruck in Harmonie verfallen. Von diesem Gesülze habe ich mich schon vor Jahren verabschiedet. Ich feiere nicht«, so der 43-Jährige.

»Weihnachten ist für mich etwas sehr Schönes«

Zum Beispiel weil Weihnachten »Anlass dafür ist, dass die Familie mal wieder zusammenkommt«. Die von Eva Klein verteilt sich über ganz Deutschland: »Von der Nordsee bis zum Bodensee sind wir verstreut. Aber Weihnachten feiern wir in großer Runde und sind dann mehr als dreißig Personen.« Deshalb checken die Kleins bevorzugt in Hotels ein – inklusive Festtagsbüfett. »Dieses Jahr sind wir in Köln. Ich freue mich drauf!«

Vorfreude auch bei Marla (16) und ihrer Freundin Josephie Stub (17), die das Weihnachtsfest als Christinnen sehr wichtig finden. Verbunden ist es bei ihnen daheim stets mit Gottesdienstbesuchen und großen harmonischen Familientreffen. Beide Teenager finden es bedauerlich, dass die religiösen Aspekte des Festes immer mehr ins Hintertreffen geraten und manchen Menschen überhaupt nicht mehr bewusst sind. »Es ist sehr schade, dass sich oft alles nur noch um Konsum dreht und der eigentliche Grund des Festes zunehmend verloren geht.«

Und wie steht Elke Zimmermann zu Weihnachten? »Ich liebe dieses ganz besondere Fest mit allem, was dazugehört« – vom Kirchgang bis zum Gänsebraten, vom Christbaum bis zum Wohnzimmerkonzert. Was Letzteres betrifft, handelt es sich bei ihr und ihren Lieben um eine Familientradition. »Seit ich denken kann«, verrät die Reutlingerin, »wird bei uns an Heiligabend zusammen musiziert. Das ist wunderschön. Ich kann es jedem nur empfehlen.«

Ganz anders die Empfehlung von Rolf und Susanne Klawitter, sie nämlich lautet: »Weihnachten rigoros minimalisieren! Seitdem wir die Schenkerei bleiben lassen und auch sonst keinen Perfektionismus an den Tag legen, ist alles total zwanglos. Man muss sich doch gar nicht unter Druck setzen. Weglassen ist der Schlüssel zur Stressfreiheit.« Weshalb es im (kinderlosen) Hause Klawitter weder einen Tannenbaum noch ein aufwendig-durchkomponiertes Festmenü gibt. »Wir feiern Heiligabend mit Freunden. Jeder bringt eine Kleinigkeit zum Essen mit, keiner hat Stress – so wird’s für uns richtig nett.«

»Es ist schade, dass sich oft alles nur noch um Konsum dreht«

Eine Form des Feierns, die Thorsten Weber spontan anspricht. »Eigentlich«, sagt der Reutlinger, »eine gute Idee, sich mit Leuten zusammenzutun, die mit Weihnachten ebenso wenig am Hut haben wie ich und trotzdem ein bisschen feiern wollen.« Er selbst ergreife in aller Regel »die Flucht«, packe seine Koffer und verreise. »Dafür spare ich mir immer ein paar Urlaubstage auf.«

Ein solcher Kurztrip käme für Alessandro Ferrari ebenfalls in Betracht. »Meine Frau würde da aber vermutlich nicht mitspielen. Wahrscheinlich wäre sogar die ganze Familie auf immer und ewig beleidigt, wenn wir ausgerechnet an Weihnachten abhauen würden.« Was das Fest der Feste für den 37-Jährigen bedeutet? »Irgendwie immer weniger. Ich bin der Meinung, dass Weihnachten ein Fest für Kinder ist. Je älter ich werde, desto weniger berührt es mich. Wahrscheinlich wäre das ganz anders, wenn ich selbst Papa oder ein sehr religiöser, tiefgläubiger Mensch wäre. Das bin ich aber beides nicht. Ich stehe dem Fest ziemlich neutral gegenüber.«

Was ihn mit Marek Kowalski eint. »Ich feiere Weihnachten mit der Familie, den Trubel den andere ums Fest machen, kann ich trotzdem nicht nachvollziehen. Es ist schön, einen gemütlichen Heiligabend mit gutem Essen im Kreise meiner Lieben zu verbringen. Geschenkeberge braucht es dafür nicht.« (GEA)